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Hozier: "Man hat mir viel Raum und Zeit gegeben"

Wir haben uns mit dem irischen Sänger über sein kommendes Album, Erfolgsdruck und den Brexit unterhalten.

Heute Redaktion
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Seit seinem Debütalbum und dem Welthit "Take Me To Church" sind mittlerweile vier Jahre vergangen, in denen der 28-jährige Singer/Songwriter aus Irland, der mit vollem Namen Andrew Hozier-Byrne heißt, aber alles andere als untätig war. Vor wenigen Tagen veröffentlichte er den neuen Song "Movement" und künidgte gleichzeitig an, im Frühjahr 2019 sein zweites Album veröffentlichen zu wollen.

Am Mittwoch war Hozier zu Gast im Wiener Gasometer. Vor dem Auftritt nahm sich der 1,96 große, unheimlich sympathische Musiker Zeit, um mit heimischen Medienvertretern über seinen Erfolg, seine Zukunftspläne und auch etwas über Politik zu plaudern.

Heute: Vier Jahre sind nach Ihrem Debütalbum und dem Welthit "Take Me To Church" vergangen. Jetzt gibt es wieder neue Musik. Warum hat es so lange gedauert?

Hozier: Ich denke, ich wollte es einfach richtig machen. Ich wollte die Musik auf die gleiche Art und Weise schreiben wie beim ersten Album. Außerdem war ich für zwei Jahre auf Tour. Man kann natürlich versuchen, schnell viele Hits zu schreiben, aber ich wollte das eigentlich nicht wirklich. "Take Me To Church" war ein ungewöhnlicher Hit, der aus vielen verschiedenen Gründe zum Hit wurde, aber es war ganz sicher kein traditioneller Pop-Hit, den man sonst im Radio zu hören bekommt. Ich wollte deshalb nicht plötzlich Pop-Hits schreiben. Ich wollte die Musik schreiben, die ich schreiben wollte. Und das hat Zeit gebraucht. Zwei von den vier Jahren war ich auf Tour, dann nahm ich mir eine kurze Auszeit, während der ich auch viel geschrieben habe und die letzten zwölf Monate war ich mit den Aufnahme für das kommende Album beschäftigt. Es fühlt sich für viele vielleicht wie eine lange Zeit an, für mich aber nicht.

Heute: Es gab also keinen Druck von der Plattenfirma oder vom Management, nach dem Erfolg sofort nachzulegen.

Hozier: Druck wird eigentlich fast immer von einem selber erzeugt. Man befindet sich immer im Wettkampf mit einem selber. Ich wollte einfach Musik schreiben, die immer noch ehrlich ist und sich auszahlt. Musik die ich selber wollte. Ehrlich und organisch, das war mir wichtig. Man hat mir sehr viel Raum und Zeit gegeben, an der neuen Musik zu arbeiten.

Heute: Vor zwei Monaten haben Sie die EP "Nina Cried Power" veröffentlicht. Stammen die vier Songs darauf aus dem Schreibprozess für das neue Album?

Hozier: Sicher, ich sehe die EP schon als eine Art Appetithäppchen für das, was da noch an Material kommen wird. Einige der Titel werden wahrscheinlich auch am Album zu hören sein. Ich hab eine ganze Menge Material aufgenommen, es war also angenehm, sie mit den Fans teilen zu können. Ich war lange weg und die Fans haben lange genug auf neue Musik gewartet.

Heute: Im Frühjahr 2019 kommt nun endlich Ihr zweites Album heraus. Die nun vorab veröffentlichten Songs sind alle sehr unterschiedlich. Ist das etwas, was die Fans vom Album erwarten können?

Hozier: Ja, es wird sehr vielseitig. Sehr viele verschiedene Stilrichtungen. Einige beruhen auf der Folk-Tradition, andere kommen aus einer blusigeren Richtung oder aus dem Rock'n'Roll. Alle werden durch verschiedene Themen lose verbunden sein, dennoch wird es sehr vielseitig werden.

