Österreich

Kommentar von Kardinal Christoph Schönborn: Brüssel,...

Heute Redaktion
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Es ist schon etwas ungewohnt, wenn die österreichischen Bischöfe ihre Herbstkonferenz in diesen Tagen in Brüssel halten, im Hauptquartier der EU. Was hat uns zu diesem Tagungsort bewogen? Warum wollten wir gemeinsam die Einrichtungen der EU besuchen, die Kommission und das Parlament? Gibt es nicht genug Kritik an der EU, an ihrer Bürokratie und ihren Kosten? Will die Kirche das alles "absegnen"?

Es ist schon etwas ungewohnt, wenn die österreichischen Bischöfe ihre Herbstkonferenz in diesen Tagen in Brüssel halten, im Hauptquartier der EU. Was hat uns zu diesem Tagungsort bewogen? Warum wollten wir gemeinsam die Einrichtungen der EU besuchen, die Kommission und das Parlament? Gibt es nicht genug Kritik an der EU, an ihrer Bürokratie und ihren Kosten? Will die Kirche das alles "absegnen"?

Uns bewogen mehrere Gründe: Wir sitzen alle im selben Boot. Europa ist längst eine Wirklichkeit, die unseren Alltag bestimmt. In Brüssel fallen viele Entscheidungen. Früher haben die Bundesländer auf Wien geschimpft, heute schimpfen alle auf Brüssel. Doch das hilft niemandem. Wir haben hervorragende österreichische Beamte in Brüssel.

Übrigens: Die Beamtenschaft der EU – für 500 Millionen EU-Bürger – macht zahlenmäßig knapp die Hälfte der Beamten der Stadt Wien aus. Sehr beeindruckt haben uns die Gespräche mit führenden österreichischen EU-Beamten im Bereich Umweltschutz, Landwirtschaft und Nachhaltigkeit. Mit viel Sachverstand wird hier an einem verantwortungsbewussten, umweltverträglichen Wirtschaften gearbeitet.

Beispiel: die viel kritisierte neue Energiesparlampe! Sie bringt europaweit Einsparungen in der Größenordnung von zwei Atomkraftwerken. Überregulierung oder gemeinsame Verantwortung für ein zukunftsfähiges Europa? Die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise droht Europa zu zerreißen: in einen finanzstarken nördlichen Block und einen von Dauerkrise und Bankrott bedrohten südlichen Teil.

Das gemeinsame Haus Europa kann aber nur stehen bleiben, wenn alle an denselben Idealen der Gründungsväter der EU festhalten und die Solidarität über alle Länder und Nationen fortbesteht. Dazu wollten wir Bischöfe einen kleinen Beitrag leisten, indem wir mit unserem Brüssel-Besuch signalisieren: Wir wollen mitarbeiten am Bauplatz Europa!