Wien

Hier schaut Wiens Umweltstadtrat in die Röhre

Viermal im Jahr werden die zwei Hauptquellleitungen der Stadt gereinigt und in Stand gesetzt. Gestern durfte auch "Heute" in die Röhre schauen.

Louis Kraft
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Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) inspiziert eine der Hauptwasserleitungen.
Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) inspiziert eine der Hauptwasserleitungen.
Sabine Hertel

Die Stadt Wien wird flächendeckend mit Hochquellwasser versorgt. Über zwei Hauptquellleitungen fließt das kristallklare Wiener Trinkwasser aus unberührten, naturbelassenen Gebieten in den Alpen bis nach Wien. Damit das reibungslos passiert, wird mehrfach im Jahr sauber gemacht. "Heute" durfte gestern beim Einstieg zur II. Hauptquellleitung in Pressbaum vor den Toren Wiens mit Umwelt- und Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) und Wiener Wasser-Chef Paul Hellmeier dabei sein. 

Hauptwasserversorgung Wiens hat schon über 110 Jahre auf dem Buckel

Das Quellgebiet der I. Wiener Hochquellenleitung umfasst das Gebiet von Schneeberg, Rax und Schneealpe (Niederösterreich/Steiermark), das Quellgebiet der II. Wiener Hochquellenleitung den Gebirgsstock des Hochschwabs (Steiermark). Die Schongebiete zum Schutz der Wasservorkommen umfassen insgesamt 675 Quadratkilometer. Sie sind somit größer als die Fläche Wiens.

Das Fundament für die moderne Wiener Wasserversorgung wurde durch den Bau der beiden Hochquellenleitungen bereits im 19. Jahrhundert gelegt. "Die historischen Bauwerke der beiden Hochquellenleitungen bilden das Rückgrat der Wiener Wasserversorgung. Sie sorgen dafür, dass die Wienerinnen und Wiener täglich mit bestem Trinkwasser aus den Alpen versorgt sind. Die regelmäßige Wartung und Überprüfung hält die 111 Jahre alte Leitung fit für die Zukunft und gewährleistet eine sichere Wasserversorgung in der gewohnt hohen Qualität", erklärt Czernohorszky.

"Die Hochquellleitungen sind für die Ewigkeit gebaut", betont Wiener Wasser-Chef Paul Hellmeier. Das Wasser fließt im "Freispiegel", das heißt alleine durch das natürliche Gefälle durch die zwei Hochquellenleitungen. Pumpen kommen erst auf Wiener Stadtgebiet zum Einsatz, konkret wenn es darum geht, das Trinkwasser in das mehr als 3.000 Kilometer lange Wiener Rohrnetz zu befördern. Pro Tag transportiert die I. Hochquellenleitung 220 Millionen Liter Trinkwasser nach Wien, die II. Hochquellenleitung liefert täglich bis zu 217 Millionen Liter Wasser.

"Abkehr": Viermal im Jahr wird in den Hauptquellleitungen geputzt

Viermal im Jahr - zweimal im Frühjahr und und zweimal Herbst, also dann wenn der Wasserverbrauch geringer ist - finden abwechselnd an beiden Hochquellenleitungen Wartungsarbeiten statt. Dabei wird für etwa fünf Tage das Quellwasser schon im Quellgebiet in die Salza ausgeleitet. Aus der früheren Bezeichnung dafür ("abgekehrt") entwickelte sich der Namen der Putzaktion, die Abkehr. Beim "Heute"-Besuch ist durch die Ableitung der Wasserstand im Einlassbauwerk in Pressbaum nur wenige Centimeter hoch. An normalen Tagen erreicht das Wasser die Höhe von etwa 1,70 Meter. Der Durchmesser der Leitung beträgt hier 2,20 Meter, an anderen Stellungen verjüngt sich die Leitung auf einen Durchmesser von 1,40 Meter. Wenn man bereit ist, gebückt zu gehen, könnte man theoretisch in der Hauptquellleitung von Wien zum Hochschwabmassiv wandern. 

Aktuell werden Reinigungsarbeiten und Instandhaltungsmaßnahmen, beispielsweise Risssanierungen, im Leitungskanal durchgeführt. Für die Reinigung kommt unter anderem auch eine Eigenentwicklung von Wiener Wasser zum Einsatz: Die Stollenwaschmaschine spült unter Hochdruck Feinsediment von den Wänden der Hochquellenleitung ab. An beiden Seiten ausfahrbare Bürsten sorgen für eine saubere Leitungswand. 

