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Ein höchst vornehmer Granturismo

Kaum zu glauben, aber der Ferrari 550 Maranello ist bereits ein Youngtimer. Allerdings war er eigentlich bei seiner Vorstellung schon ein Klassiker.

Heute Redaktion
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Der Unterschied hätte kaum größer sein können. Als Ferrari im Sommer 1996 auf dem Nürburgring den Nachfolger des F512 M vorstellte, fanden die Interessenten nicht nur den Motor unter der vorderen anstatt der hinteren Haube vor, sie standen einem Wagen mit komplett anderer Philosophie gegenüber. Diese erinnerte mehr an die Granturismo-Modelle der Sechzigerjahre als an den Testarossa der Achtzigerjahre.

Ferrari hatte erkannt, dass die Kunden älter wurden und höhere Ansprüche an Komfort und Alltagstauglichkeit hatten, als sie ein Mittelmotor-Sportwagen zu bieten vermochte. So wanderte der V12 nach vorne. In nur gerade 30 Monaten entwickelten die Ferrari-Ingenieure das neue Coupé, eine kurze Zeitspanne.

Bei genauem Hinschauen konnte man aber schnell erkennen, dass man nicht bei Null beginnen musste. Der Ferrari 456 GT lieferte die technische Basis, die freilich noch umfangreich verfeinert wurde.

Gute Noten

Ein kürzerer Radstand, ein optimierter Motor und eine bei Pininfarina neugestaltete Karosserie in Alu-Bauweise komplettierten das Paket Dank 485 PS war der Spurt von 0 bis 100 km/h in rund 4,5 Sekunden möglich, wenn nötig rannte der Ferrari 320 km/h schnell.

Von der Presse erhielt der neue Ferrari gute Noten, vor allem die Platzverhältnisse; der gebotene Komfort, die Fahrleistungen und das Fahrverhalten begeisterten. Kein Wunder mussten Kaufinteressenten schon bald über ein Jahr auf ihren 550 Maranello warten. Aber es lohnte sich, denn der Wagen galt als der wohl am besten ausbalancierte GT-Renner jener Zeit.

Ganz entspannt

Nicht jeden Tag erhält man die Gelegenheit, in ein Auto zu steigen, das einst den Preis eines einfachen Einfamilienhauses hatte und zu den schnellsten Sportwagen der Welt gehörte. Dabei gelingt der Einstieg ganz kommod und sofort wird man von den sorgfältig eingekleideten Schalensitzen umfasst.

Der Startvorgang unterscheidet sich kaum von dem eines VW Golfs, sofort nimmt der Zwölfzylinder, überraschend stark gedämpft, seine Arbeit auf. Nur bei kaltem Getriebeöl verlangt die Sechsgangschaltung nach etwas Krafteinsatz, danach flutschen die Gänge fast von selber durch die offene Kulissenschaltung. Die Lenkung ist (geschwindigkeitsabhängig) servounterstützt, ein Krafttraining damit unnötig.

Man blickt auf das elegant Cockpit mit den beiden schön gezeichneten Hauptinstrumenten vor dem Lenkrad. Die 485 PS, die man mit dem rechten Fuß in Gang setzen könnte, verlangen nach viel Zurückhaltung, will man nicht umgehend mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Die fast 1,8 Tonnen kann der insgesamt eigentlich ausreichend kompakte Ferrari (Länge 4,55 Meter, Breite 1,94 m, Höhe 1,28 m) nicht ganz verleugnen, vor allem in engen Kurven spürt man das Gewicht. Aber für den engen Slalom oder superenge Alpenpässe ist der 550 Maranello auch nicht gedacht, sondern für die Autostrada und schnelle Landstraßen. Dann ist das Coupé komplett in seinem Element und lässt sich dank guter Rundumsicht problemlos dirigieren.

Fast schon bedauert man den nächsten Halt, wenn nach rund 500 bis 600 km Fahrstrecke der 114 Liter große Tank zum nächsten Boxenstopp mahnt.

Weitere Informationen zum Ferrari 550 Maranello gibt es neben vielen Bildern und einem Tonmuster auf Zwischengas.com.

(red)