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Auto überschlägt sich, doch Zeugen helfen nicht

Heute Redaktion
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Auf einer Schweizer Autobahn ereignete sich am Samstag ein Unfall. Autofahrer Rolf M. hielt sofort an und eilte den Verunfallten zu Hilfe – viele andere rauschten einfach vorbei.

"Die Ignoranz dieser Autofahrer schockiert mich", sagt Rolf M. dem Nachrichtenportal "20 Minuten". Der 60-Jährige war am Samstag am Autobahnkreisverkehr der Schweizer A53 bei Hinwil unterwegs, als vor ihm ein silbernes Fahrzeug von der Straße abkommt, einen Zaun durchbricht, sich überschlägt und schließlich auf der Seite liegen bleibt. Aufnahmen von einer Dashcam zeigen den Crash.

Der 60-Jährige verlangsamte und hielt auf einem Rasenstreifen an, der die mehrspurige Autobahn trennt. Wie auf den Aufnahmen zu sehen ist, fuhren zwei nachkommende Autos einfach an der Unfallstelle vorbei.

Laut M. waren sie nicht die Einzigen: "Der Unfall ereignete sich etwa 200 Meter vor mir. Das Schlimme ist, dass die Autos, die vor mir gefahren waren und den Unfall ebenfalls beobachtet hatten, nicht anhielten." Teilweise seien die Autofahrer den herumliegenden Autoteilen einfach ausgewichen, so M.

"Sie hatten ein Riesenglück"

Für ihn ist das unverständlich: "Es ist doch klar, dass man in einer solchen Situation sofort anhält, den Notruf wählt und nach den Insassen im Fahrzeug schaut." Genau das machte M. "Ich war der Erste, der den Verunfallten zu Hilfe eilte. Etwas später kamen noch andere Personen hinzu." Zusammen stemmten sie die Autotür auf und befreiten die zwei Insassen: "Sie hatten ein Riesenglück. Es ist ein Wunder, dass sie unverletzt blieben."

Die Kantonspolizei Zürich bestätigt den Verkehrsunfall, der sich am Samstag um 11.30 Uhr ereignet hat. Laut Sprecher Florian Frei wurde niemand verletzt. Es entstand Sachschaden in Höhe von mehreren Tausend Franken.

Hilfe im Sinne der Solidarität

Laut Mike Egle, dem Sprecher der Stiftung für Verkehrssicherheit Road Cross, ist es nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine moralische Frage, bei einem Verkehrsunfall Hilfe zu leisten: "Man sollte sich die Frage stellen, ob man nicht selbst froh um Hilfe wäre."

Es gebe sicher Leute, die sich nicht in der Lage fühlen würden, zu helfen oder auch Respekt vor der Unfallsituation hätten. "Im Einzelfall kann das legitime Gründe haben", so Graf. Allerdings: "Wenn Hilfe möglich ist, dann zählen wir darauf, dass diese im Sinne der Solidarität und der Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer tatsächlich geleistet wird."

Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren

Auch Daniel Graf, Sprecher beim TCS, sagt, dass sich viele Personen nicht trauen würden, Nothilfe zu leisten. "Eine Untersuchung des TCS zusammen mit dem Samariterbund hat leider ergeben, dass viele Personen im Ernstfall nicht wissen, wie sie handeln sollen." Wichtig sei hier, anzumerken: Würden Retter und Helfer nach bestem Wissen und Gewissen handeln, komme es für Laien in keinem Fall zu einem Problem mit dem Gericht.

Juristische Probleme gebe es allerdings, wenn jemand einen Verkehrsunfall beobachte und keine Hilfe leiste. "Wenn jemand erkennt, dass eine andere Person in Lebensgefahr schwebt, und es grundsätzlich zumutbar ist, Hilfe zu leisten, und sie dies nicht tut, handelt es sich um unterlassene Nothilfe." Dies könne mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Bußgeld bestraft werden – je nach Schwere des Falls.

Erste-Hilfe-Kurs besuchen

"Dasselbe Strafmaß gilt, wenn man andere davon abhält, Nothilfe zu leisten, oder sie dabei behindert", sagt Graf. Auch beim Alarmieren der Rettungskräfte gebe es kein Wenn und Aber: "Die Polizei respektive die Rettungshilfe muss ohne Zögern angerufen werden."

Um auf Notfallsituationen vorbereitet zu sein, rät der TCS-Sprecher, hin und wieder einen nicht obligatorischen Nothelfer-Auffrischungskurs zu absolvieren. "Wie im Ernstfall zu handeln ist, wird einem zwar im obligatorischen Erste-Hilfe-Kurs beigebracht. Das Wissen verblasst aber nach und nach, und auch die Übung fehlt."