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Derby-Held: "Didulica und Lawaree war so viel Hass!"

Heute Redaktion
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Bild: GEPA-pictures.com

Florian Metz war Spieler bei der Austria, debütierte gegen Rapid. Jetzt ist er Physiotherapeut, wieder bei der Austria. Vor dem 330. Wiener Derby am Sonntag spricht der 34-Jährige über seine zwei Traumberufe.

"Ich habe zwei Mal meine Leidenschaft zum Beruf gemacht", sagt Metz, während er gerade Max Sax auf der Massagebank bearbeitet. Wie sich der Mittelfeldspieler fühlt, weiß Metz ganz genau. Der Absolvent des ersten Jahrgangs der Stronach-Akademie hat selbst 106 Spiele für die Austria in den Beinen.

Sein Debüt gab er ausgerechnet gegen Rapid, im August 2004.

"Ich weiß es noch ganz genau. Ich war im Kader, durfte mittrainieren. Beim Abschlusstraining haute mir Trainer Söndergaard plötzlich ein Leiberl her. Da wusste ich, ich spiele morgen", erzählt Metz.

Und das Spiel? "Alles lief wie in einem Film ab. Ich war zu Beginn sehr nervös, dann kam ich in einen Flow, alles gelang mir. Am nächsten Tag sprachen mich Leute auf der Straße an, ich war auf einer Titelseite – wie in einem Traum."

"Das mit Didulica und Lawaree, das war zu viel, so viel Hass."

Zum Albtraum wurde für Metz ein anderes Derby. "Das mit Didulica und Lawaree, das war zu viel, so viel Hass. Wir hatten eine Polizeieskorte wie Donald Trump heute."

Heute gibt Metz den Spielern Tipps für ein Duell wie mit Rapid.

"Das ist als Masseur oder Physio generell so. Man hat viel Kontakt mit den Spielern, hört viel heraus. Mit meiner Erfahrung als Ex-Profi versuche ich dann, zu helfen."

Dafür gab es zuletzt wohl viel Bedarf, steckte die Austria vor dem 5:0 gegen Hartberg in der Krise. "Wir hatten eine Dynamik in die falsche Richtung, aber vielleicht gelingt uns jetzt gegen Rapid der zweite Sieg in Folge und es geht in die andere Richtung. Kicken können unsere Spieler alle."

Und die Finanzprobleme des Klubs: "Das kriegen die Spieler schon mit. Aber es ist keine Belastung, die sich am Sonntag auf dem Platz niederschlagen wird."

Das gesamte Interview

heute.at: Torschütze Benedikt Pichler ist nach dem Traumtor gegen Hartberg sofort zu ihnen gelaufen, hat mit ihnen gejubelt. Was ging ihnen dabei durch den Kopf?

Florian Metz: "Ich habe gar nicht damit gerechnet. Am Vortag war es schon sehr spät, als ich mir für ihn Zeit genommen habe. Das hat ihm, glaube ich, sehr gut getan. Für mich war es eine schöne Anerkennung. Ich dachte zuerst, er rennt zum Trainer. Aber es war schon ein spezieller Moment, zum ersten Mal rannte ein Spieler zu mir raus. Dass er, wie er sagt, ohne mich nicht spielen hätte können, glaube ich ihm gar nicht. Die Behandlung war sicher nicht schlecht. Aber es ging darum, dass sich jemand Zeit für ihn nahm. Ich merkte beim Mittagessen, dass er nervös ist. Ich habe versucht, ihm Mut zuzusprechen, das hat ihm scheinbar gut getan. Deshalb war seine Reaktion auch so."



Du bist Physiotherapeut bei der Austria. Welche Aufgaben hast du?

"Man hat viel Kontakt mit den Spielern, man hört viel heraus und mir kommt zugute, dass ich selbst Profi war. Ich habe viele Erfahrungen gemacht, ich weiß, dass in schwierigen Situationen wie bei uns gerade, Ängste und Emotionen dazu kommen. Wenn ich so etwas spüre, versuche ich im Gespräch zu erzählen., ‚Hey, mir ist es auch so gegangen' und gebe kleine Tipps. Der Spieler muss eh selbst damit umgehen und entscheiden, was er annimmt, was nicht. Mit meinen Erfahrungen als Ex-Profi und als Physio versuche ich ihnen zu helfen."



Warum Physiotherapeut nach der Karriere als Fußball-Profi?

"Ich konnte mir den Beruf schon nach der Akademie sehr gut vorstellen. Dann wurde ich Profi, war sehr viel verletzt in meiner Karriere, hatte viel Kontakt mit Physios. Mein Vater ist Sanitäter, meine Mutter war Krankenschwester – die Kombination aus Sport und Medizin passt bei der Physiotherapie genau. Ich habe auch über den einfachen Weg, mich einfach in ein Büro zu setzen, nachgedacht – aber das konnte ich mir nicht bis zu meinem Lebensende vorstellen, das ist nicht in meinem Naturell. So habe ich es geschafft, dass ich zweimal meine Leidenschaft zum Beruf gemacht habe. Ich arbeite oft sehr lange, lese dann daheim aber noch was fachspezifisches – einfach weil es mir so Spaß macht."



Wie fällt den Rückblick auf die Karriere aus?

