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Rennprognose: "Red Bull hat abgebaut"

Heute Redaktion
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Die beiden ersten Rennen der Formel-1-Saison sind geschlagen, als nächstes macht der Tross in China (15. April) Halt. Christian Klien analysiert im Interview mit Heute.at das aktuelle Kräfteverhältnis in der Formel 1. Der 49-fache Grand-Prix-Pilot spricht zudem über seinen Kumpel Kimi Räikkönen, das "Alphatier" Fernando Alonso und seine Zukunftspläne.

Die beiden ersten Rennen der Formel-1-Saison sind geschlagen, als nächstes macht der Tross in China (15. April) Halt. Christian Klien analysiert im Interview mit Heute.at das aktuelle Kräfteverhältnis in der Formel 1. Der 49-fache Grand-Prix-Pilot spricht zudem über seinen Kumpel Kimi Räikkönen, das "Alphatier" Fernando Alonso und seine Zukunftspläne.

2010 bestritt der Vorarlberger sein letztes Formel-1-Rennen. Danach versuchte er mit Peugeot die 24 Stunden von Le Mans zu gewinnen. Das hatte der 29-Jährige eigentlich auch in diesem Jahr vor: "Ich hatte für dieses Jahr schon bei Peugeot unterschrieben, doch die haben sich ja dann überraschend aus dem Motorsport zurückgezogen."

Jetzt sucht der Wahl-Schweizer nach einem neuen Cockpit, bevorzugt bei einem Le-Mans-Rennstall. "Langstreckenrennen sind wirklich interessant und diese LMP1-Prototypen sind nach der Formel 1 die attraktivsten Autos. In diese Richtung ist etwas möglich, noch ist aber nichts spruchreif", erklärt Klien.

Die Formel 1 verfolgt der Hohenemser noch immer sehr genau und analysierte im Heute.at-Talk die Lage in der Königsklasse.

Wie lautet dein Fazit nach den beiden ersten Saisonrennen?

"Sicher niemand hätte gedacht, dass es in der WM nach zwei Rennen so ausschaut. Dass Fernando Alonso mit Ferrari vorne steht und Sergio Perez im Sauber auf das Podium fährt oder dass Red Bull nicht mehr so stark ist wie am Ende der vergangenen Saison, ist doch überraschend. Aber das tut der Formel 1 gut."

Aber über das Jahr werden sich wohl die alten Kräftverhältnisse wieder herstellen, oder?

"Die großen Teams wie Red Bull, McLaren, Ferrari, aber auch Lotus haben mit ihren größeren Ressourcen mehr Möglichkeiten, ihre Autos über die Saison weiterzuentwickeln. Da können die Rennställe im Mittelfeld normalerweise nicht mithalten. Bis zur Jahresmitte wird sich das alles wieder relativieren, sodass die größeren Teams wieder vorne stehen werden."

Glaubst du, dass ein anderer Fahrer außer Fernando Alonso die „Ferrari-Gurke“ (copyright Niki Lauda, Anm.) zum Sieg fahren kann?

"Alonso ist für mich der kompletteste Fahrer im Feld. Er schafft es auch mit einem schlechten Auto gute Ergebnisse einzufahren. Bei den Testfahrten und beim ersten Rennen war Ferrari absolut nicht konkurrenzfähig. In Malaysia hat ihnen das Wetter und die perfekte Fahrt von Alonso in die Hände gespielt. Er ist sicher der einzige Fahrer, der das so umsetzen kann."

Sein Teamkollege Felipe Massa hat mit dem Auto große Probleme. Glaubst du, dass er die Saison noch zu Ende fahren wird?

"Ich denke schon, dass Ferrari noch hinter ihm steht, also ich gehe davon aus, dass er die Saison zu Ende fahren wird. Was dann nächstes Jahr sein wird, ist eine andere Sache. Aber er steht natürlich gewaltig unter Druck und hinkt immer hinter Alonso her. Je größer der Abstand wird, desto größere Probleme wird er bekommen."

Wieso findet Massa seit dem schweren Unfall in Ungarn nicht mehr zurück auf die Erfolgsspur?

"Da liegt sicher zu einem großen Teil am Teamkollegen. Alonso ist eine absolute Führungsperson, der das Team leitet und die wichtigen Personen hinter sich bringt. Das spürt Massa natürlich. In der Saison vor dem Unfall ist er zusammen mit Kimi Räikkönen gefahren und war von den Ergebnissen besser. Nur ist Kimi eben nicht so eine Führungspersönlichkeit wie Alonso."

