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Moskau gibt EU Mitschuld an Ukraine-Krise

Heute Redaktion
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Bild: EPA

Russland hat der EU eine Mitverantwortung am Blutvergießen in der Ostukraine gegeben. Die EU habe im Zuge ihrer Unterstützung für die proeuropäische Regierung in Kiew ein im Februar erlassenes Exportverbot für Spezialausrüstung und Militärgüter "heimlich" wieder aufgehoben, kritisierte das Außenministerium in Moskau am Samstag. Experten setzten indes ihre Arbeit am Absturzort der MH17 fort.

fort.

Das im Winter während der erlassene Embargo ist laut Moskau ungeachtet der Militäroperation im Osten der Ukraine annulliert worden. Russland forderte die EU auf, das Verbot wieder in Kraft zu setzen. "Anderenfalls wird die Verantwortung der Europäischen Union für das fortdauernde Blutvergießen im Südosten der Ukraine wachsen." Die EU verletze ihre selbst gesetzte Regel, keine Kriegstechnik und Ausrüstung in Länder zu exportieren, in denen damit bewaffnete Konflikte provoziert oder vertieft werden könnten.

Ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton bestätigte am Abend in Brüssel die Aufhebung des seinerzeit beschlossenen Ausfuhrverbots für Materialien, die für die Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden können. Dies habe der Europäische Rat am 16. Juli beschlossen - und zwar "öffentlich, nicht wie behauptet heimlich." Ein Waffenembargo für die Ukraine habe demnach es nie gegeben.

Ukraine beschießt russisches Staatsgebiet

Das Außenamt in Moskau kritisierte auch, dass Brüssel bisher nicht auf den wiederholten Beschuss russischen Staatsgebiets von ukrainischer Seite aus reagiert habe. Der Inlandsgeheimdienst FSB teilte mit, dass das Gebiet Rostow im Süden Russlands am Samstag erneut mehrfach von ukrainischer Seite aus beschossen worden sei. Verletzte habe es aber nicht gegeben.

Am Freitag hatte die EU ihre im Ukraine-Konflikt in Kraft gesetzt, die unter anderem ein Waffenembargo und ein Ausfuhrverbot für sogenannte Dual-Use-Produkte zur zivilen und militärischen Verwendung umfassen. Das hat die Beziehungen zwischen der EU und Russland auf einen neuen Tiefpunkt gebracht.

Ermittler bergen weitere Leichen an Absturzstelle

An der waren mit Leichenspürhunden an dem Trümmerfeld im Ort Grabowo im Einsatz, teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Samstag mit. Einen Teil der Unfallstelle mussten die Experten laut OSZE wegen Artillerieschüssen in der Nähe verlassen.

Die geborgenen Leichenteile sollen am Sonntag nach Charkow gebracht werden. Das kündigte der Leiter der Gebietsverwaltung, Igor Baluta, am Samstag an. Von dort aus werden die sterblichen Überreste voraussichtlich zur weiteren Untersuchung und Identifizierung der Opfer in die Niederlande ausgeflogen.

Bei dem mutmaßlichen Abschuss des Flugzeugs mit einer Boden-Luft-Rakete waren am 17. Juli . Allerdings konnten bisher nicht alle Leichen geborgen werden, weil es in dem Gebiet Kämpfe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten gab. Kiew und die Separatisten werfen sich gegenseitig vor, die Boeing 777-200 mit der Flugnummer MH17 abgeschossen zu haben.

Moskau dreht letzte unabhängige Fernsehsendung ab

In den umkämpften Gebieten Donezk und Luhansk spitzte sich die Lage weiter zu. Regierungstruppen nahmen nach eigener Darstellung im Raum Donezk die Orte Krasnogorowka und Staromichailowka unter ihre Kontrolle. Mit der Kontrolle über die beiden Ortschaften stehe man unmittelbar vor der Millionen-Metropole Donezk, hieß es in Kiew. Donezk ist eine der letzten verbliebenen Hochburgen der prorussischen Separatisten.

Bei einer Kundgebung in Moskau forderten Hunderte Unterstützer der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine Kremlchef Wladimir Putin zu einem militärischen Eingreifen auf. "Einmarsch der Truppen!" und "Putin, rette den Donbass!" skandierten die Menschen am Samstag in der Nähe des Olympia-Stadions. Russische Hilfsorganisationen rufen dazu auf, die Bevölkerung in den nicht anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk mit Spenden zu unterstützen. An vielen Stellen in Moskau stehen dafür Zelte mit durchsichtigen Urnen für das Bargeld.

Eine Fernsehshow, die als die letzte unabhängige Sendung im russischen Fernsehen galt, wurde abgesetzt. Die wöchentliche Politiksendung von Marianna Maximowskaja sei überraschend vom Fernsehsender Ren TV ohne Angabe von Gründen aus dem Programm genommen worden, sagten Mitarbeiter am Samstag. Der Journalist Roman Super schrieb, die Mitarbeiter hätten davon erst am Freitag erfahren. Was mit ihnen geschehe, sei unklar. Die Gründe für den Schritt seien "zu offensichtlich, um kommentiert zu werden", schrieb Super.