Tiere

"Flinte wird es nicht richten... Brauchen Herdenschutz"

Heute Redaktion
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In Österreich begegnet man dem Wolf „typisch österreichisch", kritisiert Kurt Kotrschal. Anstatt sich um Herdenschutz zu bemühen, verlangt man Abschussquoten.

(Wöchentliche Kolumne von Kurt Kotrschal – Wolfsexperte, Verhaltensforscher und Biologe.)

In Österreich begegnet man dem Wolf immer noch „typisch österreichisch".

Während sich die meisten über die verdächtig langsame Rückkehr freuen, sind Schafhalter und die zuständigen Politiker weniger glücklich. Aber anstatt sich mit Hilfe des Österreichzentrums in Gumpenstein und mit EU-Fördermittel energisch um den Herdenschutz zu bemühen, kommt man nach erregten Debatten zum Schluss, dass der eh nicht funktionieren kann.

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Darum versucht man es gleich gar nicht, sondern verlangt, dass die wenigen Wölfe, die jährlich in den Alpen durchwandern, abgeschossen werden. Das geht aber gesetzlich nicht. Zudem ergab eine neue Studie, dass nur ein geringer Teil der Almen tatsächlich nicht schützbar sind.

Herdenschutzhunde müssen trainiert werden, um "gesellschaftsfähig" zu sein

In der Schweiz hat man gute Erfahrungen mit Herdenschutz-Hunden gemacht. Das berichtete der Schweizer Experte Felix Hahn bei einer Fachtagung am 21.1. in Salzburg. Aber so einfach, wie viele glauben, ist das nicht. Man kann nicht einfach irgendwelche Hunde zu den Schafen stellen und hoffen, dass das gut geht. Vielmehr müssen die Hunde von der Zucht her dafür geeignet sein, Weidetiere vor Wölfen zu schützen, ohne etwa Wanderer anzugreifen. Die Gene allein machen es aber nicht; die Hunde müssen vielmehr gut trainiert werden, um „gesellschaftsfähig" zu sein. Dazu Hahn: „Wir müssen sie in der Ausbildung dazu bringen, dass sie sich nicht nur an die Nutztiere gebunden fühlen, sondern auch an den Menschen." Und weiter:

"Sie sollen keine Menschen angreifen, die in den Bergen unterwegs sind. Sie müssen auch wissen, was ein Biker oder ein Gleitschirmflieger ist. Und Leute mit Stirnlampen kennen."

Letztlich kann man mit Hunden sinnvoll mit großen Herden und unter ständiger Aufsicht eines Hirten arbeiten. So setzt ein Projekt in Tirol vor allem auf den Schutz von Schafen durch gezielte Weideführung. Thomas Schranz ist Schafzüchter in Tösens: „Dabei werden nur Sektoren beweidet, wo man die Schafe gut zusammenhalten kann. Das geht in übersichtlichen Gegenden, wo ich gut kontrollieren kann. Da habe ich dann auch mehr Einfluss, wenn von außen der Wolf kommt.

Da in den nächsten Jahren immer mehr Wölfe nach Österreich einwandern und hier leben werden, ist es Zeit, der Realität ins Auge zu schauen. Die Flinte wird es nicht richten können.

Versuche, den Wolfsschutz in der entsprechenden EU-Richtlinie zu lockern, waren bislang nicht erfolgreich und werden es auch in Zukunft nicht sein.

Das geht aus entsprechenden Antwortschreiben auf diesbezügliche nationale Eingaben klar hervor.

Am Herdenschutz führt kein Weg vorbei

Das bedeutet aber nicht einfach Elektrozaun, Schutzhund und/oder Hirte. Vielmehr müssen die Maßnahmen professionell an die jeweiligen Verhältnisse angepasst werden. Niemand sagt, dass dies einfach sein wird. Es müssen einfach die alten Kulturtechniken der Behirtung und der Arbeit mit Hunden wieder aufleben, um Weidetiere nachhaltig vor Wölfen zu schützen.

Das wird nicht gratis zu haben sein. Daher stehen von der EU und hoffentlich auch von Österreich Fördermittel dafür bereit.

Sie abzuholen und die betroffenen Tierhalter endlich kompetent zu unterstützen, sollte eigentlich vordringlichste Aufgabe des

Koordinations- und hoffentlich bald auch Kompetenzzentrums in Gutenstein sein.

+++ Der "Wolfsblog" von Kurt Kotrschal - jede Woche neu! Nur hier bei "HeuteTierisch" +++