Politik

Kommentar von "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser

Heute Redaktion
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Es war, als hätte jemand mit einer Taschenlampe in einen dunklen Tunnel geleuchtet und "Hallo" gerufen. Auf Twitter, Facebook, im Internet, in Funk und Fernsehen - noch nie wurde ein erster Auftritt eines Kanzlers so grell bejubelt wie der von Christian Kern gestern.

Es war, als hätte jemand mit einer Taschenlampe in einen dunklen Tunnel geleuchtet und "Hallo" gerufen. Auf Twitter, Facebook, im Internet, in Funk und Fernsehen – noch nie wurde ein erster Auftritt eines Kanzlers so grell bejubelt wie der von Christian Kern gestern.

Sogar von "Pfingstwunder" und "Tränchen" war zu lesen. Das mag überzogen sein, aber es sagt viel aus über dieses Land in Zeiten wie diesen. Kern hat diese Stimmung erschnuppert. Er wollte den klaren Bruch zur Vergangenheit. Es ist keine Zeit der leisen Töne. In kühler Härte kanzlerte er die alte Regierung ab ("Machtversessenheit, Zukunftsvergessenheit"), dann breitete er eine Vision für das Land aus. Er sprach frei, wortgewandt, auch mit Witz.

Häupl stand verdutzt daneben und mag sich gefragt haben, ob er gerade einen neuen Messias erschaffen hat. Werden wir heute in der Arbeit in Kern-T-Shirts erscheinen? Uns Christian auf den Popo tätowieren lassen? Unsere Kinder nach dem neuen Kanzler taufen? Nein! Der Neue am Ballhausplatz hat einen brillanten Start hingelegt, aber er hat sich die Latte sehr hoch gelegt. Scheitert er an seinen Ansprüchen, knipst er als Letzter die Taschenlampe aus.