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Ich lebe ab heute vegan! ... aber wie? ...

Gerade in der Fastenzeit könnte man den veganen Lebensstil einfach einmal ausprobieren. Wir haben hier ein paar Tipps für den Umstieg.

Christine Kaltenecker
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"Vegan" leben zu wollen, ist ein nobles Ziel. Doch womit beginne ich? <br>
"Vegan" leben zu wollen, ist ein nobles Ziel. Doch womit beginne ich?
Getty Images/iStockphoto

Es ist noch nicht so lange her, dass Personen in Gasthäusern schief angesehen wurden, wenn sie nach einem veganen Gericht auf der Karte fragten. "Vegan, was"? Meistens wurde vom veganen Gast dann eine Portion Pommes Frites bestellt, oder ein grüner Salat mit Essig und Öl, um der langen Diskussion zu entgehen. Mühsam. Heutzutage gibt es sogar schon beim Wald- und Wiesenheurigen zumindest ein leckeres Brot mit Hummus, die Supermärkte erweitern täglich die veganen Angebote und vegane Restaurants schießen wie Schwammerl aus dem Boden. (Mhm... Schwammerl)

Vegan als Selbsttest

Unsere Tierredakteurin Christine Kaltenecker lebt seit sieben Jahren vegan und war davor bereits mit 13 Jahren Vegetarier. Sie kann sich noch genau an den Auslöser für das Beenden ihrer Fleischesser-Ära erinnern. "Es gab einen Artikel in einer Zeitschrift, ich glaube es war im 'Profil', wo ein Biobauer aufgedeckt wurde, der seine Schweine zu furchtbar grausamen Bedingungen gehalten hat, mit einem kleinen, halbtoten Ferkelchen am Cover", erzählt sie. Ab dem Zeitpunkt war sie sehr lange Vegetarier, bis sie auch die nächste "Hürde" nehmen wollte. "Es war eigentlich ein Selbsttest. Ich wollte wissen, wie sehr mir Milchprodukte wie Käse oder mein geliebter Vanilletraum von Schärdinger abgehen würden."

"Ich war damals sowieso schon das schwarze Schaf in der Familie, weil ich das Sonntagsschnitzel vom Teller verbannte, also konnte ich ruhig einen Schritt weiter gehen", so Christine. "Damals verstand ich schon, dass die Veganer als 'Körndlfresser' bezeichnet wurden. Ich brauchte für einen Billa-Einkauf von fünf Artikeln meistens eine halbe Stunde, weil ich mir alles genau durchlesen und die Zusatzstoffe googeln musste. Das "Vegan"-Siegel gab es da noch nicht und ich nahm die erste Zeit auch ein paar Kilos ab, weil ich durch Unwissenheit oft echt nur einen Sack Karotten gegessen hab", lacht sie. 

Einsteiger-Tipps einer Vegangerin

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Klein anfangen

Christine sagt von sich selbst, dass sie zu Beginn sehr viele "Fehler" gemacht hat. Denn, der vegane Lebensstil ist in der Umsetzung manchmal recht tricky. Er beginnt beim Essen, zieht sich durch Kosmetik und Medikamente bis hin zur Kleidung und auch Einrichtung.

"Ich bin kein militanter Veganer, der den Tisch verlässt, wenn sich jemand einen Schweinsbraten bestellt und mit dem Zeigefinger wedelt um andere von seiner Entscheidung zu überzeugen", sagt sie. Sie begann schrittweise und hat sich nach und nach in die Materie eingelesen und auch ausgeschlossen was für sie nicht in Frage kommt. "Ich bin eine begeisterte Sängerin und verzichte deshalb nicht auf Honig".

"Ich glaube, viele trauen es sich einfach nicht zu, weil es oft sehr kompliziert erscheint", meint unsere Redakteurin. "Jeder sollte für sich und seinen Alltag das Beste rausholen und einfach mal im Ausschlussverfahren testen, was machbar ist und was nicht". Das können zu Beginn auch mal zwei vegane Tage in der Woche sein.

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Keine Angst vor Appetit

Keine Sorge. NIEMAND klopft dir auf die Hand, wenn sie im Kühlregal mal zum leckeren Brie wandern. Kauf ihn und iss ihn mit Genuss. Na und? "Beim Käseersatz sind die veganen Produkte nur halb so cool", gibt Christine offen zu. Sie isst ihn zwar nicht und hat mittlerweile in ihrem Kopf eine mentale Schranke, aber sie kann es duchaus verstehen, dass hier der Verzicht hoch erscheint. "Psssscht! Ich gönne mir alle drei Monate auch einmal ein weiches Ei von den unbefruchteten Hühnern meiner Tante, wo ich weiß, dass sie alle an Altersschwäche sterben werden - und es schmeckt sooooo gut!"

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Das "Aha"-Erlebnis ausnützen

Viele Gerichte, die wir allwöchentlich zu uns nehmen sind bereits vegan nur keiner weiß es - vor allem die Omis kamen in der Nachkriegszeit ohne Eier, Milch und Butter aus. Von Fleisch und Fisch will man gar nicht reden:

1) Nockerl: Wer sagt schon das ins Nockerl ein Ei gehört - in Omas Traditionsküche handelt es sich um sogenannte "Wasserspatzen" = Mehl, Salz und Wasser.

2) Eingebrannte Linsen: Linsen kochen, Einbrenn' machen = Öl und Mehl, manche geben noch gerne Knoblauch für dieses Gericht dazu. Mischen. Fertig ist der pflanzliche Eiweißlieferant.

3) Grenadiermarsch: Kartoffeln, Zwiebeln, Öl und Nudeln (beinahe alle Nudeln der Marke 'Barilla' sind vegan - italienische Pasta besteht fast immer nur aus Hartweizengries und Wasser)

4) Kartoffelgulasch: Mehlige Erdäpfel, Zwiebeln, Wasser, Paprika, Mehl, Gewürze = vegan!

Und mit dem tollen Angebot an pflanzlicher Milch, Butter etc. ist das vegane Kochen wirklich keine Kunst.

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Lass dich nicht aus dem Konzept bringen

Der vegane Lebensstil kann durch viele Gründe entstehen. Unsere Redakteurin beispielsweise fühlt sich einfach den Tieren zu verbunden, um sie essen oder melken zu wollen. Deshalb versteht sie auch die Sticheleien nicht, die mit Sicherheit immer kommen werden: "Wieso isst du vegane Würstln oder Fleischersatzprodukte?". Sie reagiert sehr abgeklärt auf solche Fragen: "Weil es mir nie um den Geschmack ging. Ich liebte bis zu meinem 13. Lebensjahr Backhendl", oder "weil ich Senf liebe, esse ich vegane Bratwurst".

Schiebe die gut gemeinten Meinungen einfach beiseite und folge deiner Überzeugung. Und wenn deine Überzeugung lautet, dass du auf Fleisch, Fisch und Milch gerne verzichtest, aber im Urlaub eine "Joker-Woche" einlegst und dir die Meeresfrüchte-Platte gönnst, dann ist auch das in Ordnung. Und wenn du zu Weihnachten die teuren Leder-Adidas bekommst, weil man hier noch nicht von deiner Umstellung wusste, dann trag' sie bitte. Es ist nicht wichtig von heute auf morgen einen Schalter umzulegen - nur das Bewusstsein zählt!

Jeder kann sein Quäntchen dazu beitragen, Tierleid zu verringern und der Umwelt etwas Gutes zu tun und wie heißt es so schön? Auch Kleinvieh' macht Mist.