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Verschwundener Interpol-Chef reicht Rücktritt ein

Die internationale Polizeibehörde Interpol hat den Rücktritt ihres seit Tagen vermissten Präsidenten Meng Hongwei bekannt gegeben.

Heute Redaktion
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Im Fall des verschwundenen Interpol-Chefs Meng Hongwei gibt es neue Anhaltspunkte: Die Justiz in Mengs Heimatland China teilte am Montag (Ortszeit) mit, dass sie gegen den bisherigen Chef der internationalen Polizeibehörde wegen des "Verdachts auf Gesetzesverstöße" ermittle. Kurz darauf ging am Interpol-Sitz in Lyon eine Erklärung ein, in der Meng "mit sofortiger Wirkung" seinen Rücktritt erklärte.

Am Samstag hatte Interpol von China eine Erklärung für das Verschwinden ihres Chefs gefordert. Der Chinese Meng war am 25. September zu einem Besuch in seinem Heimatland China eingetroffen. Seine Frau gibt an, seitdem nichts mehr von ihm gehört zu haben.

In China hohe Ämter bekleidet

Die Erklärung zu den Ermittlungen gegen Meng wurde von der chinesischen Behörde für Korruptionsbekämpfung veröffentlicht. Was genau sie ihm zur Last legt, teilte sie nicht mit. Sie ist unter anderem für die Verfolgung von Korruption in den Reihen der Staatsbediensteten zuständig. Meng hatte in China hohe Ämter bekleidet, bevor er 2016 an die Spitze von Interpol wechselte.

Interpol teilte am Sonntagabend nach der Mitteilung der Behörde in Peking mit, dass eine Rücktrittserklärung Mengs beim Generalsekretariat in Lyon eingegangen sei. Die Behörden werde nun kommissarisch von dem Südkoreaner Kim Jong Yang geleitet. Im November solle auf der Interpol-Generalversammlung in Dubai ein neuer Chef gewählt werden.

Vor den Erklärungen aus Peking und Lyon hatte sich Mengs Frau Grace in einem dramatischen Appell an die internationale Gemeinschaft gewandt. Sie gehe davon aus, dass ihr Mann in seiner Heimat in Gefahr sei, sagte sie auf einer Pressekonferenz in Lyon, wo Interpol seinen Sitz hat.

Ehefrau verlas Erklärung

Er habe ihr am 25. September, dem Tag seiner Ankunft in China, eine Mitteilung über ein soziales Netzwerk geschickt, in der er schrieb: "Warte auf meinen Anruf." Eine zweite Mitteilung habe lediglich aus einem Schwert-Emoji bestanden, der für eine Gefahrensituation steht, berichtete Grace Meng.

Die Ehefrau verlas ihre Erklärung in Lyon mit zitternder Stimme. Aus Angst um ihre Sicherheit drehte sie sich mit dem Rücken zu den Kameras und wollte nicht fotografiert werden.

Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock hatte am Samstag erklärt, die Polizeiorganisation habe die Behörden in Peking über "offizielle Kanäle" um Aufklärung über Mengs Verbleib gebeten.

Erster chinesischer Regierungsvertreter

Laut einem Bericht der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" von vergangener Woche wurde der 64-Jährige bei seiner Ankunft in Peking von Vertretern der nationalen Disziplinarkommission abgeführt.

Meng war im November 2016 als erster chinesischer Regierungsvertreter an die Spitze von Interpol gewählt worden. Zuvor war der studierte Jurist in China stellvertretender Minister für Öffentliche Sicherheit.

Mehrere hochrangige Beamte

Unter Präsident Xi Jinping sind in China bereits mehrere hochrangige Beamte verschwunden. Oft tauchten sie nach einigen Monaten als Angeklagte vor Gericht auf. Die Regierung in Peking geht seit einiger Zeit hart gegen Korruption vor.

Sehr ungewöhnlich ist, dass die chinesischen Behörden auf diese Art offenbar mit einem Beamten wie Meng umgehen, den die Volksrepublik für ein Spitzenamt in einer internationalen Organisation benannt hat.

Über Interpol arbeiten 192 Mitgliedstaaten zusammen gegen das internationale Verbrechen. Die Organisation unterstützt maßgeblich den Kampf gegen den Terrorismus, gegen Cyber-Attacken und gegen das organisierte Verbrechen. (20 Minuten)