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106 Tote im Iran – kippt das Mullah-Regime?

Mehr als Hundert Tote, die Armee schießt auf Demonstranten – Irans Regime gerät ins Wanken. Kommt die Mullah-Dämmerung?

Heute Redaktion
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Bei den Protesten im Iran sind nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International mindestens 106 Menschen in 21 Städten getötet worden. Die Zahl steht im krassen Gegensatz zu den Angaben iranischer Medien. Verifiziertes Videomaterial, Aussagen von Augenzeugen und Informationen von Aktivisten außerhalb des Irans offenbarten ein entsetzliches Muster gesetzeswidriger Tötungen durch iranische Sicherheitskräfte.

Die Angaben von Amnesty stehen im krassen Gegensatz zu den Zahlen in staatlich kontrollierten Medien im Iran. Demnach sollen seit Freitag neun Menschen ums Leben gekommen sein: vier Demonstranten, drei Mitglieder der Revolutionsgarden und zwei Polizisten. Etwa 1.000 Menschen seien festgenommen worden.

Nach Darstellung der iranischen Justiz sind die Proteste hingegen bereits abgeebbt. "Im Land ist die Ruhe wiederhergestellt", sagte Justizsprecher Gholamhossein Esmaili.

Internet bleibt gesperrt

Die weitgehende Sperrung des Internets den vierten Tag in Folge wurde jedoch als Hinweis darauf gedeutet, dass es noch Unruhen und Proteste geben könnte. Mehrere Fußballspiele der ersten Liga wurden in Städten im Süden und Nordwesten des Landes abgesagt. Dort sollen die Unruhen besonders heftig sein.

Der Iran steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Als Konsequenz daraus hatte die iranische Regierung in der Vorwoche Benzin rationiert und zugleich die Spritpreise um 50 Prozent erhöht, was heftige Proteste auslöste. Denn der Iran ist ein Land mit immensen Ölvorkommen. Und jetzt sollen die Bürger noch mehr an den Tankstellen zahlen? Die Demonstranten sehen dies als Beleg für staatliche Korruption. Sie beklagen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht und sich die Lebensbedingungen für viele Iraner verschlechtern.

Protest gegen den Führer

Es gibt bei den Protesten Sprechchöre dagegen, dass sich Teheran in die Kriege in den Nachbarländern Syrien und Jemen einmischt und die Hisbollah im Libanon unterstützt. Und manche richten sich auch gegen den Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei. Nicht nur die Armen haben Grund, auf die Straße zu gehen. Auch wohlhabendere Iraner fühlen sich in ihrem Lebensstil eingeschränkt. Sich beruflich weiter zu entwickeln, wird wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage und Korruption immer schwerer. Importierte Luxusgüter werden wegen der US-Sanktionen immer teurer.

Die US-Regierung, die es mit einer Politik des "maximalen Drucks" darauf anlegt, die Regierung in Teheran zu einer Neuverhandlung des internationalen Atomabkommens zu zwingen, hatte die Gewalt der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten und die Internetsperre bereits kritisiert.