Wien

"Heute" fischte in Wien Roadrunner aus dem Verkehr

Die Triester Straße ist eine beliebte Strecke für illegale Straßenrennen am Wochenende. "Heute" war bei einer Aktion scharf der Stadt dabei.

Claus Kramsl
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Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) war beim Roadrunner-Schwerpunkt der Polizei und der Stadt Wien bei der Triester Straße dabei. Major Gabriel Berkes leitete die Aktion.
Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) war beim Roadrunner-Schwerpunkt der Polizei und der Stadt Wien bei der Triester Straße dabei. Major Gabriel Berkes leitete die Aktion.
PID/Füthner

Freitagabend 21.30 Uhr, auf einer versteckten Nebenstraße der Triester Straße in Wien-Favoriten: Nach bereits erfolgreicher "Jagd" auf Roadrunner, Auto-Tuner und Alkolenker am frühen Abend in der Nähe der Filmteichstraße schlagen Wiener Polizei  und das Büro für Sofortmaßnahmen der Stadt hier ihre Zelte auf. Auch der mobile Prüfbus der MA46 (Abteilung für Verkehrsorganisation der Stadt Wien) samt Kfz-Spezialisten sowie ein Schnellrichter sind vor Ort. Bis drei Uhr Früh werden Polizei und Mitarbeiter der Stadt hier Autos und ihre Lenker kontrollieren, die von anderen Beamten wegen zu hoher Geschwindigkeit, auffälliger Fahrweise oder offensichtlich illegaler Umbauten am Fahrzeug von der Straße gefischt wurden.

Beim ersten "Kunden" des Abend handelt es sich um einen weißen Fiat 500 Abarth. Die süße "Rennsemmel" bringt schon ab Werk bei knapp über einer Tonne Gewicht bis zu 190 PS auf die Straße. Die Beleuchtung ist nicht in Ordnung, was einen schweren Mangel darstellt. Der junge Lenker und sein Beifahrer dürfen weiterfahren, müssen den Mangel aber schnellstmöglich beheben.

Porsche Cayenne mit zu lautem "Spruch"

Nach einem bereits etwas altersschwachen Seat Ibiza, der es offenbar gerade noch so zum Pickerl geschafft hatte, steht ein augenscheinlich sportliches Fahrzeug bei der Kontrolle: Ein Porsche Cayenne war den Beamten auf der Triester Straße aufgefallen, weil sein Auto einen etwas zu lauten "Spruch" hatte. Der Lenker ist noch keine 30 Jahre alt. Mehr oder weniger geduldig wartet er darauf, dass sein Bolide von den Prüfern unter die Lupe genommen wird.

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    Roadrunner-Schwerpunkt der Polizei und der Stadt Wien bei der Triester Straße
    Roadrunner-Schwerpunkt der Polizei und der Stadt Wien bei der Triester Straße
    PID/Füthner

    Die Zeit vertreibt man sich unter anderem mit Schmähführen mit den Polizisten. Etwas Nervosität und Ungeduld schwingt bei den betont lässig geführten Gesprächen aber doch mit. Denn eilig darf man es nicht haben, wenn man herausgewunken wurde: Von der Anhaltung bis zur Kontrolle und der Entscheidung, ob überhaupt eine Weiterfahrt erlaubt ist, können durchaus ein bis zwei Stunden vergehen. Denn die Kontrollore der Stadt – allesamt ausgebildete Kfz-Mechaniker – zeigen vollen Körpereinsatz und kriechen für die Überprüfung sogar unter das Fahrzeug.

    Wie sich später herausstellt, passt die Auspuffanlage des Cayenne wirklich nicht, die Lärmentwicklung ist zu groß. Ein schwerer Mangel, der schnellstmöglich behoben werden muss. Aber auch der Porsche-Fahrer darf weiterfahren.

    "Man kennt sich schon"

    "Wie können sich so junge Männer überhaupt Autos leisten, die einen Neupreis rund um 100.000 Euro oder sogar darüber haben?", frage ich einen Polizisten vor Ort. "Das Fragen wir uns selbst auch öfter. Fast immer sind die Autos geleast, die Besitzer hausen in Mini-Wohnungen, um sich die meist mehr als 1.000 Euro monatlich für Rate, Steuer und Versicherung leisten zu können", kommt die Antwort von Major Gabriel Berkes, der den Einsatz am Freitag leitet. Und immer wieder würde man bei den Kontrollen auf "alte Bekannte" treffen. "Man kennt sich zum Teil schon", schmunzelt der erfahrene Beamte.

