Welt

Pkw-Maut jetzt Zankapfel zwischen SPÖ und ÖVP

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: DPA

Die Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer in Deutschland ist um zwei Facetten reicher: Österreichs Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) kündigte wiederholt rechtliche Schritte gegen die Maut an - zur Verwunderung von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der seine Amtskollegin deswegen kritisierte. Außerdem will der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wegen EU-rechtlicher Bedenken die EU-Gesetze umgehen und seine Pläne auf zwei Gesetze aufteilen.Damit würde er den von Bures geplanten Klagen ein Schnippchen schlagen.

in Deutschland ist um zwei Facetten reicher: Österreichs Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) kündigte wiederholt rechtliche Schritte gegen die Maut an - zur Verwunderung von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der seine Amtskollegin deswegen kritisierte. Außerdem will der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wegen EU-rechtlicher Bedenken die EU-Gesetze umgehen und seine Pläne auf zwei Gesetze aufteilen. Damit würde er den von Bures geplanten Klagen ein Schnippchen schlagen.

Österreich will die Pkw-Maut, deren Eckpunkte Dobrindt am Montag präsentiert hat (s. unten) und ab 2016 eingehoben wird, nicht so einfach hinnehmen: Bures, für die diese Pläne einen klaren Verstoß von EU-Recht bedeuten, will alle gegen die Maut einleiten. Es sei jedem Land zwar unbenommen, eine Pkw-Maut einzuführen, aber wenn es sich dabei um einen Diskriminierung von Ausländern handle, könne man nicht zur Tagesordnung übergehen, sagte Bures am Montag.

Und die am Montag vorgestellten Eckpunkte konnten die österreichischen Bedenken nicht ausräumen, so Bures. Das österreichische Verkehrsministerium wird ein europarechtliches Gutachten beauftragen. Zunächst werden die Eckpunkte, soweit sie jetzt vorliegen, beurteilt. Sobald der konkrete Gesetzesentwurf vorliegt, wird auch dieser einer EU-rechtlichen Prüfung unterzogen. Zugleich will Österreich die Europäische Kommission neuerlich mit dem Thema befassen.

Wenn die EU-rechtliche Expertise bestätigt, dass die deutsche Vignettenregelung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, wird es eine Stellungnahme Österreichs an die Europäische Kommission geben. Die Kommission ist als Hüterin der Verträge verpflichtet, gegen Verletzungen des EU-Rechts durch die Mitgliedstaaten einzuschreiten.

Sollte die Kommission nichts unternehmen, wird Österreich selbst den EuGH anrufen. Die Niederlande haben bereits signalisiert, sich einer allfälligen Klage Österreichs anzuschließen.

Lopatka: EU-Rechtskonformität

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka glaubt den deutschen Beteuerungen, dass die umstrittene neue Pkw-Maut europarechtskonform sein wird. "Ich bin nicht so besorgt, wie es andere sind", sagte Lopatka. Er erwarte, dass sich die deutsche Regelung letztlich "nicht zu sehr davon unterscheiden wird, was wir in Österreich haben".

"Wenn sie europarechtskonform ist, wünsche ich uns bei einer Klage viel Erfolg", sagte Lopatka mit Blick auf Bures' Pläne.

Deutsche wollen EU-Gesetz umgehen

Dobrindts Trick, um einer Klage zu entgehen: Das Gesetz zur geplanten Infrastrukturabgabe  - 2 Millionen österreichische Autofahrer sind betroffen - solle nur die Details zur Einführung einer Vignette enthalten, berichteten deutsche Medien am Montag. Die Regelung für die inländischen Autobesitzer über die im Gegenzug sinkende Kfz-Steuer hingegen solle in einem separaten Gesetz behandelt werden.

Deutsche Autofahrer sollen die Maut-Kosten über eine geirngere Kfz-Steuer "zurückbekommen", sodass unter dem Strich nur Lenker aus dem Ausland, etwa Österreicher, zahlen. Dobrindt verspricht sich von der Maut nach eigener Aussage Mehreinnahmen von 2,5 Milliarden Euro pro Legislaturperiode. Das Konzept muss sowohl vom deutschen Finanzministerium, als auch von der EU-Kommission gebilligt werden.

