Politik

NEOS wollen rot-schwarze Mehrheit brechen

Heute Redaktion
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Bild: Helmut Graf

3.500 Plakate mit seinem Konterfei werden in diesen Tagen österreichweit affichiert. "Heute" sprach mit dem Industriellen Hans-Peter Haselsteiner (69), der die NEOS in die nächste Regierung bringen will.

3.500 Plakate mit seinem Konterfei werden in diesen Tagen österreichweit affichiert. "Heute" sprach mit dem Industriellen Hans-Peter Haselsteiner (69), der die NEOS in die nächste Regierung bringen will.

"Heute": Sie kandidieren nicht zum Nationalrat. Wenn NEOS den Einzug ins Parlament schaffen, aber nicht einer Regierung angehören, was tun Sie dann?

Haselsteiner: Dann werde ich sie weiterhin mit Sympathie begleiten.

Nicht mehr als Sympathie?

Naja, dann werden sie mich nicht mehr brauchen. Aber ich bleibe ihnen immer verbunden.

Sie sind nur der Zündschlüssel?

Wie Sie das nennen wollen, ist egal. Ich gehe davon aus, das diese liberale Wahlplattform den Einzug schafft. Aber das zweite Wahlziel ist das Brechen der schwarz-roten Mehrheit. Das wird eine knappe Partie.

Ihr persönliches Wahlziel?

Regierungsverhandlungen zu führen, ist mein politisches Ziel. In Prozent. Wenn ich Regierungsverhandlungen mit 5 % führen kann, ist es mir recht und wenn ich sechs Prozent brauche, dann sind es sechs Prozent. Das kommt darauf an, wie stark die anderen sind.

Auf Plakaten werben Sie mit "Meine Kraft für die Jungen". Welche Kraft bringen Sie ein?

Ich bin ein alter Hase in der Politik, habe Erfahrungen gesammelt und kenne die handelnden Personen ganz gut. Das ist nicht mit Muskelkraft zu übersetzen.

Ist die Kraft auch Geld?

Das am Allerwenigsten. Das Geld ist ja nach dem Wahlkampf zu Ende.

Auch Stronach versucht die Parteienstruktur aufzubrechen. Sie beide investieren viel Geld.

Wir haben das anders angepackt. Die NEOS sind eine Gründung mit breiter und demokratischer Basis. Das ist nicht der leichtere Weg. Der einfachere ist der vom Frank. Der hat sich eine Söldnertruppe zusammengekauft. Mit einer Söldnertruppe hat man noch nie einen Krieg gewonnen. Wir sind nachhaltig.

Beim Personal?

Ja, natürlich. Ich würde diese Gruppe nicht führen wollen. Frank kann einem fast leid tun nach so einer tollen Karriere.

Wie viel geben Sie jetzt aus?

Das hängt davon ab, wie viel gespendet wird, ich verdopple ja. Aber ich gehe davon aus, ich kann es mir leisten.

Bei der Zahl der Plakate halten Sie mit den Großen mit.

Wir investieren nur einen Bruchteil, aber wir haben eine tolle Farbe. In diesem Einheitsbrei sticht das Pinke heraus. Daher ist unser Aufmerksamkeitsfaktor größer.

Die NEOS sind gegen die Erhöhung von Pensionen und Beamtengehältern. Verzichten Sie auf diese Wählerstimmen?

Nein, das glaub ich nicht. Österreich muss enkelfit werden. Die meisten älteren Mitbürger haben Enkel und müssen sich damit auch identifizieren können.

Nochmals: Vermutlich wählen viele NEOS wegen Ihnen. Was tun Sie, wenn die NEOS nicht Teil der Regierung sind?

Mein Wahlziel ist, die rot-schwarze Mehrheit zu brechen und in Regierungsverhandlungen zu treten. SPÖ und ÖVP wird als erstes abchecken, ob Rot-Schwarz-Grün oder Rot-Schwarz-Pinkmöglich ist. In letzterer Konstellation kann ich dafür sorgen, dass die Jugend nicht über den Tisch gezogen wird.

Welches Ressort wollen Sie?

Zunächst: Ich strebe kein Amt an, ich biete mich den NEOS und den jungen Österreichern als Ministerkandidat an. Meine Lebensqualität wird dadurch nicht steigen.

