Oberösterreich

Prozessbeginn: Arzt soll 109 Buben missbraucht haben

Morgen, Dienstag, steht in Wels erstmals jener Urologe aus dem Salzkammergut vor Gericht, der über mehrere Jahre hinweg 109 Buben missbraucht haben soll. Fünf Verhandlungstage sind anberaumt. Dem Arzt drohen bis zu 15 Jahre Haft und die Einweisung in eine Anstalt.

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Ein 57-jähriger Arzt aus dem Salzkammergut steht ab Dienstag vor dem Landesgericht in Wels.
Ein 57-jähriger Arzt aus dem Salzkammergut steht ab Dienstag vor dem Landesgericht in Wels.
justiz.gv.at

Im Jahr 2000 hatte der heute 57-Jährige seine Ordination im Salzkammergut eröffnet, bereits da soll die Missbrauchsserie begonnen haben. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wels wird dem Urologe vorgworfen, über knapp 20 Jahre bis zu seiner Festnahme im Jänner 2019 "teils schwere sexuelle Missbrauchshandlungen" an Buben vorgenommen zu haben. 

Soll Kinder auch mit Drogen versorgt haben

Die Opfer - überwiegend Jugendliche, 40 der Buben waren laut Anklageschrift unter 14 Jahre, und damit noch Kinder - waren als Patienten intim untersucht worden. Dabei dürfte er ihnen weisgemacht haben, dass die sexuellen Handlungen zur regelmäßigen Behandlung dazugehören. Zudem wird dem Arzt vorgeworfen, Personen angestiftet zu haben, Porno-Videos von Minderjährigen zu drehen. Außerdem soll er Kinder mit Cannabis versorgt haben.  

Opfer auch zu sich nach Hause eingeladen

Die Missbrauchshandlungen haben laut Anklage nicht nur in der Praxis des Urologen stattgefunden, etwa 30 Fälle sollen auch außerhalb der Ordination passiert sein. Auch mit kleinen Geldgeschenken soll der Arzt seine Opfer zum Teil gelockt und auch in sein Haus eingeladen haben. 

Der Fall kam erst ins Rollen, als ein 15-Jähriger vergangenes Jahr sein Schweigen brach. Die Mutter des Jugendlichen machte den Verdacht gegen den Urologen öffentlich. Der Bursch soll bereits ab dem zwölften Lebensjahr mehrfach von dem Arzt missbraucht worden sein. Der Beschuldigte ließ sich daraufhin selbst von der Ärzteliste streichen. 

Erst nach intensiven Nachforschungen wurde das Ausmaß der Missbrauchsfälle bekannt. 109 Buben sollen von dem Mann missbraucht worden sein. 

Pädophilie diagnostiziert

Seit seiner Festnahme im Jänner 2019 sitzt der 57-Jährige in Untersuchungshaft. Er gab an, dass die "Untersuchungen" im Anal- und Genitalbereich der jungen Patienten medizinisch notwendig gewesen seien, ein Gutachter widerlegte das aber. Ein weiteres Gutachten stufte den Urologen als zurechnungsfähig ein.  

Ein Sachverständiger diagnostizierte bei dem Arzt Pädophilie, die den "Grad einer schwerwiegenden psychischen Störung erreicht" habe. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass es erneut zu Übergriffe an Minderjährigen kommen kann, wurde die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt.  

Urteil nicht vor 10. Juni erwartet

Fünf Verhandlungstage sind für den Prozess anberaumt. Das Urteil wird nicht vor dem 10. Juni erwartet. Dem Beschuldigten drohen bis zu 15 Jahre Haft und die Einweisung in eine Anstalt. Zum Schutz der Opfer wird die Hauptverhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.