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    437 Millionen Liter bestes Trinkwasser transportieren die zwei Hochquellenleitungen vom Schneeberg-Gebiet bzw. dem Hochschwab nach Wien – täglich. Viermal im Jahr werden die Rohre mit bis zu 220 Zentimeter Durchmesser gereinigt und in Stand gesetzt. Gestern war Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) bei der Inspektion dabei, nahm gemeinsam mit „Heute“ die 111 Jahre alten Rohre in Augenschein.
    437 Millionen Liter bestes Trinkwasser transportieren die zwei Hochquellenleitungen vom Schneeberg-Gebiet bzw. dem Hochschwab nach Wien – täglich. Viermal im Jahr werden die Rohre mit bis zu 220 Zentimeter Durchmesser gereinigt und in Stand gesetzt. Gestern war Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) bei der Inspektion dabei, nahm gemeinsam mit „Heute“ die 111 Jahre alten Rohre in Augenschein.
    Sabine Hertel

    Hochquellwasser braucht 24 bis 36 Stunden von den Alpen nach Wien

    Die mehrmals pro Jahr stattfindenden Arbeiten sind äußerst aufwändig. Weil nur je eine Hochquellenleitung für wenige Tage außer Betrieb genommen werden kann, ist eine minutiöse Planung und eine detaillierte Vorbereitung notwendig. Das Eintreffen des Wassers ist für jeden Abschnitt der 180 Kilometer langen II. Hochquellenleitung auf die Minute berechnet, damit die Arbeiten im Inneren der Leitung zeitgerecht beendet werden. Im Falle der II. Hochquellenleitung beträgt die Fließzeit von der entferntesten Quelle bis Wien 36 Stunden, bei der I. Hauptquellleitung sind es 24 Stunden. Aus diesem Grund werden die Arbeiten in der Hochquellenleitung im Bereich Wien noch stundenlang fortgesetzt, während im Quellgebiet bereits das Quellwasser eingeleitet wird.

    Im Vorfeld jeder Abkehr werden alle 30 Wasserbehälter in Wien bis zum maximalen Pegelstand gefüllt, um über ausreichend Reserven zu verfügen. Während der Abkehr kann zusätzlich Grundwasser ins Wiener Rohrnetz eingeleitet werden. 20 Brunnen stehen bereit, um aus gewaltigen Grundwasserkörpern qualitativ hochwertiges Trinkwasser zu liefern. Nach der Abkehr wird Wien wieder flächendeckend mit Hochquellwasser versorgt. 

    Stadt kündigt neue Strategie "Wiener Wasser 2050" an, 3. Hauptleitung bis 2026

    Um die hohe Qualität des Wiener Wasser und die langfristige Versorgungssicherheit der Stadt angesichts von Herausforderungen wie Bevölkerungswachstum und Klimawandel auch für kommende Generationen sicherzustellen, arbeitet Wiener Wasser derzeit an der Strategie "Wiener Wasser 2050". Präsentiert werden soll diese noch im Frühjahr. "Damit das Wasser aus den Alpen auch in Zukunft gut in Wien ankommt, denken wir bereits jetzt über wichtige Erfordernisse für die Wasserversorgung 2050 nach", so Czernohorszky. In den kommenden Jahrzehnten gelte es die Versorgung mit notwendigen Investitionen und Innovationen etwa in den Bereichen Wasserspeicherung, Wassersteuerung und Wasserverteilung abzusichern und auszubauen.

    So wird beispielsweise schon heute an einer neuen Transportleitung im Norden Wiens gearbeitet. Das Projekt verbindet künftig den Endpunkt der II. Hochquellenleitung im Wasserbehälter Lainz mit dem Döblinger Wasserbehälter. Im 19. Bezirk befindet sich die strategisch wichtige Anbindung für die Versorgung der Bezirke Leopoldstadt, Brigittenau und Floridsdorf mit Hochquellwasser. Die 3. Hauptleitung Nord ist somit nicht nur für den gesamten Westen der Stadt essenziell, sondern auch für weitere große Gebiete Wiens. Die Bauarbeiten sollen 2026 fertiggestellt sein. "Wien wächst stark, daher sorgen wir vor und entwickeln unsere Wasserversorgung ständig weiter", betont Hellmeier.

    Ein wichtiger Bestandteil der Wasserstrategie wird zudem der Beitrag von Wiener Wasser zum Ausbau erneuerbarer Energie sein. Mittlerweile werden mit dem Wiener Hochquellwasser 16 Trinkwasser-Kraftwerke betrieben. Seit kurzem versorgt eine riesige Photovoltaik-Anlage am Wasserbehälter Unterlaa etwa 600 Wiener Haushalte mit Ökostrom. In den kommenden Jahren soll die Stromerzeugung aus Sonnenenergie auf Anlagen von Wiener Wasser weiter ausgebaut werden.