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Liegt Klub-Spitze Rapids "mit den Ultras im Bett"?

Ultras stürmten eine VIP-Loge, um ein Transparent zu entfernen. Die Rapid-Spitze sah dabei tatenlos zu. Alte Vorwürfe erscheinen in neuem Licht.

Heute Redaktion
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Rapid-Transparent Maximilian Wöber
Rapid-Transparent Maximilian Wöber
Bild: GEPA-pictures.com

"Ich bin nicht derjenige wie Krammer, Peschek, die mit den Ultras im Bett liegen", erhob Andreas Müller im Frühling 2017, rund ein halbes Jahr nach seinem Abschied von Rapid, schwere Vorwürfe. Die Trennung vom ehemaligen Sportdirektor verkam nachträglich zur Schlammschlacht.

Müller attackierte die Rapid-Spitze. Er kritisierte deren Haltung gegenüber den Ultras. Als Sportdirektor habe er sich beispielsweise im Fall Maximilian Entrup im Stich gelassen gefühlt (siehe Infobox).

"Bei allem Support, der herausragend ist, was aus dem Block West kommt. Habe ich selten gesehen. Aber daraus einen Anspruch abzuleiten, ich habe einen Anspruch darauf, in die Entscheidungen bei einem Verein einzugreifen – das ist kompletter Wahnsinn."

Causa Maximilian Entrup

Der Stürmer wurde 2016 vom FAC geholt. Seine Austria-Vergangenheit sorgte gleich für Unmut bei Rapid-Fans. Als bekannt wurde, dass er in seiner Jugend nicht nur für den Veilchen-Nachwuchs gekickt hatte, sondern Teil der aktiven Fanszene gewesen war, machten ihm die Ultras das Leben zur Hölle.

Es gab Anfeindungen, Drohungen, Pfiffe, Transparente. Das volle Programm für einen Spieler, der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal volljährig war.

Um die Situation zu entschärfen wurde Entrup im Jänner an St. Pölten verliehen. Inzwischen kickt er bei Lafnitz.

Ultras stürmen VIP-Loge

Mehr als zwei Jahre später sind Präsident Michael Krammer und Geschäftsführer Christoph Peschek noch im Amt. Um Müller wurde es ruhig. Der Vorwurf geistert aber noch durch Hütteldorf. Haben die Ultras zu viel Macht über Krammer und Peschek? Ein Vorfall vom vergangenen Wochenende und die bevorstehende Präsidentschaftswahl rufen Müllers Worte in Erinnerung.

Beim 3:3 gegen Hartberg entschuldigte sich die Varta-Loge mittels eines Transparents bei Maximilian Wöber und dessen Familie. Sie waren beim Cup-Aus in Salzburg wenige Tage zuvor von den Ultras wüst beschimpft worden. Wöber gilt als "Verräter", weil er zwei Jahre nach dem Rapid-Abschied bei Red Bull angeheuert hat.

Die Botschaft aus der Varta-Loge: "So ist Rapid nicht. Sorry, Familie Wöber!" Es handelt sich um einen Zusammenschluss von Unternehmen. Die Loge gehört auch Milliardär Michael Tojner, Unterstützer des Rapid-Nachwuchses.

Seine Loge wurde von einer Ultras-Abordnung gestürmt. Sie montierten das Transparent ab. Tojner zur "Krone": "Dass besagte Herren ohne Akkreditierung und ohne Vollmacht in die Loge eintreten, Kinder verstören, Sicherheits-Organe zuschauen und die Geschäftsführung aus 20 Metern Entfernung auch nicht hilft, das Ganze zu deeskalieren, ist nicht zu verstehen. Man kann unterschiedlicher Meinung sein, aber Logen zu stürmen, darf nicht möglich sein."

Rapid-Spitze hält sich raus

Tojner kritisierte damit die Vereinsführung ebenfalls offen. Die Reaktion der Rapid-Offiziellen nach dem Vorfall? Krammer und Sportdirektor Zoran Barisic hätten sich per Telefonat persönlich bei Wöber entschuldigt, hieß es auf Nachfrage. Eine öffentliche Stellungnahme gab es nicht, schon gar keine Distanzierung. Und wohl auch keine Konsequenzen für die Ultras-Abordnung.

Der Fall wäre übrigens vermeidbar gewesen. Einer der beiden ranghohen Ultras war beim Platzsturm gegen die Austria vor zwei Jahren dabei. Das lässt sich durch Bilder feststellen. Die zunächst angekündigten Konsequenzen blieben damals aber aus.

Wie die beiden in den VIP-Klub gelangen konnten? Darauf gab es bisher keine Antwort. Der Ordnerdienst bewacht alle Eingänge im Stadion. Natürlich auch jene des VIP-Klubs. Auch das ist ein Indiz, wie groß die Macht der Ultras im Verein ist, wenn sich Fans ohne Akkreditierung in diesem Bereich anscheinend frei bewegen können.

Politische Hintergründe

Warum reagiert die Rapid-Spitze so sanft und greift bei Ultras-Fällen nicht durch? Eine mögliche Erklärung sind die anstehenden Präsidentschaftswahlen. Am 25. November geht es um die Nachfolge von Krammer. Es gibt drei Kandidaten und ihre jeweiligen Listen: Martin Bruckner, Christian Grüneis, Roland Schmid.

Tojner unterstützt Grüneis offen. Der steht für Veränderung. Bruckner ist jener Kandidat, der aktuell im Krammer-Team Finanzreferent ist. Er genießt logischerweise die Unterstützung der aktuellen Vereinsführung. Als Mitglied des aktuellen Präsidiums steht er nicht für große Umbrüche. Insider Peter Linden ließ in seinem Blog jüngst durchblicken, dass Grüneis "einer Fortsetzung der Peschek-Ära ziemlich distanziert gegenüber" stehe.

Brisant: Wer Präsident werden will, braucht auch die Unterstützung der Fans, die im Wahlkomitee vertreten und stimmberechtigt sind. Harte Konsequenzen würden sich auf die Gunst der Ultras negativ auswirken.