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Netanyahu gewinnt mit hauchdünner Mehrheit

Heute Redaktion
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Benjamin Netanjahu hat die Wahlen in Israel mit hauchdünner Mehrheit gewonnen. Er wird damit wohl Israels erster Premierminister, der eine fünfte Amtszeit antritt.
Benjamin Netanjahu hat die Wahlen in Israel mit hauchdünner Mehrheit gewonnen. Er wird damit wohl Israels erster Premierminister, der eine fünfte Amtszeit antritt.
Bild: picturedesk.com

Israels Premierminister Netanyahu und sein Herausforderer Gantz liefern sich bei den Parlamentswahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Jetzt liegen Hochrechnungen vor.

Bei der Parlamentswahl in Israel steuert Ministerpräsident Benjamin Netanyahu laut Hochrechnungen auf einen Sieg zu. Zunächst blieb unklar, wer den Auftrag für die Regierungsbildung bekommen wird. Auch sein Herausforderer Benny Gantz reklamierte den Sieg für sich.

Nach Auszählung von 96 Prozent der Stimmen könnte Netanyahus rechtsgerichtete Likud-Partei laut Medienberichten vom Mittwoch zusammen mit potenziellen Koalitionspartnern eine Mehrheit von 65 bis 67 der 120 Knesset-Sitze erhalten. Der Regierungschef könnte sich damit eine fünfte Amtszeit sichern.

Weniger Koalitionspartner

Die Liste Blau-Weiß seines Herausforderers Benny Gantz kommt demnach zwar auf ähnliche viele Sitze wie die Likud-Partei, hat aber weniger Koalitionsoptionen. Offizielle Ergebnisse werden im Laufe des Tages erwartet. Beide Seiten hatten sich noch in der Nacht zu Siegern erklärt.

Zwei Fernsehsender sahen das rechte Lager mit Netanyahus konservativem Likud, den strengreligiösen und siedlerfreundlichen Parteien klar vorn. Das Mitte-Links-Lager mit Gantz' Bündnis Blau-Weiß, der Arbeitspartei, der linken Merez-Partei und den arabischen Parteien erhielt dabei 54 bis 56 Mandate. Bei einem weiteren Fernsehsender kamen beide Lager auf jeweils 60 Mandate. Für eine Regierungsmehrheit sind mindestens 61 von 120 Mandaten notwendig.

Keine klare Tendenz

Auch mehrere Stunden nach Schließung der Wahllokale lagen in der Nacht zum Mittwoch zunächst nur Teilergebnisse vor. Diese ließen jedoch noch keine verlässlichen Schlüsse auf das Endergebnis zu. Für gewöhnlich lässt sich nach israelischen Wahlen bis zum Morgen danach eine klare Tendenz ablesen.

"Der rechte Block unter Führung des Likud hat eindeutig gesiegt", sagte Netanyahu (69) am Dienstagabend. "Ich danke den israelischen Bürgern für ihr Vertrauen. Ich werde noch heute Nacht damit beginnen, gemeinsam mit meinen natürlichen Partnern eine rechte Regierung aufzubauen." Später fügte er hinzu, nachdem ein Sender, der zuvor den Konkurrenten in Front gesehen hatte und nun Likud mit einem Sitz vorne sah: "Dies ist die Nacht eines großen Siegs." Er dankte seinen Unterstützern für einen "unvorstellbaren Erfolg".

Der oppositionelle Ex-Militärchef Gantz (59) sprach von "einem historischen Tag für Israel". Die größte Partei müsse den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen, sagte er Richtung Amtsinhaber Benjamin Netanyahu von der konservativen Likud-Partei. "Wir danken Netanyahu für seine Dienste", sagte er, als ob die Wahl schon entschieden sei.

Große Koalition ausgeschlossen

Bei Wahlen gebe es Gewinner und Verlierer. "Wir sind die Gewinner", sagte Gantz vor jubelnden Anhängern. Er wolle ein möglichst breite Koalition bilden. Gantz rief die Bevölkerung zur Einheit auf.

Rechnerisch möglich ist nach den Prognosen auch eine große Koalition von Likud und Blau-Weiß. Allerdings hatten sowohl Netanyahu als auch Gantz im Wahlkampf gesagt, sie würden nicht mit dem jeweils anderen in einer Regierung sitzen.

Netanyahu führte zuletzt eine Regierungskoalition mit den rechten und strengreligiösen Parteien an. Die Wahlen waren wegen einer Regierungskrise vorgezogen worden. Ursprünglich waren sie erst für November angesetzt gewesen.

Korruptionsvorwürfe

Netanyahu ist seit 2009 durchgängig im Amt und war auch von 1996 bis 1999 Ministerpräsident. Er steht aktuell wegen Korruptionsvorwürfen massiv unter Druck. Israels Generalstaatsanwalt will in drei Fällen wegen Korruption Anklage gegen Netanyahu erheben. Es geht um Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Vor einer endgültigen Entscheidung, ob der Regierungschef wirklich vor Gericht muss, hat aber noch eine Anhörung zu erfolgen. Netanyahu weist alle Vorwürfe zurück.klich vor Gericht muss, hat aber noch eine Anhörung zu erfolgen. Netanyahu weist alle Vorwürfe zurück.

Präsident Reuven Rivlin wird nach der Wahl den Kandidaten mit den größten Chancen mit der Bildung einer Regierungskoalition beauftragen. Das neue Parlament soll am 23. April vereidigt werden. Mit einer neuen Regierung wird bis Anfang Juni gerechnet.

US-Präsident Donald Trump will nach der Wahl seinen lange erwarteten Friedensplan zur Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern präsentieren.

Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, kritisierte das Wahlergebnis. "Israelis haben dafür gestimmt, den Status Quo zu erhalten, was die Besatzung von Palästina angeht", schrieb Erekat auf Twitter. "Prognosen zeigen, dass nur 18 Mitglieder des Parlaments mit 120 Sitzen zwei Staaten in den Grenzen von 1967 unterstützen." (chk/sda)

(hos)