Welt

Salvini sprengt die eigene Koalitionsregierung

Italiens Innenminister Salvini will unbedingt Neuwahlen. Doch dazu braucht er die Zustimmung von Staatspräsident Matarella.

Heute Redaktion
Teilen

Nach monatelangen Streitigkeiten sprengt Italiens Innenminister Matteo Salvini die eigene Regierung und fordert Neuwahlen. Seine rechtspopulistische Lega wird ein Misstrauensvotum gegen den parteilosen Regierungschef Giuseppe Conte einbringen, erklärte Salvini am Freitag. Das ist dann auch formal der Todesstoß für die Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung. Wirtschaftsminister und Fünf-Sterne-Chef Luigi di Maio warf wiederum Salvini vor, das Land verschaukeln zu wollen. Er fürchte keine Neuwahlen.

Staatspräsident am Zug

Jetzt liegt der Ball bei Staatspräsident Sergio Mattarella. Er ist die einzige Person in Italien, die legal das Parlament auflösen kann. Doch Matarella zögert, weil er die Arbeiten am Budget 2020 nicht unterbrechen will. Der Haushalt muss im kommenden Monat vom Parlament beraten werden, sonst gibt es gröbere Probleme mit Brüssel.

Experten-Regierung möglich

Sollte der Präsident sich weigern, das Parlament zu entlassen, könnte er eine nicht gewählte Technokraten-Regierung einsetzen. Das war in der jüngsten Vergangenheit Italiens bereits mehrmals der Fall. Eine Regierungsmehrheit ist aber auch ohne Salvinis Lega möglich. Dazu müsste sich die Fünf-Sterne nur mit den Sozialdemokraten zusammentun. Doch die beiden sind spinnefeind.

Auslöser der Regierungskrise ist der Streit über eine knapp 270 Kilometer lange geplante Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke zwischen Lyon und Turin. Die Fünf-Sterne-Bewegung ist dagegen, Salvini dafür. Der Streit um die Bahntrasse ist aber nur der vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe von Konflikten. Salvini wirft der Fünf-Sterne-Bewegung eine Blockadehaltung bei wichtigen Projekten vor - besonders bei von der Lega geforderten größeren Autonomierechten der Regionen oder beim höheren Mindestlohn, den die Fünf-Sterne will. Uneinigkeit herrschte auch in Migrations- und Finanzfragen oder wegen Korruptionsvorwürfen gegen Lega-Politiker.

Picture

Salvini im Hoch

FPÖ-Freund Salvini hat schon lange in den Wahlkampf-Modus geschalten. In der Badehose mischte er sich letzte Woche an den Stränden unter die Leute. Seine Sympathiewerte sind derzeit so hoch wie noch nie zuvor. Als die Koalition gebildet wurde, hatte Salvinis Lega 17 Prozent der Stimmen, die Fünf Sterne 33 Prozent. Heute hat sich das Verhältnis umgedreht. Aktuellen Umfragen zufolge kommt die Lega sogar auf 36 Prozent. Deshalb hat Salvini Oberwasser und drängt auf schnelle Neuwahlen.



(GP)