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Das Krebsdrama des kleinen Joel als Videospiel

Heute Redaktion
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Mit "That Dragon, Cancer" für PC und Mac hat ein Elternpaar den Krebstod seines kleinen Sohnes verarbeitet - das ungewöhnlichste und traurigste Game des Jahres 2016.

Mit "" für PC und Mac hat ein Elternpaar den Krebstod seines kleinen Sohnes verarbeitet – das ungewöhnlichste und traurigste Game des Jahres 2016.

Veröffentlicht wurde "That Dragon, Cancer" bereits Anfang 2016, doch erst in diesen Tagen erhält das Indie-Game jene Aufmerksamkeit, die es eigentlich verdient. Denn das Spiel taucht derzeit in so manch einer Jahresbestenliste auf, meist in Spezialkategorien. Unter anderem wurde es auch  bei den Game Awards mit dem sogenannten "Impact Award" ausgezeichnet . Diesen Preis erhält das Spiel mit der stärksten Botschaft des Jahres. Zudem wurde diesen Monat eine kostenlose Szene für Samsungs Cyberbrille Gear VR veröffentlicht.

Starker Stoff ist der Inhalt tatsächlich. Denn "That Dragon, Cancer" ist ein autobiografisches Spiel: Als beim kleinen Joel Green im Alter von zwölf Monaten ein aggressiver Hirntumor festgestellt wird, geben ihm die Ärzte nur noch wenige Monate zu leben. Doch der kleine Joel kämpft weiter und lebt. Jahr für Jahr. Seine Eltern entscheiden sich, sein Schicksal in einem Computerspiel zu verarbeiten.

Geld via Crowdfunding

Dabei hilft, dass Joels Vater Ryan für ein Studio arbeitet, das christliche Games entwickelt. Dort lernte er einen Programmierer kennen, der ihn ermutigt, seine Situation mit einem Computerspiel zu verarbeiten. Zusammen beginnen sie, "That Dragon, Cancer" zu entwickeln. Joels Mutter arbeitet als Autorin und steuert Texte bei. Schließlich kündigt Ryan Green seinen Job, er kümmert sich ganz um die Fertigstellung des Spiels.

In der Folge muss die Familie einen Kredit aufnehmen und ist sogar auf Spenden angewiesen. Per Crowdfunding sammeln sie über 100.000 Dollar. Doch ein Happy End bleibt aus: Am 13. März 2014 stirbt Joel Green im Alter von nur fünf Jahren. Seine Eltern führen die Arbeit an "That Dragon, Cancer" trotzdem weiter. Am 12. Januar dieses Jahres, es wäre Joels siebter Geburtstag gewesen, erschien das Videospiel.

Ohnmacht erdulden

Als Spiel ist "That Dragon, Cancer" eine spezielle Erfahrung. Jede Erwartung, die man an ein Computerspiel hat, wird absichtlich umgangen. Nur ganz wenige Passagen erinnern an ein klassisches Computerspiel, zum Beispiel, wenn man als Joel mit Schild und Schwert den bösen Drachen Krebs bekämpft. Doch einen Sieg wird es nicht geben, in diesem Spiel kann man nicht gewinnen. Zurück bleibt ein Gefühl der Ohnmacht – nicht nur bei Joel und seiner Familie, sondern auch beim Spieler.

Für Ballerfans und Sportfanatiker ist "That Dragon, Cancer" nicht geeignet. Das Spiel ist mehr Kunst als Game, und alles andere als perfekt gemacht. Die Technik funktioniert nicht immer, und neben der tollen Inszenierung kann der Spielablauf nicht bestehen. Doch hier geht es um etwas anders – nämlich um die Idee, dass ein Videogame tiefgreifende Gefühle auslösen kann. Und das nicht nur, wenn man bei "FIFA" gerade einen Hattrick geschossen hat.