Red Bull macht nicht mehr den starken Eindruck wie in den Jahren zuvor.

"Also so gut wie in den letzten beiden Jahren sind sie sicher nicht. Vor allem im Qualifying haben sie nicht mehr das schnellste Auto – Mercedes, McLaren und Lotus sind da im Moment sehr stark. Der Red Bull ist sicher nicht unterlegen, aber er ist im Moment auch nicht der stärkste Bolide. Nach zwei Jahren an der Spitze versucht natürlich jeder, das Auto so gut wie möglich zu kopieren. Dadurch verlierst du irgendwann deinen Vorsprung."

"Da die ersten beiden Rennen doch sehr speziell waren, glaube ich nicht, dass sie so schlecht sind, wie es derzeit ausschaut. Die Rennpace, die sie ab und zu gezeigt haben, ist wirklich gut und sie sind immer ein Kandidat für das Podium. Ich würde Red Bull absolut nicht abschreiben."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Klien die Situation bei McLaren beurteilt, was er zum Comeback von Kimi Räikkönen sagt und wie seine Prognose für den Grand Prix von China lautet.

Bei einem normalen Rennverlauf scheint McLaren das beste Auto zu haben. Würdest du da zustimmen?

"Absolut! Sie haben sicher das schnellste Auto, waren bei beiden Rennen in der ersten Startreihe. Wenn Jenson Button und Lewis Hamilton fehlerfrei fahren, haben sie sicher das beste Paket. McLaren kann sicher noch zulegen. In der Vergangenheit sind sie im Laufe der Saison immer stärker geworden. Wenn das auch dieses Jahr weitergeht, werden sie wohl schwer zu schlagen sein."

In der letzten Saison war die Leistung von Hamilton ziemlich durchwachsen, wohl auch weil er durch die Dinge abseits der Strecke abgelenkt war. Hat er sein Tief überwunden?

"Er wirkt auf jeden Fall ruhiger und konzentrierter. Seine Nicole ist ja jetzt auch wieder dabei, vielleicht hilft ihm das ja. Er ist außerdem mit einem kühleren Kopf unterwegs. Und zumindest in den Qualifyings hat er schon gezeigt, dass er wieder auf dem Weg zu alter Stärke ist."

Wer macht für dich im Moment den stärkeren Eindruck – Hamilton oder Button?

"Button ist sicher reifer und der Coolere der beiden. Er fährt seine Rennen trocken runter und macht keine Fehler, abgesehen von Malaysia, wo er Karthikeyan ins Auto gefahren ist. Vom Grundspeed her ist Hamilton sicher stärker, aber er macht oft Fehler."

Du bist ein guter Freund von Kimi Räikkönen. Wie oft hört ihr denn im Moment voneinander?

"Das stimmt, letzten Sommer haben wir auf Ibiza gemeinsam Urlaub gemacht. In der Schweiz wohnen wir nicht weit voneinander entfernt. Zuletzt haben wir am Australien-Wochenende miteinander gesprochen. Im Moment hat er viel zu tun."

Wie beurteilst du seine bisherigen Leistungen?

"Also wie er in die Saison gestartet ist, das war schon sensationell. Zwar hat er in Australien das Qualifying etwas verhauen, aber im Rennen war er sofort da und hat Punkte eingefahren. Sollte es wieder so ein turbulentes Rennen geben, bei dem für ihn dann auch noch alles zusammenpasst, kann ihm durchaus ein Sieg gelingen."

Wieso tut er sich im Gegensatz zu Michael Schumacher leichter?

"Das ist schwierig zu sagen. Die Reifen sind ein möglicher Grund. Wenn du dich damit nicht wohl fühlst, verlierst du natürlich Zeit. Der Lotus ist aber im Vergleich zur Konkurrenz stärker, als es der Mercedes beim Comeback von Schumacher war."

Wie lautet deine Prognose für China?

"Zwischen Malaysia und China sind drei Wochen Pause. Alle Teams werden versuchen, ihr Auto weiter zu verbessern, die Daten zu analysieren und sicher stärker dort ankommen. Ich sehe aber McLaren nach wie vor vorne. Ich glaube, dass Red Bull ein wenig aufholen wird. Die hatten vor allem Probleme bei der Abstimmung, die Pause sollte reichen, das zu analysieren und entsprechend zu reagieren."

"Aus aerodynamischer Sicht ist die Zeit zu kurz, um am Auto dramatisch etwas zu verändern. Also im Moment sehe ich McLaren von der Rennpace her vor Red Bull, dahinter wird es aber knapp hergehen."

Markus Miksch