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EU-Kritik: Spindelegger schwänzte wichtigen Gipfel

Heute Redaktion
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In Brüssel gingen am Mittwoch die Verhandlungen zu einer der wichtigsten Entscheidungen - zur Bankenunion weiter. Alle Ressortchefs der 28 EU-Staaten sind vor Ort, um zu verhandeln. Nur einer fehlt: Österreichs frisch gebackener Finanzminister Michael Spindelegger. Sein Fehlen führte zu heftiger Kritik in Brüssel.

Peinlich: Der deutsche Finanzminister Schäuble, ebenfalls gerade angelobigt, kritisierte vor der Presse: Er habe gehört, der neue Finanzminister sei gerade erst angelobt worden. "Da habe ich gedacht, ich bin ja auch gerade erst eingeschworen worden. Aber gut. Das ist 'Tu felix Austria' ("Du glückliches Österreich", Anm.)".

Spindelegger verteidigte sein Fernbleiben vom Gipfel in der ZiB2: "Am Dienstag stand die Regierungserklärung auf dem Programm und man kan nicht gleichzeitig an zwei Orten sein. Außerdem stand ich ständig in telefonischem Kontakt mit Brüssel". Mit Schäuble habe er ebenfalls bereits telefoniert, um etwaige Missstimmungen aus dem Weg zu räumen.

In einem dramatischen Endspurt vor dem Brüsseler Gipfeltreffen will die EU ihr Regelwerk zur Schließung von Pleitebanken unter Dach und Fach bringen. Damit soll das Vorzeigevorhaben einer europäischen Bankenunion abgeschlossen werden. Der Gipfel beginnt am Donnerstag, am Dienstag begannen die Marathonverhandlungen.

Einlagen unter 100.000 Euro tabu

"Die Guthaben werden zukünftig einheitlich geschützt, Sparbücher und Girokonten dadurch europaweit krisenfester", sagte der Verhandlungsführer des Europaparlaments, der deutsche Sozialdemokrat Peter Simon, am Dienstagabend. "Bei Bankenrettungen sind Einlagen unter 100.000 Euro ohne Wenn und Aber tabu", sagte Simon. Dem Kompromiss zufolge sollen Sparer innerhalb von sieben Werktagen bei einer Bankpleite ihr Geld erhalten, anstatt wie bisher nach 20 Tagen.

Streit um "roten Knopf" bei Banken-Bankrott

Einige Nicht-Eurostaaten haben Angst wegen einer Ungleichbehandlung gegenüber den Mitgliedern der Währungsunion. Der Abwicklungsmechanismus besteht aus einem Abwicklungsfonds und einer Abwicklungsbehörde, auch Board genannt. Über letzteren Punkt gibt es vor allem im Hinblick auf die Entscheidungskompetenz, wer über die Schließung einer Bank konkret zu bestimmen hat und sozusagen den roten Knopf drückt, noch Differenzen. Allerdings habe sich die Eurogruppe vergangene Nacht im Grundsatz darauf verständigt, dass dies doch die Kommission sein sollte. Österreich ist für ein schnelles Verfahren und damit für die Kommission.

"common backstop"

Beim Abwicklungsfonds ist hingegen geklärt, dass dieser nach zehn Jahren ab 2025 aus den bis dahin 18 nationalen Fonds der Eurostaaten ein gemeinsamer europäischer Abwicklungsfonds wird, der "common backstop" bezeichnet werden dürfte. Bei diesem finanziellen Auffangnetz (backstop) für eine Abwicklung wird der Europäische Rettungsschirm ESM nicht erwähnt. Allerdings ist der ESM in der Übergangsphase - also in den zehn Aufbaujahren - als Möglichkeit für eine Brückenfinanzierung angeführt, sollten die nationalen Staaten dies nicht bewältigen können. Deutschland kritisiert dabei aber, dass damit die Vermischung von Bankschulden und Staatsschulden nicht wie gewünscht durchbrochen wird.

Gemeinsamer Aufsichtsmechanismus

Der erste Pfeiler der Bankenunion, der gemeinsame Aufsichtsmechanismus, tritt mit November 2014 in Kraft. Die EZB als Aufsichtsbehörde ist dabei für 128 systemische Banken der Eurozone zuständig. Der Abwicklungsmechanismus gilt insgesamt für rund 6.200 Banken der Währungsunion, wobei der Abwicklungsfonds aber nur für rund 330 Banken - die 128 systemischen und weitere 200 grenzüberschreitende Institute - vorgesehen ist. Schließlich gibt es noch als dritten Pfeiler, wenn auch nicht als gemeinsamer europäischer, die Einlagensicherung. Diese wird durch 28 nationale Einlagensicherungsfonds gewährleistet.

Gespeist werden beide Fonds von den Banken. Der Abwicklungsfonds mit 0,1 Prozent der gedeckten Einlagen jährlich, was im Endausbau 55 Mrd. Euro bringen soll, und die Einlagensicherung mit 0,8 Prozent insgesamt über zehn Jahre. Die Summe wäre in etwa die gleiche, weil hier die Banken aus allen 28 Staaten einzahlen. Der Einlagensicherungsfonds ist für den Fall einer Bankschließung vorgesehen, damit die Einlagen bis 100.000 Euro gesichert sind.
Hauptanliegen der Europäer ist es, künftig Steuerzahler bei Bankenschieflagen zu schonen und verstärkt Aktionäre und Gläubiger in die Pflicht zu nehmen. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in marode Geldhäuser gepumpt.

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