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Erste Sieger mit Hybrid & Diesel: Audis Meilensteine...

Heute Redaktion
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Bild: Audi

Als Audi diese Woche seinen Rückzug von Langstreckenrennen bekannt gab, sorgte dies für Überraschung und Schock bei Motorsport-Fans. Denn die Deutschen können auf eine beeindruckende Zeit mit zahlreichen Siegen und (technischen) Meilensteinen beim wohl legendärsten Autorennen der Welt verweisen.

Als Audi diese Woche seinen bekannt gab, sorgte dies für Überraschung und Schock bei Motorsport-Fans. Denn die Deutschen können auf eine beeindruckende Zeit mit zahlreichen Siegen und (technischen) Meilensteinen beim wohl legendärsten Autorennen der Welt verweisen. Ohne Audi würden Dieselmotoren wohl immer noch belächelt und Hybridantriebe nicht ernst genommen werden.
Offiziell will sich Audi auf die Formel E konzentrieren, weil man die Zukunft in E-Motoren sieht. Inoffiziell ist aber von Sparmaßnahmen die Rede. Dabei war man nicht nur bei den 24 Stunden von Le Mans äußerst  erfolgreich, sonder auch bei zahlreichen anderen Langstreckenrennen - etwa neun Gesamtsiege in Folge bei der American Le Mans Series (ALMS) von 2000 bis 2008.

Zwei Jahre Vorbereitungen für Einstieg

1997 traf der Audi-Vorstand die Entscheidung, an den 24 Stunden von Le Mans teilzunehmen. Im Jahr darauf kaufte man sich mit Ingenieuren, Mechanikern und Fahrern in das Gulf Team Davidoff ein, das mit einem McLaren F1 GTR Chassis und einem BMW S70 Motor (6 Liter, 12 Zylinder) fuhr. So sollte das geplante Team die Abläufe und die Logistik von Le Mans kennenlernen und wertvolle Erfahrungen sammeln.

1999 tat man sich dann mit dem deutschen Rennstall Joest Racing zusammen und fuhr erstmals als Audi-Team unter dem bis heute bestehenden Namen Audi Sport Team Joest mit. Gefahren wurde mit zwei offenen Prototypen, den R8R, die aufgrund vieler Ausfälle gleich den dritten und vierten Rang erreichten. Zwei geschlossene R8C als Alternative für Audi Sport UK fielen aus.

Erster Sieg

Gleich im zweiten Jahr kam der erste Sieg. Allerdings muss erwähnt werden, dass sich die größten Konkurrenten 1998 (Porsche) und 1999 (BMW, Mercedes, Toyota und Nissan) aus unterschiedlichen Gründen - finanziell oder um sich auf die Formel 1 zu konzentrieren - aus Le Mans zurückgezogen hatten. Die Entwicklung des R8C wurde aufgegeben, die drei offenen R8R landeten allesamt auf dem Stockerl.

Es folgten ein Doppelsieg 2001 und wieder ein Dreifach-Sieg 2002. Die Audi-Führung entschied dann 2003, nicht als Werksteam an den Start zu gehen, sondern der Konzernschwester Bentley (beide Hersteller gehören ja zu Volkswagen) den Sieg zu ermöglichen. Also wurden Fahrer, Ingenieure und Mechaniker zum Team Bentley verschoben, das einen Doppelsieg feierte. Zwei private Audi R8 erreichten aber immerhin die Plätze drei und vier.

Im darauffolgenden Jahr gab es wieder kein Werksteam (und kein Bentley-Team), dafür belegten drei private Audi R8 wieder die ersten drei Plätze. Eines dieser drei Teams, Champion Racing, holte dann den Sieg 2005, zwei weitere R8 kamen auf die Ränge drei und vier.

Nicht zu bremsen

Die Dominanz des R8 im Motorsport war mehr als beeindruckend, gerade weil die Rennleitung in diesen Jahren den Wagen immer wieder einbremste - etwa mit Zusatzgewichten - um anderen Fahrzeugen eine Chance zu erlauben. Doch es war vergeblich.

