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Queen: "Niemals aufgeben, niemals verzweifeln"

Viele Staaten der Welt haben am Freitag des Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht. Die britische Königin Elizabeth II. hielt eine Ansprache.

Heute Redaktion
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Die britische Königin Elizabeth II. (94) hat am Freitagabend mit einer im Fernsehen und per Internet verbreiteten Ansprache an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert. "Niemals aufgeben, niemals verzweifeln", das sei die Botschaft des VE Day (Victory in Europe Day) gewesen, sagte die Queen. Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht.

"Zu Beginn schien die Aussicht düster, das Ende weit entfernt und der Ausgang unklar", sagte die Monarchin. Aber der Glaube daran, das Richtige zu tun, habe die Menschen durch die schwierige Zeit getragen. Die Rede wurde zur gleichen Uhrzeit ausgestrahlt wie eine Radioansprache von Elizabeths Vater, König George VI., der sich zum Kriegsende an seine Nation wandte.

"Liebe und Fürsorge" in den Straßen

"Ich erinnere mich lebhaft an die Jubel-Szenen, die meine Schwester und ich mit unseren Eltern und Winston Churchill (dem damaligen Premierminister) auf dem Balkon des Buckingham-Palasts miterlebten", fuhr die Queen fort. Die beiden jungen Frauen hatten sich später selbst unter die feiernde Menge auf den Straßen Londons gemischt, wie die Königin der BBC einmal erzählte. Doch ihr sei damals auch bewusst gewesen, dass der Krieg noch weitere Opfer fordern werde. Es dauerte noch bis August, bis mit der Kapitulation Japans auch im Pazifikraum die Waffen schwiegen.

Die Queen erinnerte an die vielen Menschenleben, die der "furchtbare Konflikt" gefordert habe. Die beste Anerkennung für das Opfer, das sie gebracht hätten sei, "dass Länder, die einst erbitterte Feinde waren, jetzt Freunde sind, die Seite an Seite für unser aller Frieden, Gesundheit und Wohlstand zusammenarbeiten", so das britische Staatsoberhaupt.

Die Queen hat sich in der Coronavirus-Pandemie mit ihrem Mann, Prinz Philip (98), nach Schloss Windsor nahe London zurückgezogen. Veranstaltungen und Straßenfeste zum Gedenken an das Kriegsende wurden weitgehend abgesagt. Trotzdem seien die Strassen aber nicht leer, so Elizabeth II., "sie sind erfüllt von der Liebe und der Fürsorge, die wir füreinander empfinden". Es mache sie stolz, zu sehen, was die Menschen bereit seien, für andere zu tun.

Kunstfliegerstaffel über London

Die Königin trug ein schlichtes hellblaues Kleid bei der Ansprache. Auf einem Schreibtisch vor ihr war ein Foto ihres Vaters aufgestellt. Auf der anderen Seite lag die Militärmütze, die sie selbst als junge Frau getragen hatte. Die damalige Prinzessin Elizabeth hatte sich während des Kriegs in einer Frauenabteilung des britischen Heeres zur Lastwagenfahrerin und -mechanikerin ausbilden lassen. Dem Buckingham-Palast zufolge ist Elizabeth II. das einzige noch lebende Staatsoberhaupt, das im Zweiten Weltkrieg gedient hat.

Über die Hauptstadt London flogen am Freitagmorgen mehrere Maschinen der Kunstfliegerstaffel Red Arrows und färbten den Himmel mit Rauchspuren in den Farben des Union Jacks Rot, Blau und Weiß. Um 11 Uhr wurde im ganzen Land mit einer Schweigeminute den Toten gedacht. Thronfolger Prinz Charles legte an einem Kriegerdenkmal in Schottland, wo er sich derzeit aufhält, einen Kranz nieder.

"Man kann dieses Land nur mit gebrochenem Herzen lieben"

Auch in Deutschland und anderen Staaten der Welt wurde am Freitag des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren durch das militärische Niederringen Nazi-Deutschlands gedacht. In Berlin rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bürger zur Verteidigung der Demokratie auf.

Beim zentralen Gedenken in der deutschen Hauptstadt betonte Steinmeier zudem die besondere deutsche Verantwortung für den Zusammenhalt Europas. Er machte deutlich, dass diese Konsequenz aus der deutschen Geschichte gerade auch jetzt in der Corona-Krise gelte.

"Damals wurden wir befreit. Heute müssen wir uns selbst befreien", sagte Steinmeier und nannte neuen Nationalismus, Hass, Hetze sowie "Fremdenfeindlichkeit und Demokratieverachtung".

Die deutsche Geschichte sei eine "gebrochene Geschichte". Dazu gehöre die Verantwortung für millionenfachen Mord und millionenfaches Leid. "Das bricht uns das Herz bis heute. Deshalb: Man kann dieses Land nur mit gebrochenem Herzen lieben", sagte Steinmeier.

Partner bei der Lösung vieler internationaler Probleme

Kanzlerin Angela Merkel telefonierte mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Beide hätten die Absicht bestätigt, die Beziehungen konstruktiv zu gestalten. "Die Erinnerung an den Krieg und seine Schrecken müssten für alle Zeit wachgehalten werden", erklärte die deutsche Regierung. Für Russland und Deutschland habe der Tag eine besondere Symbolik, hieß es aus dem Kreml. "Heute sind Russland und Deutschland Partner bei der Lösung vieler aktueller internationaler Probleme."

Im Zweiten Weltkrieg hatte Hitler-Deutschland 1941 die Sowjetunion überfallen. Diese zählte mit rund 27 Millionen Toten so viele Opfer wie kein anderer Staat. Auch mit US-Präsident Donald Trump, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Boris Johnson telefonierte Merkel am Freitag nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht endete am 8. Mai 1945 der von Nazi-Deutschland entfesselte Krieg in Europa. Er kostete hier und in Asien – je nach Schätzung – zwischen 55 und mehr als 60 Millionen Menschen das Leben. Unter ihnen waren auch rund 6 Millionen europäische Juden, die die Nationalsozialisten in ihrem Rassenwahn ermordeten.