Österreich

In Wien sitzen in Integrationsklassen bis zu 30 Schüler

Glattauer gibt Noten. Heute: "Volle Klassen, frustrierte Lehrer". "Warum die Ziffernnoten weg gehören" und "Es ist gut, wenn man genügend kann".
Niki Glattauer
10.09.2023, 16:41

"Bestmöglich": volle Klassen, frustrierte Lehrer

Blutgeld – oft ist es nur ein Wort, das Bände spricht. Auch im Mikrokosmos Schule. So versuchte Wiens Bildungsdirektor, negative Folgen für Kinder durch den Lehrermangel kunstvoll so zu verneinen: "Jedes Kind bekommt den bestmöglichen Unterricht." Wie bestmöglich in der Praxis aussieht, zeigen mir Mails von der Front.

• Überfüllte Klassen: In Wien sitzen sogar in hochheiklen Integrationsklassen bis zu 30 Schüler (Adressen bekannt) – für die Kinder absolut unzumutbar!

• Überfordertes Personal: In NÖ (Schule bekannt) bekam eine Einsteigerin eine "Spezial-Gruppe" umgehängt: "Autisten, Schüler mit Aggressionsstörungen, alles Kinder, die aus regulären Klassen entfernt wurden, und ich habe nicht die geringste Ausbildung dafür."

Schulernst beiseite. Indien nennt sich jetzt wieder Bharat, der Kolonialname India wird, las ich, abgelehnt. Ob sich, da es originale Indians also nicht mehr gibt, First Americans künftig doch Inder nennen lassen ;-) ?

„Note: Nicht gut“

Glattauer gibt Noten
Niki Glattauer war 25 Jahre Lehrer und Schuldirektor in Wien. Er hat bisher 13 Bücher veröffentlicht, alle zum Thema Schule wurden Bestseller. Jeden Montag vergibt er in einer Kolumne für "Heute" Schulnoten.

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Warum die Ziffernnoten weg gehören ...

Nachdem sich die Aufregung um den versuchten heimtückischen Noten-Raub Andi Bablers an unseren Schülern wieder gelegt hat, hier mein Senf dazu: Die rote Bildungssprecherin Petra Tanzler liegt mit ihrem Ansatz, in Volksschulen die Noten abzuschaffen, natürlich richtig. Zumal es nicht darum geht, die Leistung abzuschaffen, auch nicht das Beurteilen von Leistung, Fleiß, Fortschritt – sondern nur die fünf Ziffernnoten, die wenig aussagen (Notenwahrheit gibt es nicht) und viel ruinieren können: den Mut zu Versuch & Irrtum, Freude am Lernen, Selbstwert.

Der Kinderpsychiater und Schriftsteller Paulus Hochgatterer sagte einmal im "Standard": "Ziffernnoten und Sitzenbleiben machen Angst und Scham. Wenn man Menschen haben will, die stumm werden und sich ducken, wenn von oben herab jemand laut spricht, Menschen, die auf Befehl strammstehen und Parolen nachbrüllen, dann soll man möglichst früh anfangen, Kinder zu ängstigen und zu beschämen." Tja.

„Note: Sehr gut“

Es ist doch gut, wenn man genügend kann

Und weil wir schon dabei sind: Allein die Namen für unsere fünf Noten sind ein Murks. Beispiel "Genügend". Warum wird die zweitschlechteste Leistung so benannt? Ist doch gut, wenn man so viel kann, dass es (sogar gestrengen Lehrern) genügt. Oder das "Befriedigend". Hat ein "Befriedigend" jemals jemanden befriedigt? Es ist kein Zufall, dass das "Befriedigend" in dieser Kolumne praktisch nie vergeben wird.

Was befriedigt, ist ja in Wahrheit gut oder sogar sehr gut. Was also nicht mindestens gut ist, müsste "Unbefriedigend" heißen. Wenn man mich fragt, stünde ein solches am Ende der Notenskala, und zwar statt des unseligen "Nicht genügends", das Kindern, vor allem den kleinen, mehr schadet als nutzt. Ich persönlich käme ja mit vier Noten aus: "Sehr gut" - "Gut" - "Nicht gut" - "Echt jetzt?" Wäre im Zeugnis halt noch gewöhnungsbedürftig.

„Note: Unbefriedigend“
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