Politik

Interview mit Van der Bellen live auf Facebook

Heute Redaktion
Teilen

9 Uhr, DC-Tower: Der große Polit-Talk mit Alexander Van der Bellen fand live am höchsten Gebäude Österreichs statt. Das Interview, bei dem Fragen der "Heute"-Leser gestellt wurden, wurde zehn Minuten lang live auf Facebook übertragen, rund 600 User haben den Talk mitverfolgt.

9 Uhr, : Der große Polit-Talk mit  Alexander Van der Bellen  fand live am höchsten Gebäude Österreichs statt. Das Interview, bei dem Fragen der "Heute"-Leser gestellt wurden, wurde zehn Minuten lang live auf Facebook übertragen, rund 600 User haben den Talk mitverfolgt.

Hunderte Fragen von "Heute"-Lesern sind in den letzten Tagen in der "Heute"-Redaktion eingetrudelt. , während Hunderte User live dabei waren.

 

"HEUTE": Die erste Frage kommt von Rene Knatt aus Niederösterreich. Was hätte sich konkret bis zum 31.12. dieses Jahres verändert, wenn Sie die Wahl als Sieger für sich entscheiden konnten? Gibt es da etwas ganz konkretes, dass Sie heuer vorhaben zu ändern, sollten Sie Bundespräsident werden?

 

Van der Bellen: Ich glaube, die Regierung zu mir zu bitten oder auf jeden Fall die Regierungsspitzen, einschließlich Finanzminister und mir vorzuschlagen, was ist das konkrete Programm, was sind die konkreten Projekte bis zum Herbst 2018. Da sind ja spätestens die Nationalratswahlen. Und ein Hauptpunkt ist sicherlich die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Österreich. Wir haben 400.000 bis 500.000 Arbeitslose, das ist der höchste Stand seit Bestehen der zweiten Republik. Das muss nicht sein. Wir brauchen eine neue, wirtschaftliche Dynamik, wir brauchen mehr Wirtschaftswachstum, wir brauchen mehr junge Unternehmen, Neugründungen von Unternehmen, dort entstehen die wesentlichen, neuen Arbeitsplätze. Ich bin ganz optimistisch, dass ich auch einen Vorteil habe, weil ich ja an sich Wirtschaftswissenschaftler bin, 30 Jahre an der Uni war und in sofern leicht tue, auch mit den Leuten aus dem Wirtschaftsforschungsinstitut und anderen dieses Gespräch zu führen.

 

"HEUTE": Daher meine ganz kurze Nachfrage: Als Ökonom können Sie ja der Bundesregierung mit einem neuen Bundeskanzler - darauf werden wir noch zu sprechen kommen – ja vielleicht sehr schnell ein paar Assets geben, wie man in den nächsten Wochen, in den Monaten nach der Wahl am 22. Mai oder nach der Angelobung am 08. Juni die Konjunktur ankurbeln kann. Gibt es da etwas Konkretes? Haben Sie einen Plan, den Sie der Bundesregierung vorlegen können?

 

Van der Bellen: Man muss unterscheiden zwischen dem was in Österreich möglich ist und was auf der europäischen Ebene außerdem noch zu tun ist. Ich glaube in den letzten ein, zwei Jahren sind die Prioritäten nicht richtig gesetzt worden. In den letzten zwölf Monaten überschattet das Flüchtlingsdrama, das sich abgespielt hat. Das ist schön und gut, dass es so viel Aufmerksamkeit bekommen hat, aber jetzt müssen wir uns wieder den wirtschaftspolitischen Kernaufgaben widmen. Nur ich bin ganz optimistisch, dass mit der, sagen wir - neuen Bundesregierung ist vielleicht zu viel gesagt, wir wissen ja nicht was sich alles ändert, aber auf jeden Fall der Kanzler wird sich ändern – bin ich ganz optimistisch, dass wir hier gemeinsam auf grüne Zweige kommen. Wobei das Grün jetzt nur eine Redewendung ist.

 

"HEUTE": Okay! Die nächste Frage von Bruno Mittermaier auch aus Niederösterreich, Pillichsdorf: Wie stehen Sie zur direkten Demokratie, nachdem zum Beispiel der Bundeskanzler und der Vizekanzler erklärt haben, Abkommen, Freihandelsabkommen, CETA, TTIP in keinem Fall einer Volksabstimmung zu unterziehen, aber ein Großteil der Bevölkerung bei wichtigen Themen, zum Beispiel Grenzzäune, Spekulationsverbot mit Steuergeldern mitbestimmen möchte? Nämlich auch zwischen den Wahlen, nicht nur zu den Wahlen. Ist es Ihnen ein Anliegen, die direkte Demokratie zu fördern oder sind Sie ein Verfechter der repräsentativen Demokratie?

