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Russische Touristen meiden den Westen

Heute Redaktion
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In der Ukraine-Krise sind Europa und die USA in ihrer Kritik an Russland vereint. Russen spüren teilweise die Abneigung, viele urlauben deshalb nicht mehr im Westen. Unter Gästen aus Russland, die durchschnittlich viel Geld ausgeben, ist ein Rückgang von bis zu 40 Prozent zu bemerken. Auch Wien, das unter reichen Russen stets beliebt war, ist betroffen.

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Eine spürbare Abneigung in einigen EU-Ländern sei der Grund für Rückgänge bei den Reisen bis zu 40 Prozent, wie der Verband der Tourismus-Industrie in Moskau feststellt. Dabei gelten gerade Russen als jene Touristen, die besonders viel Geld ausgeben - zum Beispiel für Einkäufe in Luxusboutiquen. Ein Viertel der Russen ist einer aktuellen Umfrage des staatlichen russischen Forschungsinstituts Wziom zufolge überzeugt, dass ihr Land vom Westen als aggressiv wahrgenommen wird.

In Österreich zeichnete sich schon im ersten Halbjahr ab, dass weniger Gäste aus Russland nach Österreich kommen. Bereits zwischen Jänner und Mai ging die von Russen in Wien um 13 Prozent auf 278.000 zurück. Darunter leiden vor allem die Spitzen-Hotellerie und die Nobelboutiquen. Rund 60 Millionen Euro jährlich geben russische Touristen nach Schätzungen der Wirtschaftskammer in Wiener Handelsbetrieben aus. Mit 700.000 Nächtigungen waren sie 2013 die drittgrößte Urlaubergruppe in Wien.

Keine Bedienung für Russen in Tschechien und Polen

In Tschechien oder in Polen gibt es Berichte über Gastronomen, die Russen nach der umstrittenen Einverleibung der Krim oder wegen Putins Kurs in der Ukraine-Krise nicht mehr bedienen wollen. "Ich bin viel in Europa gereist, immer war unser Geld gut genug. Aber wenn wir jetzt nicht mehr erwünscht sind, bleibe ich in Russland und suche mir andere Ziele", sagt die 50 Jahre alte Managerin Jelena in Moskau. Sie ärgert sich offen über "Russenhass".

Zwar gelten die vom Westen gegen Russland im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen ausdrücklich nicht für einfache Bürger. Doch vielen vergeht die Reiselust - angesichts der "westlichen Hetze gegen Russland", wie sie auch die russische Staatspropaganda in den vom Kreml gesteuerten Medien streut. Auch viele Politiker wie der Rechtspopulist Wladimir Schirinowski fordern ihre Landsleute auf, dem Westen den Rücken zu kehren. Erholen könnten sich die Russen doch lieber in den Schwarzmeerkurorten der Krim oder in Sotschi.

Weniger Reisen als im Krisenjahr 2009

Strandurlaub in Griechenland, Italien oder in der Türkei sei zwar weiter beliebt bei vielen Russen, sagt Irina Tjurina vom Tourismus-Verband in der Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta". Aber insgesamt werde jetzt sogar noch weniger gereist als im wirtschaftlichen Krisenjahr 2009. Ein Grund sei auch der schwächere Rubel, der in Sanktionszeiten starke Turbulenzen durchmacht. Russische Medien berichteten zuletzt aber auch von massiven Einbrüchen bei den Zahlen westlicher Touristen etwa in der früheren Zarenmetropole St. Petersburg.

Länder wie Tschechien etwa, das stark vom internationalen Tourismus lebt, spüren das Wegbleiben der Russen massiv. "Im ersten Halbjahr ist die Zahl russischer Flugpassagiere um rund elf Prozent gesunken", sagt Daniel Sabik von der tschechischen Fluggesellschaft CSA der Prager Tageszeitung "Mf Dnes".

Tschechiens Nobel-Kurort Karlsbad leidet

Besonders betroffen sei das bei betuchten Russen beliebte Karlsbad (Karlovy Vary). Im westböhmischen Kurort sei die Existenz einiger Restaurants und Hotels bedroht. "Wegen des geringeren Interesses setzt die russische Fluglinie Aeroflot auf manchen Strecken nach Tschechien bereits kleinere Maschinen mit weniger als 100 Plätzen ein", sagt Sabik von CSA. Jan Papez vom tschechischen Tourismusverband schätzt den Rückgang russischer Reisender seit Jahresbeginn auf bis zu 20 Prozent.