    Bilanz der Aktion scharf gegen Roadrunner

    Bei der nächtlichen Schwerpunktaktion in der Triester Straße und an anderen Standorten wurden bei neun dem Prüfbus vorgeführten Fahrzeugen insgesamt 47 schwere Mängel festgestellt. Die Polizei stellte im Zuge der Aktion 387 Anzeigen aus, darunter auch für Geschwindigkeitsübertretungen von bis zu 70 km/h (100 km/h in der 30er Zone). Bei zwei Fahrzeugen bestand Gefahr in Verzug, diese wurden aus dem Verkehr gezogen. Weiters wurden neun Führerscheine abgenommen, vier Drogen- und drei Alko-Lenker erwischt. Fünf Autofahrer waren ohne Führerschein unterwegs.

    Es wurden neun Fahrzeuge der Landesfahrzeugprüfstelle (MA 46) vorge- führt, dabei kam es zu insgesamt 91 Anzeigen unter anderem wegen techni- schen Umbauten und Lärmmessungen. Auch ein polizeilicher Schnellrichter nahm an der Schwerpunktaktion teil und stellte acht Strafverfügungen mit einer Gesamthöhe von 2.390 Euro aus.

    Mobilitätsstadträtin machte sich Bild von der Kontrolle

    Auch Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) ist vor Ort: "Die Sicherheit auf Wiens Straßen hat oberste Priorität. Deswegen gehen wir entschlossen gegen die Roadrunner-Szene vor“, so Sima und führt aus: "Wir machen uns auf Bundesebene für Gesetzes-Verschärfungen stark, haben mit anderen Bundesländern eine ‚Task-Force-Raser‘ gegründet, aber auch die Anzahl an Schwerpunktkontrollen in Wien stark ausgeweitet. Vielen Dank an die Mitarbeiter der MA46 und der Polizei, die mit diesen nächtlichen Aktionen für mehr Sicherheit auf unseren Straßen sorgen“, betont Sima gegenüber "Heute".

    Schulterschluss gegen Straßenrowdys

    Auch abseits solcher Schwerpunkaktionen ist die Stadt bereits gegen die umtriebige Roadrunner-Szene aktiv geworden.  Erst Anfang April erfolgte von Stadträtin Sima mit ihren Amtskollegen aus Salzburg und Kärnten ein bundesländerübergreifender „Schulterschluss gegen Straßenrowdys“. In dem präsentierten Maßnahmenbündel wurde mit der Gründung einer Task-Force-Raser die Kooperation zwischen den Bundesländern verstärkt und weitere Verschärfungen gefordert, etwa:

    ➤ Fahrzeug-Beschlagnahme in extremen Fällen von Raserei und besonders gefährlichen Verhaltensweisen

    ➤ Ein einheitliches Bundesverwaltungsstrafregister

    ➤ Verschärfungen gegen Drogen-Lenker*innen

    Über 850 überprüfte Fahrzeuge im ersten  Halbjahr

    Bereits im ersten Halbjahr 2022 wurden im Zuge solcher Schwerpunkaktionen 853 Gutachten erstellt. Durch eine gezielte Vorauswahl der Polizei werden jene Fahrzeuge zur technischen Überprüfung vorgeführt, die in ihrer Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigt erscheinen. Das zeigt auch die Bilanz: Im ersten Halbjahr 2022 wiesen über 92 Prozent der Fahrzeuge schwere Mängel auf oder es lag sogar "Gefahr im Verzug" vor.

    "In schweren Fällen führen unsere Kontrollen direkt zur Kennzeichenabnahme durch die Polizei", erklärt Markus Raab, Leiter der MA 46, zu der auch die Wiener Landesfahrzeugprüfstelle gehört. Knapp 79 Prozent der Gutachten entfallen auf in Österreich zugelassene Fahrzeuge, rund 19 Prozent betreffen Fahrzeuge aus EU-Ländern. Der Anteil von in Drittstaaten zugelassenen Fahrzeugen beläuft sich auf ca. 2 Prozent.