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Initiative: Eine Oma zum Lernen und Mikado spielen

Heute Redaktion
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Lernoma Beatrice Daublebsky mit Sima
Lernoma Beatrice Daublebsky mit Sima
Bild: Sabine Hertel

100 Lernomas und -opas machen seit 10 Jahren das, was Großeltern auszeichnet: Kindern beistehen, wenn diese Hilfe brauchen. Beatrice (74) ist eine von ihnen.

Einmal in der Woche fährt Beatrice Daublebsky am Nachmittag vom 19. Bezirk nach Wien-Hernals. Dort wartet die achtjährige Sima meist schon an einem Tisch mit ihren Hausaufgaben auf die 74-Jährige. "Sima ist ein aufgewecktes Mädchen. Bei unserer ersten Begegnung hat sie mir erzählt, dass sie Ärztin werden möchte", ist die Seniorin auch zwei Jahre später noch immer beeindruckt.



Jeden Donnerstag hilft Daublebsky dem jungen Mädchen aus Syrien bei ihren Hausaufgaben. Die Pensionistin ist eine von 75 freiwilligen Lernomas und Lernopas, die wöchentlich in das Lokal vom Verein NL40 in der Kalvarienberggasse 11 kommen. Mehrere Tische verteilen sich auf drei Zimmer. An jedem brüten die Kinder mit älteren Freiwilligen über ihre Lernsachen.

Hausaufgaben sind Nebensache

Vor fünf Jahren ist die rüstige Wahl-Wienerin durch ein Inserat auf die Initiative aufmerksam geworden. "Ich habe es gelesen und wusste sofort, das will ich unterstützen", so Daublebsky. "Es ist unglaublich wichtig, Kindern aus benachteiligten Familien zu helfen, damit sie es später leichter haben." Für Daublebsky, selbst Großmutter von sechs Enkelkindern, sind die Treffen mit Sima ein fixer Bestandteil ihres Lebens. Das syrische Mädchen ist bereits das zweite Kind, dem die gebürtige Belgierin durch die Schulzeit hilft.



"Die Hausaufgaben oder das Lernen sind bei den Treffen aber nicht das Allerwichtigste", erklärt Co-Projektleiterin Christin Grote. "Sondern der Beziehungsaufbau zwischen den Kindern und Freiwilligen". Ganz nebenbei verbessern die Kinder mit anderer Muttersprache auch ihr Deutsch. "Und sie bekommen eine Bezugsperson, mit der sie und ihre Familie auch andere Sorgen teilen und besprechen können". Viele Freiwillige begleiten ihre Schützlinge etwa in die Schule oder helfen bei bürokratischen Hürden. "Manche Lernoma und Lernopas besuchen mit den Kindern auch das Theater oder gehen Eislaufen", erzählt Grote.

"Beim Uno bin ich unschlagbar"

Sima spielt nach den Hausaufgaben mit "ihrer" Beatrice am liebsten Uno oder Mikado. "Beim Uno bin ich unschlagbar", erzählt Sima lachend. Seit drei Jahren lebt Sima mit ihren Eltern und ihrer älteren Schwester Amira (11) in Wien. Auch Amira kommt seit Jahren jede Woche in die Kalvarienberggasse. "Sie besucht mittlerweile sogar das Gymnasium", erzählt ihr Lernopa stolz.

Freiwillige und Sponsoren gesucht

Seit zehn Jahren kommen beim Verein NL40 Kinder mit Migrationshintergrund und freiwillige Senioren zusammen. Begonnen hat die Initiative rund um Projektgründerin Michaela Dirnbacher mit vier Kindern und sechs Omas und Opas in Wien-Ottakring. In der Zwischenzeit gibt es das Projekt auch in Krems und Amstetten (beide in NÖ). Die Nachfrage ist dabei viel größer als das Angebot. Das Team sucht daher Sponsoren (IBAN: AT42 1200 0523 4000 0303) und Freiwillige jeden Alters für Springereinsätze, die sich den Schülern annehmen wollen.



Am Freitag feiert das Oma-/Opa-Projekt im REAKTOR (17., Geblergasse 40) sein zehnjähriges Bestehen. Ab 19.30 Uhr geben Mitglieder und Freunde der Wiener Symphoniker ein großes Benefizkonzert, bei dem Katharina Stemberger lesen wird. Freiwillige Spenden kommen dem Projekt zugute.