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Tödliches Pferdevirus bei Menschen nachgewiesen

Heute Redaktion
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Das Bornavirus wurde erstmals bei Menschen nachgewiesen. Mindestens drei Menschen sind in Deutschland bisher durch das Pferde- und Schafsvirus ums Leben gekommen.

Das von Pferden und Schafen bekannte Bornavirus (BoDV-1) kann auch Menschen befallen – und sogar bei zuvor gesunden Patienten zum Tode führen. Das hat eine Forschergruppe der deutschen Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) rund um den Virologen Armin Ensser herausgefunden. Die Ergebnisse ihrer Arbeit publizierten sie vor wenigen Tagen im "New England Journal of Medicine".

"Die von uns untersuchten tödlichen Krankheitsfälle zeigten das Krankheitsbild einer schweren Gehirnentzündung, die eindeutig von einer Bornavirus-Infektion ausgelöst wurde", wird Ensser vom Nachrichtenportal "infranken.de" zitiert.

In ihrem Bericht beschreiben die Wissenschaftler den tragischen Fall eines 25-jährigen Studenten aus Mittelfranken (Bayern). Der junge Mann, der zusammen mit seiner Familie, zwei Hunden und zwei Katzen unter einem Dach lebte, starb einen Monat nachdem bei ihm Symptome einer viralen Enzephalitis (Gehirnhautentzündung) festgestellt wurden.

Die Borna-Krankheit wurde erstmals 1813 als Hitzige Kopfkrankheit der Pferde. Ihren Namen erhielt sie, als 1894 ein ganzer Stall voller Kavalleriepferde in der deutschen Stadt Borna erkrankte. Erst mehr als ein Jahrhundert später wurde der Erreger als Virus identifiziert.

Seit dem Jahr 1909 kann eine Infektion anhand der, nach ihren Entdeckern benannten, Joest-Degenschen-Kerneinschlusskörperchen nachgewiesen werden. (Quelle: Wikipedia)

Innerhalb eines Monats tot

Nach fünf Tagen mit hohem Fieber und dröhnenden Kopfschmerzen wurde der 25-Jährige erst in ein örtliches Spital und noch am selben Tag in die Uniklinik überstellt. Zu diesem Zeitpunkt litt er bereits an Orientierungslosigkeit, willkürlichen Muskelzuckungen (Myoklonie) und konnte kaum noch geradeaus gehen. Doch die Untersuchung seines Gehirns mittels MRT zeigte keine Auffälligkeiten. Mehrere Analysen der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit zeigte einen sprunghaften Anstieg der Lymphozyten-Zahlen, der körpereigenen Abwehrzellen.

Der Deutsche wurde zunehmend lethargisch und verlor immer öfter das Bewusstsein. Ab dem vierten Tag musste er auf die Intensivstation verlegt werden. Mehr als zwei Wochen lang kämpften die Ärzte um das Leben ihres Patienten – erfolglos. Am 23. Tag war der 25-Jährige tot.

Durch Organspender infiziert

Erst eine Autopsie brachte Klarheit. Mittels moderner Sequencing-Verfahren konnten große Mengen des Erbmaterials des Bornavirus BoDV-1 im Hirnstamm des Verstorben festgestellt werden.

Der 25-Jährige ist aber nicht das einzige menschliche Opfer. Von einer anderen Forschergruppe konnte der tödlicher Erreger bei drei weiteren Männern nachgewiesen werden – sie alle hatten Organe eines mit 70 Jahren verstorbenen Spenders implantiert bekommen. Dieser habe vor seinem Tod allerdings keine Anzeichen einer neurologischen Krankheit gezeigt, wie "infranken.de" berichtet. Zwei der Männer verstarben in Folge der Infektion, der Dritte überlebt mit schweren Hirnschäden.

Auf BoDV-1 wird nur selten getestet

Das Krankheitsbild ähnelt dem der Borna-Krankheit, eine Tierseuche die vor allem bei Pferden und Schafen verbreitet ist. In den vergangenen Jahren wurden aber auch Fälle bei Rindern, Ziegen, Katzen und sogar Straußen nachgewiesen. In Österreich ist die Borna-Krankheit anzeigepflichtig. Eine Variante (VSBV-1) wurde bei Eichhörnchen entdeckt, auch diese hat bereits sechs Todesopfer in Deutschland gefordert.

Nach aktuellem Wissensstand begrenzt sich das Verbreitungsgebiet des Erregers auf Teilen Ost- und Süddeutschlands, Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins. "Bei Patienten mit schweren neurologischen Erkrankungen sollte daher das Bornavirus insbesondere in diesen Risikogebieten als möglicher Erreger berücksichtigt werden", erklärt Studienleiter Ensser. "Die Dunkelziffer von Bornavirus-Infektionen bei tödlichen Gehirnentzündungen ist unbekannt, da die Infektion bislang bei Routineuntersuchungen nicht in Betracht gezogen wurde." (rcp)