 

Van der Bellen: Ich finde, man soll nicht diesen Gegensatz konstruieren. Ich finde Bürgerbeteiligung sehr wichtig, gehört auch ausgebaut auf allen Ebenen – lokal, regional und auch auf der staatlichen Ebene. Große Projekte zum Beispiel, die ohne Bürgerbeteiligung durchgezogen werden, bekommen nachher die Probleme. Daher ist es besser das im Vorfeld zu klären, durch Information, Meetings, usw. Also es muss nicht immer gleich eine Abstimmung sein. TTIP ist ein Sonderfall in sofern für mich, weil sich die Frage der Volksabstimmung gar nicht stellen wird. Da bin ich mir sehr sicher, weil Stand jetzt bei diesen Verhandlungsstatus so lange die Lebensmittel- und Landwirtschaftsfrage nicht geklärt ist, bekommt das Parlament nie eine Mehrheit. Daher erledigt sich sozusagen die Frage der Volksabstimmung. Das ist alles sehr gut, aber ich muss schon dazusagen, direkte Demokratie soll nicht dazu führen, in meinen Augen, die repräsentative Demokratie, die gewählten Abgeordneten im Parlament - um das ganz deutlich zu sagen – auszuhebeln. Die müssen ihre Verantwortung wahrnehmen. Also das, finde ich, kann es nicht sein. Und beim Herrn Hofer habe ich den Eindruck, wenn er direkte Demokratie sagt, dann meint er in Wahrheit die sogenannte plebiszitäre Demokratie, wo man das Parlament aushebelt durch ständige Volksabstimmungen.

"HEUTE": Also Sie meinen, das meint er auch, wenn er sagt das Schweizer Modell?

 

Van der Bellen: Schweizer Modell schön und gut. Die Schweizer haben ihre Erfahrungen damit, die wir nicht haben. Ich finde in einigen Fragen sind die Schweizer zu weit gegangen. Die haben auch abgestimmt über Fragen von Menschenrechten und Religionsfreiheit und das geht zu weit.

 

"HEUTE": Was sind die Bereiche, um auf die ebengestellte Frage zurückzukommen, was ist etwas, wo man Volksabstimmungen häufiger, oder Volksbefragungen durchführen könnte?

 

Van der Bellen: Unbefriedigend ist sicher die Situation mit den Volksbegehren. Das wissen wir seit Jahren, dass das unbefriedigend ist. So und so viel tausend Leute unterschreiben ein Volksbegehren und dann muss man den Eindruck haben, es wird irgendwo versenkt. Also so geht das nicht! Da müsste man sich schon die Ergebnisse vom letzten Verfassungskonvent, das ist auch schon wieder zehn Jahre her anschauen und überlegen, was man davon übernehmen kann.

 

"HEUTE": Was anderes: Wir erleben einen TV-Wahlkampf, einen Medienwahlkampf. Ich glaube Sie selber werden kaum zählen können, wie viele Interviews Sie gegeben haben und wie viele Duell-Situationen Sie hatten. Was ist die meistgestellte Frage?

 

Van der Bellen: Die meistgestellten Fragen sind solche, die sich gar nicht so sehr auf das Amt des Bundespräsidenten beziehen. Sondern tagespolitische Fragen oder Detailfragen, die interessant sind, das ist ja nicht der Punkt, sondern wo die Rolle des Bundespräsidenten entweder überschätzt wird oder nicht richtig eingeschätzt wird. Also Details, wie Mindestsicherung oder sonstige tagespolitische Aktivität. Die Rolle des Bundespräsidenten ist vor allem die Republik nach außen hin zu repräsentieren, gut zu repräsentieren und nach innen eine verbindende, verbindliche Rolle wahrzunehmen, die das gemeinsame in den Vordergrund stellt und nicht das trennende, das polarisierende. Das und insbesondere das, was die Vertretung nach außen betrifft glaub ich entscheidende Vorteile zu haben gegenüber meinem Konkurrenten.

 

"HEUTE": Da gab es einen Satz vorigen Sonntag in der Duell-Situation, die Ihr Kontrahent Norbert Hofer gesagt hat. Nämlich: „Sie haben die  Hautevolee und ich habe die Menschen, hat er gesagt“ Schmerz sowas, wenn er so etwas sagt? Weil Künstlerinnen und Künstler, Unternehmer sich klar degradieren. Klar für Sie, Sie sind der Führende was das Personen-Komitee angeht. Sie sind auch in den Umfragen bis zum ersten Wahltag vornegelegen und Favorit gewesen. Schmerz Sie so etwas, wenn er so etwas sagt? Wie sehen Sie das?

 

Van der Bellen: Ich finde es eine Absurdität  sondergleichen. Erstens: Wirtschaftstreibende, Kulturschaffende, Künstler nicht als Menschen anzusehen, sondern nur die, die hinter Herrn Hofer stehen, ist schon eine Schweinerei. Zweitens: Was heißt Hautevolee? Das ist eine Art von Schickeria, das ist ein abwertender Begriff. Ich kann nur sagen, Christine Nöstlinger zum Beispiel, ist Ihnen ein Begriff, die bekannte Kinderbuchautorin, viele von uns oder unsere Kinder und Enkelkindern sind mit ihr aufgewachsen, die ist zum Beispiel in meinem Personen-Komitee. Das ist Hautevolee, das ist ja lächerlich. Es sind viele Politiker darunter, ja, von ÖVP, SPÖ, vom liberalen Forum, zwei ehemalige ÖVP-Parteivorsitzende, nämlich Josef Riegler und Josef Pröll, von der SPÖ sowieso, von Michael Häupl abwärts sozusagen.