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Frau verklagt Arzt, weil sie krankes Kind geboren hat

Heute Redaktion
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Eine Patientin verklagt ihren Gynäkologen wegen unterlassener Abtreibung. Er habe keine pränatalen Tests durchgeführt, die die Krankheit des Kindes hätten feststellen können.

Ein Frauenarzt aus Bern steht vor Gericht, weil er von einer Patientin laut der "Berner Zeitung" zu einer Schadenersatzzahlung von bis zu einer Million verklagt wurde. Der Grund: Sie hat ein krankes Kind zur Welt gebracht, das Träger ihrer Erbkrankheit ist.

Laut der Frau habe der Gynäkologe auf vorgeburtliche Untersuchungen verzichtet, bei denen die besagte Krankheit hätte festgestellt werden können. Hätte er diese durchgeführt und die Erbkrankheit festgestellt, hätte die Klägerin das Kind eigenen Angaben zufolge abgetrieben.

Der Frauenarzt hingegen gibt an, die Frau habe ihm gegenüber ausdrücklich gesagt, dass sie das Kind so oder so zur Welt bringen wolle – unabhängig davon, ob es gesund oder krank sei. Er habe auf die Tests verzichtet, da eine Patientin in einem solchen Fall das Recht auf Nichtwissen habe, so der Gynäkologe.

Vor Gericht soll nun geklärt werden, ob der Facharzt die werdende Mutter tatsächlich ungenügend über die Gesundheitsrisiken des ungeborenen Kindes aufgeklärt hat.

Schwangerschaftsabbruch - Gesetzliche Regelung in Österreich:
Aus juristischer Sicht ist es also grundsätzlich für jede Frau straffrei, innerhalb der gesetzlichen 3-Monats-Frist (also etwa bis zur 12.–13. Schwangerschaftswoche) einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Man spricht in diesem Fall von einem Schwangerschaftsabbruch ohne Indikation. Voraussetzung dafür ist allerdings eine ärztliche Beratung.

Wenn aus ärztlicher Sicht eine medizinische Indikation vorliegt, gilt ein Schwangerschaftsabbruch auch nach dem 3. Schwangerschaftsmonat als legal. Das gilt unter anderem für Chromosomenstörungen, schwere Fehlbildungen oder wenn die Fortsetzung der Schwangerschaft ein hohes gesundheitliches Risiko für die Frau darstellen würde.

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Außergewöhnlicher Fall

Sollte die Frau den Wunsch geäußert haben, die Schwangerschaft unabhängig von einer potentiellen Krankheit nicht abbrechen zu wollen, hat der Gynäkologe richtig gehandelt, indem er keine pränatalen Tests durchführen ließ, so die "Berner Zeitung". In diesem Fall würde den Arzt keine Schuld treffen – auch wenn die Frau die Geburt bereute, als die Erbkrankheit diagnostiziert wurde. Ein Entscheid des Berner Regionalgerichts steht bis jetzt noch aus.

Laut einer Expertin, die in der "Berner Zeitung" zitiert wird, ist der Fall außergewöhnlich, da sich eine Tendenz in die gegenteilige Richtung zeige. So würden sich Frauen von ihren Ärzten in der Regel eher unter Druck gesetzt fühlen, vorgeburtliche Untersuchungen durchführen zu lassen und dann in kurzer Zeit weitreichende Entscheidungen treffen zu müssen. "Frauen schlittern häufig in die pränatale Diagnostik hinein, da die Mehrheit der Gynäkologen diese Tests wie selbstverständlich empfehlen."

Juristische und ethische Beurteilungen des Falls

Während das Gericht die Aufgabe hat, den Fall aus juristischer Sicht zu beurteilen und dabei die Höhe des "Schadens" festlegen muss, den die Geburt des kranken Kindes verursacht, ist die Angelegenheit auch aus ethischer Sicht umstritten. Abtreibungen aufgrund von Krankheiten oder Störungen, die beim ungeborenen Kind festgestellt werden, werden kontrovers diskutiert.

(jk)