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Roan (23) wurde Opfer von Corona-Rassismus

Heute Redaktion
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Der Sitznachbar im Zug desinfizierte sich demonstrativ vor Roan die Hände – weil sie asiatisch aussieht. "Ich habe danach zwei Stunden geweint", sagt sie.

Laufend werden in der Schweiz neue Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus bekannt. Die Sorge in der Bevölkerung wächst. Das bekommen nach den neuesten positiven Tests in der Schweiz vermehrt auch asiatisch aussehende Personen zu spüren. Da die Epidemie ihren Ursprung in China hatte, kam es bereits Ende Januar zu rassistischen Vorfällen (siehe Box).

Diese Erfahrung musste auch Roan Steiner (23) machen. Am Donnerstagabend wurde sie im Zug von Zürich nach Brugg von einem anderen Passagier diskriminiert. "Der Zug war wie immer pumpenvoll", erzählt Roan. "Ich habe einfach den erstbesten freien Platz genommen. Das hat meinen Sitznachbar gar nicht erfreut. Er hat mich die ganze Zeit böse angeschaut, eine Maske angezogen und Fotos von mir gemacht." Dann habe er vor ihrer Nase seine Hände desinfiziert. Roan war perplex: "Ich habe nichts dergleichen getan und ihn einfach angelächelt."

"Er hat sich nicht entschuldigt"

Doch es blieb nicht bei bösen Blicken, Fotos und dem Desinfizieren seiner Hände. Laut Roan hat der Mann danach zum Thema Coronavirus gegoogelt und das Handy offensichtlich so gehalten, dass sie es sehen konnte. "Dann habe ich ihn gefragt, ob er sich bedroht fühle und ich weggehen solle." Der Mann habe geantwortet, dass sie ihm unbegründet Rassismus unterstelle. Sie habe seine Antwort aber nicht gut verstanden, da er Englisch gesprochen habe. Laut Roan war er Schotte, arbeitet aber schon lange in der Schweiz. Sie schätzt ihn auf Mitte vierzig.

Ein anderer Passagier habe Zivilcourage gezeigt, so Roan. Er habe ihren Sitznachbarn zur Rede gestellt und ihm gesagt, dass sein Verhalten nicht in Ordnung sei. "Ich war ihm sehr dankbar. Ich selber war so geschockt, dass ich in dem Moment nichts sagen konnte." Laut Roan hat der Mann aber keine Einsicht gezeigt. "Er hat sich nicht einmal entschuldigt, sondern sich sogar verteidigt."

"Ich bin in der Schweiz aufgewachsen"

Die rassistischen Handlungen verletzten Roan sehr, schon im Zug habe sie Tränen in den Augen gehabt. "Danach musste ich sicher zwei Stunden lang weinen. Ich habe mich noch nie im Leben so diskriminiert gefühlt. Nicht alle Asiaten haben das Coronavirus." Außerdem habe sie keinerlei Verbindungen zu China. "Ich bin in der Schweiz aufgewachsen. Mein Vater ist Schweizer, meine Mutter stammt aus den Philippinen."

(les)