Selbst Audi wurde das ganze zu langweilig, man suchte nach einer neuen Herausforderung. Und weil der R8 ohnehin in die Jahre gekommen war und nicht mehr die richtige Grundlage für technologische Weiterentwicklung darstellte, setzte sich die Konzern-Führung ein ambitioniertes Ziel: Der erste Gesamtsieg mit einem Diesel-Motor.

Die Welt staunte daher nicht schlecht, als Audi den R10 TDI vorstellte. Doch bereits im ersten Anlauf 2006 gelang der große Coup und Platz 1 wurde mit vier Runden Vorsprung eingefahren. Ein zweiter Wagen, gesteuert von dem sonst für Audi so erfolgreichen Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen, belegte Rang drei. Der R10 TDI blieb auch die beiden nächsten Jahre siegreich, doch Konkurrent Peugeot wurde immer stärker. 2008 gewann Audi eher wegen seiner Zuverlässigkeit als wegen seiner Fahreigenschaften. Es wurde klar, dass ein neues Auto her musste.

Neuer Prototyp

2009 kam deswegen der neu entwickelte R15 TDI zum Einsatz, der weniger Luftwiderstand und mehr Anpressdruck als sein Vorgänger hatte. Trotzdem kam man nur auf Rang 3, die Peugeots waren bei ihrer dritten Teilnahme zu stark. Im Siegerauto saß übrigens auch der Österreicher Alexander Wurz.

Im nächsten Jahr kam dann sofort die Revanche: Das Audi Sport Team North America holte mit dem weiter entwickelten R15 TDI Plus den Sieg zurück und stellte in dem packenden Duell mit Peugeot den bis heute bestehenden Distanzrekord von 5.410,713 Kilometern auf. Zwei Audis von Team Joest belegten die anderen Plätze am Stockerl, die Peugeots fielen schließlich allesamt aus.

2011 wurde dann der neue R18, wieder als TDI eingesetzt. Zwei von ihnen fielen in den Nachtstunden mit schweren Unfällen aus, der verbliebene Wagen von Team Joest wurde 16 Stunden lang von drei Peugeots gejagt. Unglaublich: Mit nahezu konstanten 13 Sekunden Vorsprung über die gesamte Zeit sicherten Marc Fässler, André Lotterer und Benoit Treluyer den Sieg.

Die Zukunft heißt Hybrid

Peugeot zog sich 2011 zurück, obwohl man bereits ein Hybrid-Fahrzeug entwickelt hatte. Der neue große Konkurrent hieß Toyota, spielte aber noch keine Rolle. Audi nahm vier R18 mit - zwei mit einem neuen Dieselmotor (R18 ultra) und zwei mit einem Hybrid-Antrieb (R18 e-tron quattro). Die beiden Hybrids erreichten auf Anhieb die Plätze eins und zwei, was den ersten Hybrid-Sieg in der Geschichte von Le Mans darstellt. Ein R18 ultra fuhr auf Platz drei.

Die Hybrid-Audis siegten auch noch 2013 und 2014, doch Toyota - nun ebenfalls mit einem Hybrid-Fahrzeug - wurde immer stärker. Auch Porsche mischte nach langer Auszeit wieder mit. Gleichzeitig verloren die Audis ihre Überlegenheit, als es wieder einmal Änderungen im Reglement bezüglich der Effizienz der Motoren gab.

2015 musste man sich dann den Hybrid-Fahrzeugen der Konzernschwester Porsche beugen und kam nur auf die Ränge drei und vier. 2016 wurde der Audi R18 wieder überarbeitet und bekam ein neues Hybridsystem (RP6), doch es reichte wieder nur zu einem dritten und einem vierten Platz.

Trotzdem bleiben bei 18 Teilnahmen unglaubliche 13 Siege. Dazu die Ehre, als erstes Diesel-Auto und als erstes Hybrid-Fahrzeug gewonnen zu haben. Audi kann stolz auf sich sein - und wir werden die vier Ringe in Le Mans vermissen.

Jörg Michner