HeuteForFuture-award

Platz für Wien: Hohe Lebensqualität durch Verkehrswende

Irma Basagic
Kritische Diskursführung und kreative Aktionen im öffentlichen Raum sollen ein politisches Umdenken erwirken: Die Stadt Wien soll dadurch zu einer Stadt mit einer hohen Lebensqualität für alle werden.
Kritische Diskursführung und kreative Aktionen im öffentlichen Raum sollen ein politisches Umdenken erwirken: Die Stadt Wien soll dadurch zu einer Stadt mit einer hohen Lebensqualität für alle werden.
Foto: Platz für Wien

PROJEKTNAME: Platz Für Wien
PROJEKTTRÄGER: Verein Fairkehrswende Wien
KATEGORIE: Zivilgesellschaft
THEMENBEREICH: Mobilität
TEILNEHMERZAHL: 57.760
PROJEKTSTART: 2019
STATUS: Aktiv
REGION: Linz/Oberösterreich
INSTITUTIONALISIERT ALS: Bürgerinitiative
WIRKUNGSFELD: Das ganze Bundesland
WEB: https://platzfuer.wien/

Darum geht es beim Projekt "Platz Für Wien"

“Platz für Wien” ist eine zivilgesellschaftliche Initiative die von engagierten Bürger*innen ausgeht und von Expert*innen der Universitäten TU Wien und BOKU Wien beraten wird. Der Großteil der Arbeit erfolgt ehrenamtlich und die Finanzierung wird über Spenden sichergestellt.

Das Ziel ist durch kritische Diskursführung und kreativen Aktionen im öffentlichen Raum in politisches Umdenken zu erwirken, das die Schnittstelle aus Klimagerechtigkeit und Mobilität neu auffasst - kurz: eine Verkehrswende, hin zur flächengerechten, kindgerechten und klimagerechten Stadt mit hoher Lebensqualität.

Heute For Future-Award im Gespräch mit dem Verein Fairkehrswende Wien

Was zeichnet Ihr Projekt aus bzw. wie unterscheidet es sich von anderen?

Wir haben gemeinschaftlich, unter Beteiligung von alten und jungen Männern und Frauen, Personen mit Kindern, Personen mit eingeschränkter Mobilität, aus verschiedenen Berufsschichten und Gesellschaftsschichten und mit Begleitung von ausgewiesenen Expert*innen politische Forderungen ausgearbeitet.

Diese Forderungen sind spezifisch, messbar, anerkannt, realisierbar und terminiert - und damit auch einfach kontrollier- und einforderbar. Und wir haben sie eingefordert, durch das Sammeln von 57.760 Unterschriften, der größten Zahl an Unterschriften, die in Wien je für eine Petition erreicht wurde.

Im Zuge unserer Tätigkeit hat also eine innovative und politisch spannende Verschränkung von demokratischer Legitimierung mit wissenschaftlicher Expertise stattgefunden, die breitenwirksam zugänglich und lokal rückgebunden ist.

Was sollte geschehen, damit Ihre praktische Arbeit erleichtert wird? Wer sollte aktiv werden?

1. Mitbürger*innen: je mehr engagierte Menschen mitarbeiten oder an der Organisation des politischen Willens teilnehmen, desto effektiver wird dieser auch wahrgenommen. Um die Mitbürger*innen erreichen zu können, ist intensive (Social-) Medienarbeit wichtig, die ehrenamtlich schwer aufrecht zu erhalten ist. Jemand dafür bezahlen zu können, würde das erleichtern.

2. Politiker*innen: im Laufe unserer Arbeit sind wir auf massive Gegenwehr und Abwehrhaltung seitens vieler Politiker*innen gestoßen - das korreliert mit Parteizugehörigkeit. Als wichtigstes Collective Action Problem unserer Zeit ist es unerlässlich, dass über Parteien hinweg ein Konsens über die Notwendigkeit von wirksamen Klimaschutzmaßnahmen hergestellt wird - in allen gesellschaftlichen Teilbereichen, auch im Verkehr.

Als zivilgesellschaftliche Initiative hängt unser Erfolg und damit auch die Motivation weiterzuarbeiten von der Empfänglichkeit von politischen Entscheidungsträger*innen ab, es ist mental nicht immer leicht, gegen übermächtige Gegner anzutreten.

3. (Lokal-)Medien: Politischer Druck entsteht vor allem dann, wenn er medial vermittelt wird. Als kleine Bürger*innen- Initiative ist es jedoch oft schwer Medienberichterstattung zu erlangen. Vor allem seitens Lokalmedien könnte mehr und spezifischer berichtet werden, um die Menschen in den Nachbarschaften, in denen Proteste stattfinden, auch zu erreichen.

Haben Sie sich am Beginn Ihres Projektes an einem anderen Modellprojekt orientiert? Wenn ja, an welchem?

Ja. Wir haben uns orientiert am Projekt "Volksentscheid Fahrrad Berlin". 

Glauben Sie, dass Ihr Projekt auch anderswo durchgeführt werden könnte? Wenn ja, welche Voraussetzungen sollten dafür erfüllt sein?

Ja, auch im Ausland. Es gibt einen aktiven oder aktivierbaren Teil der Zivilgesellschaft, die motiviert sind sich für bessere Bedingungen beim Zu Fuß Gehen, Radfahren und generell Leben in der Stadt einzusetzen. Es steht ein direktdemokratisches Instrument zur Verfügung, egal wie ineffektiv es ist.

Das Sammeln von Unterschriften ermöglicht niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeiten. Es gibt Vorbilder von anderen Städten, idealerweise im selben Sprachraum, die ihren öffentlichen Raum gerechter verteilen und es gibt Berichterstattung darüber.

Es gibt eine NGO oder dergleichen, die Starthilfe geben kann mit organisatorischen Tätigkeiten oder z.B. Meetinginfrastruktur. Eine echte Voraussetzung (die aber sehr wahrscheinlich immer erfüllt sein wird) ist nur die erste, die anderen sind nice to have.

Ist Ihr Projekt bereits in anderen Regionen nachgemacht worden? Wenn ja, an welchem Standort?

Es gibt eine ganze Reihe von ähnlichen Projekten, sogenannten Radentscheiden, in Deutschland.

Auch in Graz gibt es ein ähnliches Projekt: MoVe It Graz.

Keines davon ist direkt als Reaktion auf Platz Für Wien entstanden, aber gibt gegenseitige Beeinflussung via Social Media. Mit MoVe It standen wir auch in einem direkten Austausch.

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Foto: Platz für Wien