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Insta-Fake: So legte ein Kriegsfotograf alle herein

Heute Redaktion
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Mit gestohlenen Bildern hat ein Betrüger jahrelang Agenturen und Medien an der Nase herumgeführt. Unter anderem verkaufte er seine angeblichen Werke an das "Wall Street Journal".

Sein Werdegang klingt fast zu schön, um wahr zu sein – und war es am Ende auch. Der Brasilianer Eduardo Martins wurde als Kind missbraucht und besiegte als Jugendlicher die Leukämie. Dann fand er seine Passion, die Fotografie. Bei der UNO arbeitete sich der 32-Jährige hoch und bereiste als Fotograf die gefährlichsten Kriegsgebiete.

So wenigstens tönt die Geschichte, die Martins jahrelang erzählte. Viele renommierte Fotoagenturen und Medien fielen darauf herein, darunter Getty Images, "The Wall Street Journal", "Vice" und "The Telegraph". Sie alle kauften Martins Kriegsfotos aus Syrien, dem Gaza-Streifen oder dem Irak ab.

Betrüger gab sogar Interviews

Doch die Geschichte um den angeblichen Fotografen war erfunden, die Bilder alle gestohlen. Der Betrüger hatte jeweils leichte Veränderungen an den Fotos vorgenommen, damit Spezialsoftware sie nicht als Plagiate erkennen würde, wie BBC schreibt. Der junge, braun gebrannte Mann, der Martins sein soll, heißt in Wirklichkeit Max Hepworth-Povey und ist ein britischer Surfer. Sein Konterfei hatte der Betrüger ohne dessen Wissen in die Kriegsbilder hineinmontiert, die er auf Instagram postete.

Eduardo Martins feierte damit beachtliche Erfolge, hatte zum Beispiel innerhalb von nur zwei Jahren auf über 100.000 Instagram-Follower geschafft. Er wurde immer dreister und gab sogar Interviews, wie etwa 2016 dem "Recount Magazine", dem er sagte: "Im Irak sah ich einmal einen Jungen, der von einem Molotowcocktail getroffen worden war. Ich hörte auf zu fotografieren und brachte ihn aus der Gefahrenzone."

BBC-Mitarbeiterin beginnt zu recherchieren

Je bekannter Martins wurde, desto einfacher konnte er seine Fotos verkaufen. Bis er auf Natasha Ribeiro traf, eine BBC-Brasil-Mitarbeiterin im Nahen Osten. Sie wurde misstrauisch, weil weder sie noch andere aus dem kleinen Pool von brasilianischen Journalisten in der Region jemals von einem Eduardo Martins gehört hatten.

Auch der UNO und anderen Organisationen, die der Fotograf besucht haben soll, war Martins nicht bekannt. Riberio kontaktierte zudem sechs Frauen, mit denen er Online-Beziehungen geführt hat – doch keine von ihnen traf den jungen Mann je in Person.

Whatsapp und Instagram gelöscht

Fernando Costa Netto, ein Galerienbesitzer aus São Paulo, hatte letztmals im August Kontakt mit Martins. Netto stellte zu diesem Zeitpunkt eine Ausstellung mit Bildern von brasilianischen Kriegsfotografen zusammen. "Plötzlich verschwand er für eine Woche. Als wir Kollegen von ihm im Irak anfragten, tauchte er plötzlich wieder auf und sprach von Netzproblemen", so Netto.

Martins schien jedoch geahnt zu haben, dass er bald enttarnt würde. Bevor er alle seine Social-Media-Accounts und Whatsapp löschte und verschwand, schickte er eine letzte Nachricht an Netto: "Ich bin in Australien. Ich habe entschieden, ein Jahr lang mit einem Van um die Welt zu reisen. Ich werde jeden Kontakt abbrechen und habe mein Instagram gelöscht. Ich möchte in Frieden gelassen werden. Wir reden wieder, wenn ich zurück bin." (nk)