Heute: Auf "Nina Cried Power" gibt es mit Mavis Staples eine Gastsängerin. Wartet das neue Album mit weiteren Gastmusikern auf?

Hozier: Ich kann noch niemand bestätigen. Booker T. Jones ist ein berühmter Organist. Er spielt fast auf dem ganzen Album seine Hammond-Orgel. ER hat schon mit Otis Redding oder Sam Cooke gespielt. Er ist eine Soul-Legende. Weitere Gastsänger kann ich allerdings noch nicht bestätigen.

Heute: Die "Irish Times" hat Ihren neuen Song "Movement", der vor wenigen Tagen erschienen ist, folgendermaßen charakterisiert. "Hozier entfesselt seine innere Celine Dion". Sind Sie mit dem Vergleich zufrieden?

Hozier: Celine Dion und Movement? Das hätte ich nicht gedacht. Ohne Zweifel ist Celine Dion eine großartige Sängerin. Der Vergleich überrascht mich wirklich. Ich nehme das als Kompliment.

Heute: Der Balletttänzer Sergej Polunin spielt im Video zu "Movement" die Hauptrolle. Wie kams dazu?

Hozier: Er verleiht dem Balletttanzen einen Hauch von Rock'n'Roll. Er ist ein unglaublicher Künstler. Er lebt und atmet seine Kunst. Man erkennt das auch in der Art und Weise, wie hingebungsvoll er seine Kunstform ausübt. Sein Video von David LaChapelle war wunderschön und beim Schreiben von "Movement" hab ich ein bisschen Sergej im Hinterkopf gehabt. Als wir dann das Video dazu geplant haben, wurde er kontaktiert. Es war verdammt schwer, ihn zu bekommen. Er ist ein schwer beschäftigter Mann. Wir schickten ihm den Song und unsere Ideen, dann haben wir das Video in zwei Tagen in London gedreht. Er reist mehr herum als ich. Einen Tag ist er in der Ukraine, dann in der Schweiz oder in Österreich bei einem Auftritt. Er steht vor Royals auf der Bühne und dann bringt er Kindern das Tanzen bei. Es ist beeindruckend.

Heute: Der Titelsong der EP ergibt gemeinsam mit dem Musikvideo eine starke politische Botschaft. Sehen Sie sich selber als politischer Mensch?

Hozier: Als politischen Menschen, ja sicher. Ich bin von der weltweiten Politik fasziniert, dort wo Politik und persönliche Erfahrungen aufeinandertreffen. Wie das dann den Weg in die Musik findet... vielleicht durch meine Liebe zur Folk-Music. Alles, was die Menschen da draußen irgendwie im persönlichen Leben beschäftigt, ob es nun finanzielle Probleme sind, und man die Miete nicht mer zahlen kann, die Kleidung die man trägt, ist irgendwie auch mit der Politik verbunden. Allein das Erzählen von Geschichte von Menschen sind da in der Folk-Musik liebevolle Dokumente. Woody Guthrie, Nina Simone, ihre Songs sind historische Dokumente, die auch politische Bedeutung innehaben. In dieser Hinsicht bin ich ebenfalls an der Politik interessiert. Wo sich persönliche Erfahrung und Politik treffen.

Heute: Sie als Ire haben doch sicher auch eine Meinung zu Brexit?

Hozier: Unbedingt. Das ist momentan schon eine ganz spannende Angelegenheit. Es gibt mit Sicherheit vieles, das ich dazu sagen könnte, und auch viel, das ich für mich behalte. Für mich ist das Karfreitagsabkommen (damit wurde 1998 dem Jahrzehnte dauernden, gewalttätigen Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland ein ende gesetzt, Anm.) am wichtigsten, das der in den Gemeinden in Nordirland weiterhin Bestand hat. Die Wichtigkeit davon kann nicht genug betont werden. Das Beibehalten einer "sanften Grenze" zwischen Irland und Nordirland spielt da eine große Rolle. Der ganze Rest vom Brexit ist faszinierendes politisches Theater.