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Hund bewahrt Installateur vor 50 Jahren Gefängnis

Joshua Horner war wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Doch das angebliche Opfer hatte gelogen, wie ein schwarzer Labradormischling zeigte.

Heute Redaktion
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Der Installateur Joshua Horner aus Redmond, Oregon, war im April letzten Jahres zu 50 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht war zum Schluss gekommen, dass er eine Minderjährige sexuell missbraucht hatte. Einer belastenden Aussage des namentlich nicht genannten Opfers zufolge hatte Horner den Hund der Jugendlichen erschossen, um sie einzuschüchtern und vor einem Gang zur Polizei abzuhalten.

Sie habe mit eigenen Augen gesehen, wie Horner den schwarzen Labradormischling Lucy erschossen habe, gab die junge Frau unter Eid vor Gericht an. Der Angeklagte Horner aber bestand darauf: Weder habe er die Jugendliche missbraucht noch einen Hund erschossen. Eine Jury verurteilte den Mann, wenn auch nicht einstimmig.

Lebt Lucy, hat Klägerin gelogen

Ein halbes Jahr nach seiner Verurteilung bat Horner das Oregon Innocence Project um Hilfe. Dieses hilft Opfern von Justizirrtümern und versucht, neue Verfahren anzustreben und Fehlurteile zu kippen. Die Organisation fand Horners Standpunkt nachvollziehbar: Würde man Labrador Lucy ausfindig machen, würde das die große Lüge der Angeklagten entlarven.

Auch Staatsanwalt John Hummel, der nach eigenen Angaben weder von der Schuld noch von der Unschuld des Verurteilten restlos überzeugt gewesen war, erklärte sich bereit, mit dem Innocence Project zusammenzuarbeiten.

"Hübsche Kopfform und sehr lange Ohren"

So begann im Bundesstaat Oregon die große Suche nach dem Hund. Eine Freiwillige des Projekts und ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft gingen dabei zunächst einem Hinweis nach, wonach Lucy von der Klägerin weggegeben worden war. "Erst hieß es, jemand in Deschutes County habe den Hund zu sich genommen. Dann, dass Lucy in Seattle oder irgendwo an der Küste Oregons einen Platz gefunden habe", sagt Steve Wax, der Direktor vom Innocence Project gegenüber US-Medien.

Nordwestlich von Portland und 365 Kilometer von Redmont entfernt wurde man schließlich in Gearhart fündig: Eine äußerst lebendige Lucy hatte sich dort bei neuen Besitzern eingelebt.

Das spezielle Äußere des Hundes hatte die Identifizierung des Labradors erleichtert: "Sie sieht besonders aus, weil sie nicht reinrassig ist. Sie hat diese hübsche Kopfform und sehr lange Ohren", sagt Lisa Christon vom Innocence Project.

Urteil im Berufungsprozess gekippt

"Lucy der Hund wurde nicht erschossen. Lucy der Hund ist wohlauf", schrieb Staatsanwalt Hummel in einer Mitteilung.

Mit anderen Worten: Die Jugendliche hatte unter Eid gelogen. Für die Staatsanwaltschaft ergaben sich "erhebliche Zweifel" an der Zuverlässigkeit ihrer sonstigen Angaben. Die neuen Informationen über den Hund würden zeigen, dass es nicht genug belastendes Material gebe, um Horner zu verurteilen.

Dieser Argumentation und dem Rechtsprinzip "Im Zweifel für den Angeklagten" folgte denn auch Richter Michael Adler, der jetzt den Schuldspruch gegen den Sanitär-Installateur in einem Berufungsprozess kippte.

Jugendliche flüchtete

Seine Ehefrau Kelli und er seien "bereit, die Scherben in unserem Leben aufzusammeln", schrieb der bereits Anfang August freigekommene Horner in einer Mitteilung. Er bedankte sich bei seiner Familie, Freunden, Staatsanwalt Hummel und dem Oregon Innocence Project.

Und die minderjährige Jugendliche, die Horner mit ihrer Falschaussage fast das Leben ruiniert hätte? Nach Angaben der Staatsanwaltschaft äußerste sie sich nicht zu ihrer offenkundigen Lüge. Im August war sie vor Gericht geladen worden, um sich zu äußern. Sie nahm den Termin nicht wahr. Und als ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft sie zu Hause aufsuchte, rannte sie davon. (red)