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Sandy: Kran als neue Touristenattraktion in NY

Heute Redaktion
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Der Monstersturm "Sandy" ist mit voller Wucht über die Ostküste der USA hinweggefegt und hat vor allem in der Millionenmetropole New York verheerende Schäden angerichtet. Teile der Stadt wurden von einer mehr als vier Meter hohen Flutwelle überschwemmt, die Wassermassen fluteten Straßen- und U-Bahn-Tunnel. Rund acht Millionen Menschen waren am Dienstag ohne Strom und müssen bis zu eine Woche auf elektrisches Licht und warmes Wasser verzichten.

ist mit voller Wucht über die Ostküste der USA hinweggefegt und hat vor allem in der Millionenmetropole New York verheerende Schäden angerichtet. Teile der Stadt wurden von einer mehr als vier Meter hohen Flutwelle überschwemmt, die Wassermassen fluteten Straßen- und U-Bahn-Tunnel. Immer noch sind Millionen Menschen ohne Strom. Ein abgeknickter Kran bedroht die umliegenden Häuser und ist derzeit die neue Touristenattratktion in der Metropole - ein Symbol der Unmacht...

Hunderte Menschen haben ihn schon fotografiert: Ein abgeknickter Kran, dessen Vorderteil in 300 Metern Höhe bedrohlich über den Straßen Manhattans hängt, ist das wirkungsmächtigste Symbol für die Verwüstungen, die der Hurrikan "Sandy" in den USA anrichtet, und der allein in New York und Umland schon 50 Menschen das Leben gekostet hat.

Ein Sprecher des TV-Kanals BBC erklärte am Dienstag aufgeregt (s. Video oben): "Sehen Sie diesen Kran, man sieht ihn an der Spitze des Gebäudes. Er hängt sehr, sehr prekär. Wenn Sie New York kennen, der Kran steht im Herzen der Stadt, direkt beim Central Park. Sie können sich vorstellen, eine riesiges Areal rundherum wurde evakuiert. Wenn nämlich irgendetwas auf die Straße herunterfallen würde, wäre der Schaden riesig."

Eine Woche vor der Wahl sagte Präsident Barack Obama Wahlkampfauftritte ab, um Hilfsaktionen der Bundesbehörden zu überwachen. Die US-Börsen blieben den zweiten Tag in Folge geschlossen. Der Handel soll am Mittwoch wieder aufgenommen werden.

"Sandy" traf am Montagabend (Ortszeit) mit großer Kraft nahe des Ferienortes Atlantic City in New Jersey auf die Küste. Das Unwetter wütete in einem riesigen Gebiet von South Carolina bis Kanada im Norden. Es wurden Windgeschwindigkeiten von 145 Kilometern in der Stunde gemessen. "Das ist ein Sturm, der hoffentlich nur einmal im Leben kommt", sagte der Meteorologe Jeffrey Tongue.

Wegen seiner Ausdehnung über Hunderte von Kilometern ist "Sandy" einer der größten Wirbelstürme, die jemals in den USA registriert wurden. Betroffen waren auch die Großstädte Baltimore, Philadelphia und die Hauptstadt Washington. In den Appalachen - einem Mittelgebirge weiter im Landesinnern - setzten heftige Schneefälle ein. "Sandy" zog am Dienstag unter Abschwächung nach Westen weiter. "Das Schlimmste ist vorbei", sagte der Meteorologe Jim Dickey.

Langer Weg zurück zur Normalität

New York wird allerdings noch Tage mit den Folgen des Unwetters zu kämpfen haben. Die U-Bahn, die werktags 5,3 Millionen Menschen Passagiere befördert, wird laut Bürgermeister Michael Bloomberg vier bis fünf Tage ausfallen. Die Stadt hoffe, am bald den Busbetrieb zumindest in Teilen wiederaufzunehmen, sagte Bloomberg. Er hoffe, dass ab Mittwoch wieder alle Busse führen. Sie werden dann zum Nulltarif verkehren, weil Gouverneur Andrew Cuomo Fahrpreise aussetzte.

Die Verkehrsbetriebe MTA hatten die U-Bahnen bereits am Montag in die Depots beordert. Alle sieben unter dem East River liegenden Tunnel von Manhattan nach Queens und Brooklyn standen unter Wasser. "Die New Yorker U-Bahn hat in den 108 Jahres ihres Bestehens noch nie so eine schlimme Katastrophe erlebt wie heute Abend", erklärte MTA-Chef Joseph Lhota.

Stromnetz und öffentlicher Verkehr lahmgelegt

Daheim werden die New Yorker es dann nicht unbedingt behaglich haben. Rund 700.000 Haushalte und Betriebe - das ist ein Viertel der Kunden von Con Edison - in New York und im Landkreis Westchester waren Stunden nach dem Unwetter ohne Strom. Betroffen waren in Manhattan große Gebiete südlich des Times Square. "Das ist der größte von einem Sturm verursachte Ausfall unserer Firmengeschichte", sagte ConEd-Vizepräsident John Miksad. Ähnliche Äußerungen kamen auch von anderen Energieversorgern. Bis zum Wiederanschluss ans Stromnetz könne es für einige Kunden bis zu zehn Tage dauern.

Auch die Flughäfen waren geschlossen. Betroffen waren auch zahlreiche Verbindungen nach Europa. Auch Österreich-Flüge waren betroffen. Am Vormittag gab es keine Flüge von Wien nach New York, dafür eine Wiederaufnahme der Verbindung Wien-Washington.

