Nach fünf Jahren in der Opposition winkt der SPÖ wieder eine Regierungsbeteiligung, zumindest dann, wenn man aktuellen Umfragen Glauben schenken mag. Doris Bures, zweite Nationalratspräsidentin und rotes Urgestein, legt bereits erste Pläne offen, was die SPÖ ihrer Einschätzung nach besser machen würde als die aktuelle Bundesregierung.
"Die Regierung ist offensichtlich nicht mehr handlungsfähig. So wurde die Impfpflicht eingesetzt, aber nicht umgesetzt. Vor der Landtagswahl in Oberösterreich und beim jüngsten ÖVP-Parteitag wurde Corona für beendet erklärt. Das ist verantwortungslos", kritisiert Bures im Interview mit dem "profil". In der Folge kommt die zweite Nationalratspräsidentin auch auf die Rekordinflation und die Teuerungswellezu sprechen. Der 150-Euro-Energiebonus wäre dabei nicht die richtige Maßnahme zur Bekämpfung, immerhin würde dieser oft erst im kommenden Jahr gültig sein.
Auch an der jüngst veröffentlichen Pflegereform lässt Bures kein gutes Haar. Sie spricht von "bloßen Ankündigungen". "Die Regierung macht schöne Pressekonferenzen und kündigt da eine Milliarde an und dort eine Milliarde an. Aber das interessiert niemanden, wenn die Milliarden nicht bei den Leuten ankommen". Die SPÖ-Politikerin fordert daher ein Umdenken. Sie und ihre Partei würden ständig Vorschläge wie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Wohnen und Lebensmittel fordern. "Es geht schnell, es ist unbürokratisch und es hilft Menschen mit geringem Einkommen besonders stark", sagt Bures.
Obwohl die SPÖ derzeit in Umfragen Rückenwind der Bevölkerung genießt und realistische Chancen auf das Kanzleramt hätte, ist unklar, wer die Sozialdemokraten dort wieder hinführen sollte. Laut Bures hätte jedenfalls Pamela Rendi-Wagnerals Parteichefin "einen legitimen Anspruch auf die Spitzenkandidatur bei der nächsten Wahl". Einem möglichen Comeback von Ex-Kanzler Christian Kern kann Bures hingegen wenig abgewinnen. "Ich halte viel davon, wenn sich ehemalige Parteivorsitzende nicht zu stark in innerpolitische Diskussionen einbringen. Sonst hätten sie in der Politik bleiben können".
Dass gute Umfragewerte von Hans-Peter Doskozil, Michael Ludwig und Peter Kaisergegen Rendi-Wagner als Kandidatin sprechen, glaubt Bures zudem nicht. Sie ist der Meinung, dass alle drei einen guten Job in den jeweiligen Landesregierungen machen würden, aber Oppositionsarbeit ein anderes Feld wäre. Man müsse sich dabei in Kritik üben, aber auch eigene Konzepte überlegen.