Das elfseitige Papier, das Dobrindt am Montag präsentiert und als "gerecht und EU-konform" berzeichnet hat, sieht folgende Regelungen vor:


Die Maut, die ab 2016 eingehoben wird, soll nicht nur auf Autobahnen, sondern auf allen Straßen (Land-, Bund-, Kommunalstraßen) gelten.
Vignetten werden nach Dauer berechnet: Eine Marke für zehn Tage soll zehn Euro kosten, für zwei Monate liegt der Preis bei 20 Euro.
Zusätzlich gibt es Jahresvignetten ohne Pauschalpreis. Die Berechnung orientiert sich an den Kriterien der ab 2016 reformierten Kfz-Steuer: Öko-Klasse und Hubraum. Beispiel: Für Autos, die 2013 zugelassen wurden, fallen für Benziner zwei Euro je angefangenen 100 Kubikzentimeter Hubraum an, bei Diesel-Fahrzeugen 9,50 Euro. Für einen Polo Benziner würden so beispielsweise 24 Euro anfallen, für einen VW Passat Diesel 104,50 Euro.
Deutsche Autofahrer erhalten ihre Vignette automatisch per Post, Ausländer müssen sie sich im Internet oder an grenznahen Tankstellen kaufen. Dort gibt es aber nur die teuerste Variante (100 Euro) zu kaufen. Die Vignetten sollen sich farblich unterscheiden.
Der Durchschnittspreis würde für Ausländer laut Konzept bei etwa 88 Euro pro Jahr liegen. Bisherige Studien gingen von 100 Euro aus.
Ob auch Motorräder von der Abgabe betroffen sind, ist noch nicht fix: "Richtig ist, dass wir darüber nachdenken, alle Kraftfahrzeuge unter 3,5 Tonnen in die Abgabe mit einzubeziehen", sagte Dobrindt am Montag.


Brüssel fordert Nicht-Diskriminierung

Die EU-Kommission hat erneut betont, dass die deutsche Pkw-Maut das Prinzip der Nicht-Diskriminierung von EU-Bürgern zu achten hat. Helen Kearns, die Sprecherin von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, erklärte aber, die EU-Kommission unterstütze die deutschen Bemühungen für eine Straßenbenützungsabgabe.

Grüne sehen "Bierzelt-Politik"

Auch die Grünen kritisieren die Nachbarn: "Mit dieser plumpen antieuropäischen Idee nach dem Motto 'wo können wir uns bei Ausländern Geld holen?' stößt die ÖVP-Bruderpartei CSU zusammen mit ihren Koalitionären die europäischen Nachbarn vor den Kopf", so Georg Willi von den Tiroler Grünen. Diese "Bierzelt-Politik" werde vom Europäischen Gerichtshof gestoppt.

Der ARBÖ bezeichnet die Pläne als "Raubrittertum", die nach Meinung von ARBÖ Generalsekretär Gerald Kumnig vor allem die Österreicher dikriminiere: "Die ÖsterreicherInnen werden hier bewusst schlechter gestellt als die Deutschen. Ich appelliere daher an Verkehrsministerin Bures, gegen den deutschen Verstoß gegen den EU-Gleichbehandlungsgrundsatz vorzugehen."

Hohe Verwaltungskosten

Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) warnte indes vor den hohen Verwaltungskosten einer Pkw-Maut. "Die Verwaltungskosten werden enorm sein, auch die Kontrollen kosten Geld", sagte VCD-Sprecherin Anja Smetanin der "Berliner Zeitung" vom Montag.

Besonders die drei geplanten Vignetten-Varianten bedeuteten einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Zudem lehne der Club die Vignetten-Maut als "unsozial und ungerecht" ab, erklärte die VCD-Sprecherin. Stattdessen müsse es eine fahrleistungsunabhängige Abgabe geben. Die geplante Staffelung nach Ökoklassen sei "lediglich ein grünes Mäntelchen". "Die SUV-Spritschlucker und Sportwagen mit Benzinmotoren werden viel weniger Maut bezahlen müssen als Dieselfahrzeuge."