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Japans Firmen wollen "Pflicht-Schoko" verbieten

Heute Redaktion
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Am Valentinstag wird in Japan von Frauen erwartet, dass sie ihren Arbeitskollegen Schokolade schenken. Der Brauch führt häufig zu Missverständnissen – darum soll jetzt Schluss sein.

Japanische Schokoladenhersteller erwirtschaften am 14. Februar die Hälfte ihres Jahresumsatzes. Nun wollen aber viele Firmen ihren Angestellten verbieten, Schokolade zu verschenken. Nicht nur, weil es für die Mitarbeiter eine teure Angelegenheit ist – oftmals kommt es beim Verschenken von "Pflichtschoko" zu peinlichen Fehlschlüssen.

Anders als in den meisten anderen Ländern ist es am Valentinstag in Japan nicht nur üblich, dass man seinen Lieblingsmenschen beschenkt, sondern praktisch die halbe Bürobelegschaft. Der Brauch geht auf die frühen Fünfzigerjahre zurück. Und auf einen Übersetzungsfehler.

Um die vom Zweiten Weltkrieg angeschlagene Wirtschaft anzukurbeln, führte ein führender japanischer Schokoladenhersteller den Brauch des Valentinstages auf der Insel ein. Doch der Chef der Firma – so wird heute angenommen – war der englischen Sprache nicht ganz mächtig, weswegen er unter seinen Landsleuten den Irrglauben verbreitete, dass an diesem Tag nur Frauen Männer beschenken würden, dafür aber alle, mit denen sie täglich Umgang haben.

Potenzial für peinliche Situationen

Seither geht der Valentinstag besonders bei Frauen mit Büroarbeit und vielen Kollegen mächtig ins Geld. Mehrere Hundert Euro kosten die unfreiwilligen Schokoladengeschenke, die treffend "giri-choco" ("Pflichtschokolade") genannt werden, wie "Japan Today" schreibt.

Doch damit nicht genug, denn die Abwägungen, welche Männer nun zum Kollegenkreis zu zählen sind, bergen Potenzial für peinliche Situationen. Schließlich möchte man niemanden vergessen – jedoch auch keinen Mitarbeiter oder Vorgesetzten beschenken, mit dem man kaum je zu tun hat.

"Pflichtschokolade" oder "Favoritenschokolade"?

Wirklich problematisch wird das Ganze aber dadurch, dass es in Japan nicht üblich ist, eine Karte oder eine persönliche Notiz zu den Süssigkeiten zu packen. Also lässt sich einzig über die Menge und Qualität der Schokolade unterscheiden, ob es sich bei einem Geschenk um "giri-choko" handelt oder doch um "honmei-choko". Letztere, abgeleitet vom japanischen Wort für "Favorit" oder "Liebling", gibt es am Valentinstag nämlich auch. Damit wird die oder der Auserwählte beschenkt.

Hier kann es am kommenden Donnerstag in Japan wieder peinlich werden, nämlich dann, wenn der Beschenkte die "Pflichtschokolade" als "Favoritenschokolade" interpretiert und fortan annimmt, die Arbeitskollegin habe sich verliebt. Oder aber umgekehrt dann, wenn ein Auserwählter das Geschenk nicht richtig deutet und gar nicht merkt, mit welchen Gefühlen es an ihn herangetragen wurde.

Verbot von Pflicht-Schokolade

Das alles birgt die Gefahr, dass der Valentinstag zum Frusttag wird. So verwundert es nicht, dass viele Firmen unter ihren Angestellten neuerdings ein Verbot von "Pflichtschoko" einführen. Selbst der landesweit größte Schokoladenhersteller "Black Thunder" hat in einem ganzseitigen Zeitungsinserat angekündigt, sich fortan von diesem bald 70 Jahre alten Brauch zu verabschieden. Wobei man davon ausgehen darf, dass es sich dabei um eine raffinierte Werbekampagne handelt.

So oder so, der nächste große Schokoladentag steht ohnehin vor der Tür: Seit 1977 kennt Japan als Antwort auf den Valentinstag den Weißen Tag ("Howaito dee", aus dem Englischen). An dem von einem Konditor erfundenen Feiertag dürfen (respektive: müssen) sich die Männer revanchieren. Auch hier gibt es "Lieblingsschokolade" und "Pflichtschokolade". Das Potential für Peinlichkeiten bleibt vorerst also erhalten. (mat)