Auch in Kanada hinterließ "Sandy" eine Spur der Verwüstung und forderte ein Todesopfer. Verglichen mit der US-Ostküste kamen die Kanadier aber relativ glimpflich davon. Am Dienstag waren immer noch über 100.000 Haushalte im Norden ohne Strom.

50 Mrd. Dollar Schadenssumme

Das Ausmaß der Schäden wird immer mehr sichtbar. So rechnen Fachleute mit wirtschaftlichen Schäden von 50 Milliarden Dollar, von denen die Hälfte nicht versichert ist.

Im Atomkraftwerk Oyster Creek in New Jersey wurde nach Behördenangaben wegen des Hochwassers Alarm der zweiten von vier Warnstufen ausgelöst. Sollte das Wasser weiter steigen, könnte das Kraftwerk gezwungen sein, Wasser-Notreserven für die Kühlung von abgebrannten Brennstäben zu nutzen, teilte die Atomaufsichtsbehörde mit.

Lesen Sie auf Seite 2 noch einmal die ersten Eindrücke zum Monstersturm...

, sondern auch ein Riesenfeuer im Stadtteil Queens ausgelöst. Im ebenfalls schwer getroffenen Umland der Millionenstadt brach ein wichtiger Damm. Nach Flut, Sturm und Regen kommt in den nächsten Tagen auch noch Schnee. Dazu wird das Benzin knapp. Am Dienstagvormittag begannen trotzdem die ersten Aufräumarbeiten. Jetzt krassiert die Angst vor Plünderern.

In New York herrscht Chaos: Bei einem Großbrand in einem überschwemmten Bezirk des New Yorker Stadtteils Queens sind mindestens 50 Häuser zerstört worden. Mehr als 190 Feuerwehrleute waren in Breezy Point im Einsatz. Zwei Menschen wurden bislang leicht verletzt. „Die New Yorker U-Bahn ist 108 Jahre alt, aber niemals war sie mit einer derart verheerenden Katastrophe konfrontiert, wie wir sie in der vergangenen Nacht erlebt haben”, erklärte Joseph Lhota, der Chef der Verkehrsbehörde „Metropolitan Transportation Authority“.

Nachdem "Sandy" von einem Hurrikan zu einem "normalen" Tropensturm zurückgestuft worden war, kehrte am Dienstagvormittag (Ortszeit) langsam wieder Ruhe ein. Die Bewohner der betroffenen Gebiete hatten erstmals Zeit, durchzuatmen. Doch gleichzeitig konnte man nun das ganze Außmaß der Schäden erkennen.

In einer ersten Rede an seine Mitbürger appellierte Bürgermeister Michael Bloomberg an den Willen und den Gemeindschaftssinn, die New York ausmachen, um schon wie in der Vergangenheit stärker als zuvor aus der Katastrophe hervorzugehen.

New Jersey kämpft gegen das Wasser

Überschwemmungen haben hingegen im Norden des Bundesstaates New Jersey einen Dammbruch ausgelöst. Der Deich am Fluss Hackensack brach, wenige Kilometer von New York entfernt. Auf ihrer Twitter-Seite erklärte die Polizei, dass der Damm in Moonachie nahe Little Ferry gebrochen sei.

Der Polizeichef von Little Ferry, Ralph Verdi, sagte auf "CNN", Rettungskräfte brächten Anrainer in Sicherheit. Der Pegel sei mancherorts bis zu 1,8 Meter gestiegen. "Es war eine extrem schwierige Nacht", sagte Verdi. "Wir haben noch immer einen Stromausfall. Wir tun unser Bestes." Seine Stadt sei "in echten Schwierigkeiten".

Plünderer geben Tipps via Twitter

Als ob die Stadt nicht genug Sorgen hätte: Die Nationalgarde musste am Dienstag gegen Plünderer ausrücken. Insgesamt wurden 61 000 Einsatzkräfte der Nationalgarde in Bereitschaft versetzt, um die Lage an der US-Ostküste unter Kontrolle zu bringen. 1175 von ihnen sollen sich im Großraum New York um den reibungslosen Ablauf aller Sicherheitsmaßnahmen kümmern – und mit aller Härte gegen Plünderer vorgehen.

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"Sandy" kommt als Blizzard zurück

Dennoch entspannt sich die Lage nach dem Wirbelsturm schön langsam. Allerdings nur für den Moment. Die nächsten Tage könnten eine erneute Verschärfung in Form von Schneefällen bringen. In dem weniger vom Unwetter geschädigten New Yorker Stadtteil Harlem, wo das Wasser des Hudson River knietief stand, blieb eine dünne Schlammschicht zurück.

"Sandy" könnte noch bis Freitag im Osten der USA als posttropischer Wirbelsturm wüten und die Einsatzkräfte weiter in Alarmbereitschaft halten. Es wird erwartet, dass sich der Sturm mit einer polaren Kaltfront vermischt und als Blizzard zurückkehrt. Diese Schneestürme werden zwar mit prognostizierten 20 Zentimetern Neuschnee nicht extrem ausfallen, doch dafür soll es wieder Windböen bis zu 100 km/h geben.

Sprit wird knapp

Wie lange die Versorgung der US-Ostküste mit Benzin, Diesel und Flugzeugtreibstoff lahmgelegt bleibt, steht ebenfalls noch nicht fest. Die Raffinerien an der Ostküste drosselten ihre Kapazitäten um fast 70 Prozent. Zudem ist die Colonial Pipeline, die die Ostküste mit den Raffinerien an der Golfküste verbindet, auf ihrer Hauptverbindung nach Philadelphia und New York geschlossen. Die meisten großen Häfen entlang des betroffenen Ostküstenabschnitts sind außer Betrieb.