Österreich

Messerattacke auf Adoptivvater aus "Todesangst"

Heute Redaktion
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Eine 33-jährige Wienerin, die im April 2012 in Wien-Liesing ihrem Adoptivvater mit einem Obstmesser in die Brust gestochen hatte, ist am Dienstagabend im Wiener Straflandesgericht zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden. Der Mann war durch die Messerattacke der beinamputierten Frau lebensgefährlich verletzt worden.

hatte, ist am Dienstagabend im Wiener Straflandesgericht zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden. Der Mann war durch die Messerattacke der beinamputierten Frau lebensgefährlich verletzt worden.

Acht Monate wurden unbedingt ausgesprochen, den Rest sah das Schwurgericht (Vorsitz: Susanne Lehr) der beinamputierten Frau unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nach. Zudem wurde Bewährungshilfe angeordnet und der Frau die Weisung erteilt, sich einer Psychotherapie zu unterziehen.

Der Schuldspruch wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung - die auf versuchten Mord lautende Anklage wurde von den Geschworenen einstimmig verworfen - ist nicht rechtskräftig.

"Alles andere als eine gute Kindheit"

Dessen ungeachtet wurde die 33-Jährige unmittelbar nach der Urteilsverkündung enthaftet. Sie war seit mehr als 13 Monaten in U-Haft gesessen und hat damit weit mehr als den unbedingten Strafteil bereits verbüßt. Der Staatsanwalt hatte der Frau zugestanden, sich "grundsätzlich in einer schwierigen Situation" befunden zu haben. Sie habe "alles andere als eine gute Kindheit gehabt", negative Gefühle gegen ihren Adoptivvater "liegen auf der Hand", konzedierte der Ankläger.

Die Frau war bei Adoptiveltern aufgewachsen, weil ihre Mutter nach Ansicht des Jugendamts als Prostituierte und Alkoholikerin der Kindererziehung nicht gewachsen gewesen wäre. Die "Ersatzmutter" soll das Mädchen aber regelmäßig verprügelt und misshandelt haben. "Ich hab' die ersten elf Jahre meines Lebens in Angst vor ihr verbracht", schilderte die Angeklagte. Der Adoptivvater - ein Polizist - habe untätig zugeschaut. Zudem soll der Mann das Mädchen missbraucht haben, wozu die 33-Jährige aber dem Gericht nichts Näheres erzählen wollte.

Mehrere Selbstmordversuche

Nach dem erfolgreichen Abschluss eines Hochschulstudiums in London und der Rückkehr nach Wien hatten sich bei der Frau psychische Probleme eingestellt. Es kam zu mehreren Selbstmordversuchen und damit verbundenen stationären Aufenthalten im Otto-Wagner-Spital (OWS). Beim Versuch, auf einen fahrenden Güterzug aufzuspringen - für die Angeklagte "ein Unfall", für die behandelnden Ärzte ein weiterer Suizidversuch -, geriet sie unter die Garnitur. Ihr wurden Anfang März 2012 beide Beine in Kniehöhe abgetrennt.

Als sie einige Wochen später zu einem Kontrolltermin vom OWS in ein anderes Spital gebracht wurde, wo sie Prothesen erhalten sollte, kehrte die 33-Jährige nicht ins OWS zurück. Sie suchte stattdessen am folgenden Tag ihren Adoptivvater auf. Wie die Angeklagte nun dem Gericht erklärte, habe sie erhofft, eine Weile bei dem 69-Jährigen leben zu können.

Mit Obstmesser zugestochen

Doch ihr Adoptivvater sei auf ihre Vorstellungen nicht eingegangen, habe ständig mit der Polizei, die die als abgängig gemeldete Patientin bereits suchte, und der Rettung telefoniert und sie zu überzeugen versucht, in die Psychiatrie zurückzukehren. Da habe sie mit dem Rollstuhl ein Obstmesser aus der Küche geholt und zugestochen.

Ein Stich traf den 69-Jährigen in die Brust und eröffnete den Herzbeutel. Ein zweiter ging in die linke Achselfalte. Sie habe "nur in den Oberarm stechen wollen", beteuerte die Angeklagte. Sie habe "nicht einmal Blut gesehen". Der Adoptivvater sei vielmehr "aufgestanden und durch die Wohnung gegangen und hat sich auf die Terrasse gesetzt".

Der pensionierte Polizist, der nur dank einer raschen Notoperation überlebte, entschlug sich im Zeugenstand der Aussage. Dem Vernehmen nach soll er der Tochter die Attacke verziehen haben.