"Wenn mir wer mit 12 Jahren gesagt hätte, dass meine Karriere so wird, hätte ich es sofort unterschrieben. Im Nachhinein betrachtet wäre vielleicht sogar mehr möglich gewesen. Aber im Leben hat alles einen Sinn. Ich bin in der Rolle heute sogar glücklicher als als Fußballprofi. Der Druck als Profi hat mich oft sehr belastet, daraus sind auch Verletzungen entstanden – wie ich heute durch mein Hintergrundwissen als Physio überzeugt bin. Aber das ist einfach mein Weg. Ich vergönne jedem alles, ich bin sehr glücklich zur Zeit, kann mich nicht beschweren. Die Fußballkarriere war kurz, aber dennoch schön. Ich würde heute gewisse Momente viel mehr genießen. Das versuche ich auch den Jungen mitzugeben, sie sollen es genießen, dann bringen sie automatisch Leistung. Das habe ich zu wenig gemacht."



Du hast dein Debüt ausgerechnet im Derby gegen Rapid gefeiert.

"Ich weiß es noch genau. Am 1. August 2004, ich war im Kader, durfte mittrainieren, was aufgrund der damaligen Stars im Kader für mich schon eine Sensation war. Beim Abschlusstraining haute mir Söndergaard auf einmal ein Leiberl her, da wusste ich, jetzt spiele ich morgen. Dann lief alles wie in einem Film ab. Am Anfang war ich sehr nervös, dann kam ich im Derby in einen Flow rein, alles ist mir gelungen und die Leute schrien mir zu. Am nächsten Tag sprachen mich Leute auf der Straße an, ich war auf einer Titelseite – wie in einem Traum, auch wenn es eigentlich nicht so positiv war. Es ging bei mir wahnsinnig schnell, eigentlich braucht man Zeit, um so etwas zu verarbeiten. Ich wurde mit einem Schlag erkannt, das muss man erst einmal verarbeiten. Der Tag selber war natürlich sensationell. Als kleines Kind träumt man davon, dann passiert es wirklich. Das wissen heute noch sehr viele Leute, das ist ein bisschen meine Geschichte."



Söndergaard meinte nach dem Spiel, du hängst jetzt an den Schläuchen…

"Ich war froh, als der Schiri abgepfiffen hat, obwohl es 1:1 stand. Da haben die roten Lamperl bei mir geleuchtet, der Tank war völlig leer."



Was ist speziell am Wiener Derby?

"Man spürt es schon die ganze Woche lang. Es baut sich auf, dann kommen noch Meldungen vom anderen Lager – das konnten die Führungsspieler so richtig, die Partie noch einmal richtig anzuzünden. Dann der Weg zum Stadion, auf den freue ich mich auch heute wieder. Als Physio sitze ich jetzt entspannter im Bus. Die Stimmung rund um das Stadion. Aber das Derby mit Didulica nach dem Lawaree-Foul da bei uns damals, das war ‚too much'. So viel Hass, das war gerade für einen so sensiblen Spieler wie ich einer war, nicht mehr leiwand. Das war zu viel, wir hatten eine Polizei-Eskorte wie Trump heute. Aber die Stimmung im Stadion bei einem Derby – das ist einfach geil zum Fußballspielen."



Kriegt man als Spieler mit, was auf den Rängen passiert?

"Ich habe immer gesagt, man fühlt sich während dem Spiel, als hätte man einen Helm aufgesetzt. Man kriegt es schon dezent mit, aber man ist voll fokussiert – außer es gibt Unterbrechungen. Emotion gehört zum Fußball dazu – aber oft ist da nur negative Energie."



Was machst du als Schlüssel für die Krisen-Saison aus? Du bist ja so nah an der Mannschaft dran, wie kaum ein anderer…

"Eine gefährliche Frage. Schwierig zu beantworten. Es sind viele Kleinigkeiten, die sich summieren. Es kriegt dann so eine Dynamik in die falsche Richtung. Vielleicht gelingt es uns jetzt der zweite Sieg in Folge und wir kriegen eine positive Dynamik. Es ist so oft so knapp beisammen. Im letzten Spiel hatte man das Gefühl, dass die Jungs Spaß am Fußballspielen hatten. Vorher war nur pure Verunsicherung – da ist es schwierig, die Leistung abzurufen. Jetzt hat man sich zum ersten Mal gedacht ‚90 Minuten hat das Spaß gemacht'. Vielleicht war das der Turnaround, vielleicht können wir gegen Rapid wieder Spaß haben und unsere Leistung abrufen. Sie können alle kicken, sie müssen den Flow jetzt einfach mitnehmen.

Wir sind ja eigentlich sehr positiv gestartet, dann war das erste Spiel in Wattens, das war gleich einmal ein Killer, dann hat es die falsche Dynamik genommen. Beim LASK war es genau das Gegenteil – aber das traue ich uns genau so zu. Rapid hat auch ein Positiv-Erlebnis, aber so wie die Jungs aufgetreten sind. Sie haben sich schon in der Vorwoche selbst noch einmal zusammengesetzt, das sind alles Dinge, die jetzt in die richtige Richtung gehen."



Wie sehr schlagen die Finanzprobleme auf die Spieler durch?

"Das ist eine andere Seite. Die Spieler kriegen das schon mit. Sicher fahren die auch gerne in ein Trainingslager. Aber das ist keine Belastung, die sich am Sonntag auf dem Platz niederschlagen wird."



Dir ist es egal, wenn du die Wadln der Spieler nicht bei Sonne sondern Minusgraden knetest?

"Ich bin ein Austrianer durch und durch. Ich will, dass es der Austria gut geht – finanziell wie sportlich. Es sind schwierige Zeiten. Wir haben ein Super-Stadion dastehen, jetzt dauert es halt. Es ist schwierig, dass man in Stadion und in die Mannschaft gleichzeitig investiert. Eine schwierige Phase – aber in der Vergangenheit wurden sehr viele Samen gesät und das braucht jetzt eine Zeit, um zu wachsen. Vielleicht haben wir in drei, vier Jahren wieder richtig Spaß und können ernten, was wir gesät haben."