Das Klima an den Wiener Schulen ist spürbar rauer geworden. "Körperliche und sprachliche Gewalt, wie etwa in den sozialen Medien, haben stark zugenommen", bestätigt Paul Kimberger im "Heute"-Gespräch. Wie berichtet, hat sich die Zahl der Anzeigen im Schuljahr 2022/23 vervierfacht. Der oberste Pflichtschullehrer des Landes sieht dringenden Handlungsbedarf. "Wir haben in den Schulen nicht ausreichend Unterstützungs-Systeme, um dagegen vorzugehen."
Der Landesobmann des Christlichen Lehrervereins (CLV) mit 14.000 Mitgliedern fordert unbedingt mehr Personal, um Opfer und Täter zu richtig betreuen. "Wir brauchen dringend Hilfe! Wir benötigen mehr Psychologen, Sozialarbeiter und Gesundheits-Fachkräfte." Wenn dann wirklich etwas passiert ist, seien die Bildungsbehörden als "Backoffice der Schulen" gefragt.
"Es ist nicht einzusehen, dass ein paar wenige die Ressourcen an sich binden. Das geht zulasten aller anderen, die brav mitarbeiten", ärgert sich Kimberger. Der Gewerkschafter ist ganz klar für "null Toleranz. Wir müssen uns entschieden gegen jede Form von Gewalt in unseren Schulen stellen!" An Wiener Schulen, aber auch im Rest Österreichs, kenne man inzwischen die gesamte Bandbreite von Übergriffen, vor allem Mobbing sei ein immer größeres Thema. "Es geht bis hin zu körperlicher Gewalt an Schülern und Lehrern."
Dass es einen Zusammenhang zwischen kulturellen Unterschieden der Schüler und dem Anstieg von Gewalt gibt, lässt sich nicht ganz leugnen. Für Kimberger steht jedenfalls fest: "Schule ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Alle Phänomene, die wir aus dem täglichen Leben kennen, treten in der Schule im Kleinen auf." Für den Pflichtschullehrer ist die Schule "die wichtigste Sicherheitseinrichtung. Wenn wir die Probleme hier nicht lösen können, werden sie später noch größer."
Die Stadt Wien und die Abteilung Bildung und Jugend (MA 13) suchen deshalb nun auch nach innovativen Ideen und Projekten, um die seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zu stärken. Dafür wird die "Wiener Mutmillion – angstfreie Schule" zur Verfügung gestellt, wie Wiens Vize-Bürgermeister Christoph Wiederkehr bereits ankündigte.
Insgesamt eine Million Euro soll in Konzepte fließen, um Mobbing, psychische Belastungen, Gewalt, Überforderung und Depressionen besser zu erkennen und einzudämmen. Die Ideen können bis 6. Dezember 2023 eingereicht werden.