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Melzer: "Da macht Tennis wieder richtig Spaß"

Österreichs Nummer eins im Tennis, Jürgen Melzer, nach seinem Triumph in Winston Salem im Interview.

Heute Redaktion
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Melzer hat wieder Spaß am Tennis und kommt mit breiter Brust und als nun fünffacher Turniersieger zu den US Open nach New York. Gerade rechtzeitig vor dem letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres hat der Österreicher nach mehreren Verletzungen und drei Erstrunden-Niederlagen in Folge mit dem wieder viel Selbstvertrauen getankt. Und Melzer hofft, dass der aktuelle Höhenflug kommende Woche in Flushing Meadows weiter geht. Er ist frühestens Dienstag das erste Mal im Einsatz.

Frage: Herzliche Gratulation zum Titelgewinn. Warum ist es in dieser Woche so ausgezeichnet gelaufen?

Melzer: "Es ist meist das Ergebnis harter Arbeit, die man in den Körper und ins Tennis steckt. Aber man darf nicht vergessen, dass ich schon sehr lange da vorne stehe und das Tennis in Österreich hoch halte. In der ersten Runde zu verlieren, kann schon immer wieder mal vorkommen."

Sie haben Verletzungen, eine längere Pause und frühe Niederlagen hinter sich. Sind Sie nun wieder komplett beschwerdefrei?

"Ja. Ich war es aber sehr lange nicht. Und vier Wochen Therapie reichen nun mal nicht, um Siege einzufahren. Von nichts kommt nichts."

Woran konkret haben Sie gearbeitet, um wieder in Form zu kommen?

"Es ist uns gelungen, meinen Körper so hinzubringen, dass ich mich wieder wohlfühle. In Kitzbühel hat man ja noch gesehen, dass es schlecht war. Wir haben hart daran gearbeitet, dass ich die Handbremse löse und mich auf dem Platz wieder wohlfühle. Ich war verkrampft, habe in den Matches nach der Form gesucht. Anscheinend war diese aber ohnehin nicht so weit weg. Auch hier in Winston-Salem war es anfangs noch ein Krampf. Aber es ging jeden Tag einen Schritt besser, und ab dem Viertelfinale habe ich gespürt, dass ich den Ball wieder am Schläger habe, gut spiele und das Selbstvertrauen wieder zurückkommt."

Sie haben sich hier ausdrücklich bei ihrem neuen Coach Galo Blanco bedankt. Was zeichnet die Zusammenarbeit mit ihm aus?

"Wir haben viel an der Vorhand, an der Vorbereitung zum Schlag gearbeitet. Oder auch am ersten Ball nach dem Aufschlag, da hatte ich eigentlich meine ganze Karriere hinweg immer Probleme, da bin ich zu statisch. Natürlich kann er mich nicht ganz verändern, dazu bin ich zu alt. Aber er hat mir immer in Erinnerung gerufen, dass ich es nicht verlernt habe, dass es nur gilt, den Spielfluss wieder zu finden. Dazu kommt, dass er nicht nur ein Klasse-Coach ist, sondern dass es auch menschlich bei uns sehr passt."

Bei ihrem Turniersieg trugen Sie dichten Vollbart. Warum?

"Der ist schon wieder ab, ich habe ihn gleich danach in der Garderobe wieder abrasiert. Ich rasiere mich bekanntlich während eines Turniers nicht. Hier hatte ich aber vergessen, mich vor der ersten Runde zu rasieren. Deshalb war er dann am Ende leider schon sehr dicht und ging mir schon sehr auf den Keks. Aber der Aberglaube war einfach zu groß."

Es wäre also ein gutes Zeichen, wenn Sie bald wieder Vollbart tragen?

"Wenn ich von den US Open mit Vollbart zurückkomme, wäre das sehr erfolgreich."

Was wissen Sie von ihrem russischen Erstrundengegner in New York, Jewgenij Donskoj?

"Ich weiß nur, wie er aussieht. Von seinem Tennis weiß ich derzeit gar nichts. Ich werde einige Kollegen anrufen, die schon gegen ihn gespielt haben. Bei best-of-five kann man im Notfall aber auch mal einen Satz vergurken."

An die Bälle und den Platz sind Sie nun schon gewöhnt. Wie lauten allgemein Ihre Hoffnungen und Erwartungen für die US Open?

"Ich freue mich sehr auf New York. Und es ist umso schöner, mit einem Turniersieg dorthin zu reisen. Weil man da weiß, man spielt wieder gutes Tennis, bewegt sich gut und hat kaum Schmerzen. Da macht Tennis wieder richtig Spaß. Aber auch dort werden einem keine Matches geschenkt. Ich versuche zunächst, die ersten zwei Runden zu überstehen, dann schau' ich weiter. Aber klar muss das Ziel sein, vielleicht sogar die erste Woche zu überstehen."

Sie haben nun nicht mehr allzu viele Punkte zu verteidigen. Wie sehr haben Sie auch eine deutliche Verbesserung in der Weltrangliste im Visier?

"Bei einem Grand Slam schaue ich weniger auf die Punkte, sondern darauf, möglichst weit zu kommen. Wenn man bei den wichtigsten Turnieren im Jahr gut spielt, kommen die Punkte von alleine. Ich würde natürlich lügen, wenn ich sage, man schielt nicht ein wenig auf die Punkte. Das Wichtigste ist aber, möglichst weit zu kommen."

Mit Ihrem fünften Turniersieg, dem ersten auf Hartplatz im Freien, haben Sie einmal mehr bewiesen, dass man Sie nie abschreiben darf.

"Wenn ich gesund bin und mich wohlfühle, bin ich immer noch sehr gefährlich und für Turniersiege gut. Solange ich das Gefühl habe, vorne mitspielen, die Guten zu ärgern und Turniere gewinnen zu können, ist das fantastisch. Das ist eben meine Spielart. Wenn ich nicht gut bin, verliere ich früh, und man schüttelt den Kopf. Aber wenn ich mal zwei Matches gewonnen und einen Lauf habe, bin ich einfach gefährlich. Das wird auch in meiner restlichen Karriere so sein. So lange ich körperlich fit bin, werden hoffentlich noch einige solche Wochen wie diese in Winston-Salem kommen."

APA/red