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Herzkranker Ex-Linzer nimmt Defi raus, kickt wieder

Einst war er ein umjubelter Spieler, nun kickt er in den Niederungen des Amateurfußballs. Raphael Dwamena lässt sich den Defibrillator entfernen.
20 Minuten
13.09.2022, 08:08
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Ob 2. Liga interregional, Super League oder Spanien – er schießt Tore. Am Samstag war es wieder soweit: Raphael Dwamena traf beim 4:2-Sieg der Old Boys Basel über den FC Mutschellen. Der Mann also, der einst einen Marktwert von knapp sechs Millionen Euro hatte und acht Länderspiele für Ghana bestritt. Seit diesem Sommer steht der 26-Jährige beim Basler Amateurklub unter Vertrag. Zuletzt weilte er für Vertragshandlungen im Ausland, doch Dwamena kehrte ohne einen Verein zurück.

Das Lächeln hat er dennoch nicht verloren. Der Fußballer ist voller Zuversicht. "Mir geht es gut, Gott sei Dank", sagt er zu "20 Minuten". Nicht selbstverständlich. Raphael Dwamena ist erst 26 Jahre jung. Dennoch hat er schon viel mehr erlebt als andere Personen im gleichen Alter. Einst war er ein gefeierter Fußball-Star, schoss den FCZ 2017 mit zwölf Toren zurück in die Super League. Und in dieser traf er zu Beginn weiter wie er wollte. Auch in Ghana, seinem Heimatland, war er ein Held. Bei seinem Länderspieldebüt gelang ihm gleich ein Doppelpack. Was dann folgte, war jedoch Drama pur.

Dann sollte Dwamena in die Premier League wechseln, Brighton wollte im Sommer 2017 den damals 21-jährigen Shootingstar unbedingt verpflichten. Eine Top-Möglichkeit! Doch der Transfer platzte. Beim Medizincheck wurde bei ihm ein Herzfehler festgestellt, die Briten wollten ihn nicht mehr. In Zürich untersuchte man ihn erneut. Und die Ärzte kamen zum Schluss: Dwamena kann Fußball spielen. Sie implantierten ihm einzig einen Recorder, der gefährliche Störungen meldet.

"Für den Klub war das Risiko zu groß"

Und so blieb der Aufstiegsheld in Zürich, schoss insgesamt neun Saisontore. Doch er wusste: Das Leben, seine Karriere wird fortan kompliziert. Dennoch: Nach dem FCZ-Cupsieg 2018 kaufte ihn Levante für rund sieben Millionen Franken. Durchsetzen konnte er sich aber nicht, er wurde zu Saragossa verliehen. Und anfangs 2020 ließ er sich einen Defibrillator implantieren – auf Rat von den Ärzten. Es folgte ein Wechsel nach Dänemark zu Vejle.

Aber auch in Nordeuropa war ihm das Glück nicht hold. Auch, weil er zum ersten Mal zusammenbrach. Der Defibrillator schlug an und da die Elektroschocks so schmerzhaft waren, ging Dwamena zu Boden. Der Dänen-Klub setzte ihn in der Folge nicht mehr ein. Es folgte der Wechsel in die zweite österreichische Liga zu Blau-Weiß Linz. Doch auch hier brach er zusammen – aus dem gleichen Grund wie in Dänemark. Und wie bei Vejle setzten die Verantwortlichen nicht mehr auf den einstigen Star.

"Für den Klub war das Risiko zu groß", sagt der Ghanaer. Groß über seine Herzprobleme will Dwamena gar nicht reden. Auch, weil er sie gar nie merke. Er sagt: "Meinem Herz geht es super." Die Sorge um ihn konnte er nie nachvollziehen: "Andere Fußballer verletzten sich schon schwer, das passierte mir noch nie."

Gilles Yapi stellte Kontakt her

Auch an den zerplatzten Premier-League-Transfer denkt er nicht zurück. Dwamena: "Bei Eriksen haben auch viele Menschen gesagt, dass er nie mehr spielen wird. Und jetzt ist er bei Manchester United." Es komme alles gut. Dann sagt er: "Ans Aufhören habe ich nie gedacht. Ich bin ein gläubiger Mensch, ich habe Vertrauen in Gott. Er hat einen Plan mit mir. Wenn Gott mir sagt, dass ich aufhören muss, dann höre ich auf."

Und so ist für den ehemaligen ghanaischen Nationalspieler klar: Er will auf dem Fußballplatz stehen. In diesem Sommer boten ihm die Old Boys die Möglichkeit dazu – ohne einen großen Lohn. "Gilles Yapi hat den Kontakt hergestellt", erzählt er. Yapi war sein Captain beim FCZ und nun Trainer der Old Boys. Dwamena ist auch im Haus des Ex-Profis in Sissach (BL) untergekommen.

"Wenn was passiert, bin ich schuld"

Wie lange er bei den Old Boys bleibt? Unklar – die letzten Verhandlungen brachten, wie erwähnt, keinen Erfolg. Sicher ist: Dwamena will seine Karriere neu lancieren. Der Fußballer nimmt Schritt für Schritt.

"Schauen wir mal", meint er zu "20 Minuten". Ja, man darf also gespannt sein. Das Abenteuer Zukunft wird er jedenfalls ohne Defibrillator und Recorder bestreiten. Diese ließ er sich nach knapp zwei Jahren wieder entfernen. Er hatte kein Vertrauen mehr in die Technik. Dwamena sagt: "Ich nehme das ganze Risiko auf mich. Wenn was passiert, bin ich schuld."

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