Für Ihr Unternehmen hätten Sie dann viel weniger Zeit.

Ich habe das mit meiner Frau besprochen. Wenn die Regierungsverhandlungen erfolgreich sind, muss man es auch machen.

Welches Ministerium schließen Sie aus?

Ich halte es für sinnvoll, wenn Minister Ahnung von Ihrem Fach haben. Also drei Optionen: Wirtschaft, Finanzen, Infrastruktur. Infrastruktur kommt nicht in Frage, da wäre ich befangen. Wirtschaft ist nett, Finanzen spannend, Soziales könnte ich auch.

Sie wollen Superreiche mit bis zu 95 Prozent besteuern.

Ich habe mich ausgesprochen für unvernünftig hohe Steuersätze bei unvernünftig hohen Einkünften.

Wo beginnt "unvernünftig"?

Ab der zweiten Einkommensmillion sollte die Steuerprogression über 50% hinausgehen – um den Eingangssteuersatz von 36 % zu senken.

Das SPÖ-Steuermodell geht in eine ähnliche Richtung.

Ja, das ist eine gute Richtung. Die SPÖ hätte viele Jahre Zeit gehabt, auch etwas zu tun. Aber es ist eine Basis für Koalitionsverhandlungen.

Im NEOS-Programm findet sich so eine Reichensteuer nicht.

Ich führe diesen Wahlkampf auf Basis des NEOS-Programmes. Meine Aussagen sind aufrecht, ich distanziere mich auch nicht. Aber ich unterstütze das NEOS-Programm. Die Unterschiede sind sehr bescheiden. Nach der Wahl werden wir daran arbeiten, ein gemeinsames Parteiprogramm zu finden.

Wieviel möchten Sie privatisieren?

Da gibt es eine Studie der Wiener Börse. Wenn wir überall die Sperrminorität halten, also auf 25 Prozent Anteile runter gehen, können wir 24 Milliarden herausholen. Dieses Geld brauchen wir dringend – auch ohne Hypo.

Was würden Sie in der Bildungspolitik am dringendsten anpacken?

Ein Mühlstein um den Hals einer Gesellschaft ist die Tatsache, dass wir 28 % der Schulkinder haben, die nicht sinnerfassend lesen können. Ich habe das ja nicht geglaubt. Und selbst wenn man Migrantenkinder weglässt: Auch 10 Prozent wären eine Katastrophe.

Was kann ein Student von den NEOS erwarten?

Wie können sicher auch andere Parteien von unseren Vorschlägen, etwa mehr Schulautonomie, überzeugen. Angst vor einem Lehrerstreik habe ich gar nicht. Das wäre von kurzer Dauer. Alles, was wir tun können, ist längst diskutiert. Es liegt alles am Tisch. Man muss es nur umsetzen. Der Herr Spindelegger will entfesseln; ich sage ja: tun wir es. Flügel heben: Ja, tun wir es. Je länger wir die Pensionsreform hinausschieben, desto giftiger wird die Pille, die wir fressen müssen – aber wir müssen sie irgendwann nehmen. Sie liegt schon da …[Haselsteiner holt eine weiße Pille aus der Hosentasche, legt sie auf den Tisch] …und müssen wir nehmen. Keiner will das dem anderen sagen, denn sie schmeckt sauschlecht. Heute schmeckt sie grauslich. Aber morgen sind wir krank, übermorgen todkrank, irgendwann tot. Daher: Je schneller wir sie nehmen, umso weniger giftiger ist sie. Ich will sie auch nicht nehmen.

Ist es Feigheit?

Ja, weil die Politik nur auf Wiederwahl aus ist. Menschen, die ohne politisches Amt weder Einkommen noch Sozialprestige haben, müssen zwangsläufig um ihre Wiederwahl kämpfen und erst danach um alles andere. Also brauchen wir ein anderes System – ohne Berufspolitiker.

Welche Koalitionsform bevorzugen Sie?

Das kann man sich nicht aussuchen. Glücklicherweise sind die meisten Politiker in Österreich redlich. Es gibt wenige Ausnahmen. Ich kann nichts dafür, dass die Grünen so tun, als wären alle Politiker korrupt.

Mit wem würden Sie keinesfalls auf der Regierungsbank sitzen?

Die FPÖ kann ich ausschließen.