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Griechischer Euro-Schreck besucht Berlin

Heute Redaktion
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Er ist der Mann, vor dem sich die EU-Politiker fürchten, doch eigentlich ist er ja ganz zahm: Alexis Tsirpas, Chef der griechischen Linkspartei SYRIZA, hat in Berlin erklärt, warum sein Land in der Währungsunion bleiben muss - wie das ohne Reformkurs funktionieren soll, hat er allerdings nicht verraten.


Ein bisschen sieht er aus wie der junge Antonio Banderas. Pechschwarzes Haar, enger dunkler Anzug und ein cooles Lächeln für die Fotografen. Ist das der Mann, der die Euro-Zone in den Abgrund stürzt? Alexis Tsipras wiegelt ab.

Nein, er sei doch kein Erpresser. Er wolle Europa nicht zerstören, nur sein Volk retten, sagt der 37-jährige Linkspolitiker aus Athen zu Beginn seines Auftritts in der Bundespressekonferenz in Berlin.

Der Anwalt der ausgebeuteten Griechen

Als neuer Che Guevara, Volkstribun oder Polit-Popstar wird er international beschrieben. Tsipras weist das charmant zurück. Er sei kein Star, sondern nur Anwalt der ausgebeuteten Griechen.

Die Medien sehen das anders. Der Saal mit der berühmten blauen Wand platzt aus allen Nähten. So voll ist es sonst fast nur, wenn die Kanzlerin sich zeigt.

Tsipras spricht frei. Das hat er gelernt, als er vor 20 Jahren in Athen Studentenproteste anführte und flammende Reden hielt. In Berlin ruft er nicht zur Revolution auf. Dafür ist er zu clever. Ein paar Nadelstiche gegen Merkel und den Rest der Euro-Retter, die sein Land vernichten wollten, reichen.

Dazu viel Verständnis für den Frust der deutschen Steuerzahler und der Appell an die "großen Brüder" in der Bundesrepublik, den Sommerurlaub im schönen Griechenland zu verbringen.

Tsirpas' Partei bei bis zu 30 Prozent

Bei den Neuwahlen Mitte Juni könnte Tsipras Bündnis radikaler Linker fast 30 Prozent holen, glauben Meinungsforscher. Als Ministerpräsident müsste ihn Merkel wohl oder übel empfangen. Dieses Mal ist es noch nicht soweit. Tsipras bedauert, dass die CDU sein Gesprächsangebot ausgeschlagen habe. V

ielleicht habe Merkel ja ein schlechtes Gewissen. Er hoffe, dass beim EU-Sondergipfel die Mächtigen ihre Fehler einsähen. Tsipras meint damit die Kanzlerin. Fast ein bisschen schadenfroh klingt er, als er seine Sichtweise vorträgt, mit der Abwahl von Merkels Intimus Nicolas Sarkozy sei die deutsch-französische Achse gebrochen.

"Das Medikament absetzen"

Europas Chefärztin Merkel habe dem Patienten Griechenland einfach die falsche Therapie verordnet. Noch mehr Sparen werde den nächsten Schock auslösen. "Die Lösung ist nicht, die Dosierung zu erhöhen, sondern das Medikament abzusetzen."

Und was würde der Wunderheiler Tsipras anders machen? Darauf gibt der Grieche keine konkreten Antworten. Strukturreformen seien schon wichtig, die Wasserköpfe in der Verwaltung müssten weg, vielleicht mehr Wind- und Sonnenstrom verkaufen, lautet sein vages Rezept.

Im Euro-Club will Tsipras unbedingt bleiben - sonst würden auch keine Milliardenhilfen mehr fließen. "Wir sind nicht Mieter der Euro-Zone, wir sind gleichberechtigte Partner", verkündet er trotzig. Wie das bei einer Kündigung der Reformzusagen gehen soll, behält der Gast aus Athen für sich. "Wir wollen die Katastrophe verhindern. Wir haben einen Plan B!"

APA/dpa