Gesundheit

Extreme Immunflucht – Corona-Variante "XBB" im Anrollen

In Singapur hat eine Rekombinante aus verschiedenen Omikron-Ablegern bereits BA.5 abgelöst. Vor allem die hohe Immunflucht bereitet Experten Sorgen.

Christine Scharfetter
Eine Rekombinante aus zwei Omikron-Ablegern sorgt derzeit für Aufregung unter Experten.
Eine Rekombinante aus zwei Omikron-Ablegern sorgt derzeit für Aufregung unter Experten.
Getty Images/iStockphoto

Mit Omikron und seinen zahlreichen Sublinien hat das Coronavirus für den größten Teil der Bevölkerung seinen Schrecken verloren. Ist die derzeit dominierende Untervariante BA.5 zwar hoch ansteckend, lässt bei der Schwere des Verlaufs jedoch nach. Nun schlagen die Experten allerdings wieder Alarm: Mit XBB ist derzeit eine Rekombinante aus zwei Omikron-Linien auf dem Vormarsch, die BA.5 in einigen Ländern innerhalb kürzester Zeit abgelöst hat. 

"XBB ist auf dem indischen Subkontinent und in Singapur sehr schnell gewachsen. Es scheint bereits in Bangladesch und Singapur dominant zu sein und macht weit über 10 % der Sequenzen in Indien aus, wo erwartet wird, dass es bald dominant wird", schreibt Cornelius Römer vom Biozentrum der Universität Basel in einer Zusammenfassung über die aktuell besorgniserregenden Varianten – wozu auch BQ.1.1 zählt.

Was wir bisher über die Variante XXB wissen:

Woher kommt XBB?

Erstmals wurde XBB im August 2022 in Indien nachgewiesen. Inzwischen sie in insgesamt 17 Ländern aufgetaucht, darunter auch in den USA, Australien, Japan und Dänemark. In Singapur hat sich der XBB-Anteil innerhalb einer Woche mehr als verdoppelt. Machte die Variante vergangene Woche noch 22 Prozent des Infektionsgeschehens aus, waren es diese Woche bereits 54 Prozent. Laut dem Gesundheitsministerium des Landes erwartet man den Höhepunkt der XXB-Infektions-Welle etwa Mitte November 2022. Kliniken breiten sich bereits auf die Corona-Welle vor. Betten werden aufgestockt, stabile Patienten entlassen oder verlegt.

Bei XBB handelt sich um eine Rekombinante aus zwei BA.2-Linien: BJ.1 und BM.1.1.1. "BJ.1 hat sich nie weltweit verbreitet, da es mit anderen damals zirkulierenden Varianten nicht konkurrenzfähig war", erläutert Römer. BA.2.75 und BA.4/5 seien stärker gewesen.

Bei BM.1.1.1 handle es sich hingegen um einen Nachkommen von BA.2.75 "mit 3 Schlüsselmutationen in der Rezeptorbindungsdomäne: S:R346T, S:F486S, S:F490S zusätzlich zu denen, die BA.2.75 bereits enthält."

Wie gefährlich ist XBB?

XBB ist nach Ansicht von einigen Experten die bisher ansteckendste Variante. Sie soll das Immunsystem noch besser als andere Omikron-Ableger umgehen können. Forscher befürchten außerdem, dass Corona-Medikamente unwirksam werden könnten.

"Die Variante entzieht sich neutralisierenden Antikörpern, die durch Impfstoff und/oder (Durchbruch-)Infektion produziert werden", so der Bioinformatiker. Die Tatsache, dass XBB sich insbesondere den Antikörpern , die nach einer Durchbruchsinfektion mit BA.5 produziert wurden, entzieht, erwähnt Römer noch einmal extra.

Ob XBB wie BA.5 zu weniger schwerwiegenden Verläufen führt, ist bisher noch nicht ausreichend belegt. Die Lage in Singapur deutet derzeit zumindest darauf hin, dass die Krankheitsschwere ähnlich oder geringer ist als bei den bisherigen Omikron-Varianten. Allerdings befindet sich Singapur mit der weltweit höchsten Auffrischungsrate (79 Prozent) in einer Sonderposition. Zum Vergleich: In Österreich liegt dieser Anteil der Personen mit einem Booster bei nur rund zehn Prozent. 58 Prozent haben hierzulande die Grundimmunisierung mit drei Impfungen abgeschlossen.

Dabei scheint ein Booster mit dem angepassten BA.4- und BA.5-Impfstoff gut gegen XBB zu wirken. Zwar lassen sich durch eine Impfung bekanntlich nicht alle Infektionen oder Reinfektionen verhindern. Doch der Booster vergrößert den Schutz vor einem schweren oder gar tödlichen Krankheitsverlauf.