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Das bedeutet Trumps Social-Media-Verfügung fürs Netz

Der US-Präsident hat am Donnerstag eine Verfügung unterzeichnet, die soziale Netzwerke stärker regulieren soll. Das könnte weitreichende Folgen haben.

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    Donald Trump will, dass soziale Netzwerke besser reguliert werden.
    Donald Trump will, dass soziale Netzwerke besser reguliert werden.
    EPA

    Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat US-Präsident Donald Trump eine Verfügung unterzeichnet, mit welcher er die sozialen Medien stärker regulieren und einschränken will. Konkret hat er dem Kongress den Auftrag gegeben, zu untersuchen, ob Unternehmen wie Twitter oder Facebook, willentlich republikanische Inhalte zensieren und demokratische Sichtweisen bevorzugen. Doch was bedeutet das genau für Social Media und das Internet als Ganzes?

    Worum geht es in der Verfügung?

    Laut dem Entwurf der Verfügung, der bereits am Donnerstag im Internet zirkulierte, will Trump, dass die Federal Communications Commission (FCC), also die unabhängige Kommunikationsbehörde der USA, die Bedeutung einer bestimmten Passage des Kommunikationsakts überarbeitet und neu definiert. Konkret geht es um die "Section 230", die besagt, dass es sich bei Social-Media-Unternehmen nicht um Rundfunk-Veranstalter wie beispielsweise Fernsehstationen oder Radios handelt, sondern nur um sogenannte Carrier.

    Das bedeutet, dass die Unternehmen – anders als beispielsweise TV-Sender – nicht dafür verantwortlich gemacht werden können, was ihre Nutzer über ihre Plattform verbreiten. Sollte sich dies ändern, könnten Unternehmen wie YouTube, Facebook oder Twitter große Probleme haben.

    Aber nicht nur für die großen Konzerne würde dies den Ruin bedeuten. Beinahe das gesamte Internet stützt sich auf diese "Section 230". Denn ohne diese Klausel könnte plötzlich jede Plattform, die Inhalte ihrer User veröffentlicht, von jedem beliebigen Menschen verklagt werden. Dass dies in einem Chaos enden würde, ist wohl leicht vorstellbar.

    Die "Section 230" regelt aber nicht nur die Verantwortung dieser Plattformen, was die Inhalte betrifft, sondern erlaubt ihnen auch, die Inhalte nach eigenem Ermessen zu moderieren. So ist es Plattformen wie Wikipedia oder Yelp beispielsweise erlaubt, nach eigenen Richtlinien zu handeln, wenn es um das Löschen kontroverser Kommentare oder Posts geht. Laut Gizmodo.com profitieren heutzutage neun von zehn Internetseiten von der "Section 230" und müssten nach deren Abschaffung ihr komplettes Konzept neu überdenken.

    Ein Fallbeispiel

    Betrachten wir ein konkretes Beispiel, wie die Abschaffung der "Section 230" ein Video auf YouTube beeinflussen könnte. Veröffentlicht ein Nutzer heutzutage ein Video auf YouTube, das eine zweite Person als rechtswidrig oder diffamierend betrachtet, kann diese Person nur den YouTuber direkt verklagen, nicht aber die Plattform YouTube. Ohne die "Section 230" könnte der Kläger aber direkt gegen das Unternehmen klagen, da dieses rechtlich nicht mehr geschützt ist.

    Damit aber nicht genug. Nicht nur das Video, das auf die Plattform geladen wurde, könnte potenziell zu einem Rechtsstreit mit YouTube führen, sondern auch jeder einzelne Kommentar, der – möglicherweise anonym – unter dem Video hinterlassen wurde. Bei Videos, die mehrere Tausend Kommentare aufweisen, kann man sich also vorstellen, wie groß das Chaos wäre, würde jede Person, die sich von einem Kommentar persönlich beleidigt fühlt, eine Klage gegen YouTube erheben.

    Welche Auswirkungen hätte das auf das Internet?

    Man kann sich dies folgendermaßen vorstellen: Jede Website, auf welcher User Inhalte verfassen können, müsste ihr komplettes Konzept überarbeiten und die User-generierten Inhalte womöglich gänzlich weglassen. Das würde also bedeuten, dass Websites wie Amazon keine Bewertungen von Nutzern mehr veröffentlichen dürfen, dass keine Tweets oder Facebook-Posts mehr verfasst werden können oder dass die Kommentar-Kultur, wie man sie vom Internet kennt, gänzlich verschwindet.

    Die einzige Möglichkeit, dennoch Kommentare zu erlauben, wäre, diese genauestens zu moderieren – wie es beispielsweise News-Websites oder Blogs heutzutage tun. Dass dies bei Social-Media-Giganten wie Facebook oder Twitter mit Millionen von Nutzern nicht möglich ist, liegt auf der Hand.

    Müssen wir jetzt Angst um das Internet haben?

    Die gute Nachricht ist: Allzu große Sorgen machen müssen wir uns wahrscheinlich nicht. Viel eher handelt es sich hierbei um eine politische Masche des US-Präsidenten, um größeren Druck auf die Social-Media-Plattformen auszuüben. Dass die Verordnung tatsächlich solch drastische Auswirkungen hat, wie beschrieben, ist daher eher unwahrscheinlich. Die FCC und der US-Kongress haben nämlich in dieser Sache nach wie vor das letzte Wort und nicht der Präsident.

    Dennoch besteht die Möglichkeit, dass die "Section 230" überarbeitet wird. Wie das aussieht und wie sich dies auf das Internet, wie wir es heute kennen, auswirkt, ist noch nicht absehbar.

    Der Hintergrund

    Der Kurznachrichtendienst Twitter – Trumps bevorzugte Social-Media-Plattform – hat am Mittwoch erstmals einen Tweet des Präsidenten einem Faktencheck unterzogen. Trump hatte in seiner Twitter-Nachricht behauptet, dass Briefwahl Wahlbetrug Vorschub leiste, was der Faktencheck als irreführend einordnete. Trump warf Twitter daraufhin vor, sich in die US-Präsidentschaftswahl vom November einmischen zu wollen und generell eine republikanische Verzerrung aufzuweisen.

    Am Freitag hat Twitter schließlich einen weiteren Tweet des Präsidenten, in welchem er behauptete, dass Demonstranten, die aufgrund des Todes von George Floyd auf die Straße gegangen sind, erschossen werden würden, hinter einer Warnung vor Gewaltverherrlichung versteckt.