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"Schande!" – ORF-Wadsak fetzt sich mit Klima-Leugnern

ORF-Meteorologe Marcus Wadsak wurde wegen eines Beitrags über den CO2-Gehalt in der Luft zum Ziel eines wütenden Shitstorms von Klima-Leugnern.

Roman Palman
Marcus Wadsak vor dem Lava spuckenden Vulkan Mauna Loa: So ähnlich wurde der ORF-Meteorologe im Bericht eines heimischen Mediums, der einen Shitstorm von Klima-Leugnern befeuerte, illustriert.
Marcus Wadsak vor dem Lava spuckenden Vulkan Mauna Loa: So ähnlich wurde der ORF-Meteorologe im Bericht eines heimischen Mediums, der einen Shitstorm von Klima-Leugnern befeuerte, illustriert.
MediaPunch / Action Press / picturedesk.com; Thomas Ramstorfer / First Look / picturedesk.com

Der Klimawandel ist real. Die Durchschnittstemperaturen in Europa sind bereits um 2,2 Grad höher als noch zur vorindustriellen Zeit (1850-1900). Der Sommer 2022 war zudem der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen – das geht aus dem Bericht des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus (C3S) hervor.

Österreich hat unter der Erwärmung besonders schwer zu leiden. Aufgrund der kontinentalen Lage – Erdmassen werden schneller warm als Ozeane – beträgt der Anstieg der Durchschnittstemperatur hierzulande sogar 2,7 Grad. Das ist mehr als das Doppelte des weltweiten Durchschnitts, der aktuell bei 1,15 Grad liegt.

Auch auf dem Sonnblick Observatorium der GeoSphere Austria – ehemals ZAMG – ist die Erwärmung extrem. Im vergangenen Jahr meldete die Wetterstation auf dem 3.106 Meter hohen Gipfel erstmals schon im Juli, schneefrei zu sein.

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    Das Sonnblick-Observatorium, Österreichs höchstgelegene meteorologische Beobachtungsstation, besteht seit 1886.
    Das Sonnblick-Observatorium, Österreichs höchstgelegene meteorologische Beobachtungsstation, besteht seit 1886.
    JFK / EXPA / picturedesk.com

    Genau hier wurde nun im April 2023 ein neuer Rekordwert an Treibhausgasen gemessen. Das Monatsmittel der Konzentration von CO2 erreichte 425,3 ppm (eng. "parts per million", also Millionstel Anteile). Bei Methan wurden 2,014 ppm verzeichnet.

    Verbale Eskalation um CO2-Messung

    Auf Twitter liefert sich derweil Marcus Wadsak eine Verbalschlacht mit genau jenen, die das nicht verstehen (wollen / können).

    Aufhänger war Wadsaks Meldung der wahrscheinlich höchsten CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit 800.000 Jahren, basierend auf jüngsten Messwerten des Mauna Loa Observatoriums – es liegt auf 3.397 Metern Seehöhe auf dem gleichnamigen Vulkan auf Hawaii. Sein Fazit, das bei einer gewissen Leserschaft für Aufregung sorgte: "Der Hauptgrund für die aktuelle globale Erwärmung – sie ist von uns gemacht!"

    "Du Kasperl, bist echt lustig"

    Ein Gefecht zwischen dem ORF-Meteorologen und Leugnern des menschenverursachten Klimawandels entbrannte umgehend. In den mehr als 900 zu Wasaks Tweet abgegebenen Kommentaren ging es wirklich heiß her, nicht selten waren auch Untergriffe dabei:

    "Mehr Panikmache und Lüge geht nicht! Sie sind eine Schande für die Wissenschaft", schrie eine Userin in Versalien aus dem Bildschirm. Andere garnierten ihre Kommentare mit szenetypischen Clowns-Emojis.

    "Wieviel fachliche Inkompetenz wollen sie eigentlich noch öffentlich demonstrieren…..", fragte ein "Freigeist" hinterher. Andere: "Du Kasperl, bist echt lustig! Als 'Beweis' für die angebliche menschlich verursachte Klimakrise", "Messung am Peak Klimaklamauk", "Bitte leben Sie Ihre Hysterie privat aus. Sie nerven."

    Ein heimisches Medium goss dann noch Öl ins Feuer, in dem es in einem Bericht über Wadsaks Beitrag über den hohen CO2-Gehalt völlig faktenbefreit implizierte, dass alleine der jüngste Ausbruch des Mauna Loa für diese Werte verantwortlich sei

    Marcus Wadsak ist Leiter der ORF-Wetter-Redaktion und Präsentator von "ZIB Magazin Klima" in ORF 1.
    Marcus Wadsak ist Leiter der ORF-Wetter-Redaktion und Präsentator von "ZIB Magazin Klima" in ORF 1.
    Thomas Ramstorfer / First Look / picturedesk.com

    So reagiert Wadsak auf Shitstorm

    Der ORF-Meteorologe gab aber auch scharf Kontra. Wer in normalem Tonfall Fragen zur Faktenlage stellte, bekam von Wadsak auch eine sachliche Antwort zurück, doch auf die Verbalattacken reagierte auch er nicht zimperlich: "Hörens endlich mal auf mit dem künstlichen Quatsch – mir ist das zu doof", "Ich berichte von Fakten und Sie glauben selbst zu denken. Und scheitern"

    Der Klimatologe erfährt aber auch Unterstützung: "Ich scroll mich hier so durch und bewundere wirklich die Geduld von Marcus Wadsak. Chapeau!" So manch einer ist verwundert und geschockt über den Shitstorm und den dabei in den Raum gestellten Falschinformationen.

    Hysterie und Fakten

    Doch wie ist die von Wadsak verbreitete Aussage und Grafik zur CO2-Konzentration am Mauna Loa einzuordnen? Der wichtigste Kritikpunkt, dass das doch ein aktiver Vulkan sei, ist in Wirklichkeit keiner.

    Zwar setzen Vulkane bei ihren Eruptionen ebenfalls CO2 frei, in der langen Messreihe spielt das aber keine Rolle. Auf dem Mauna Loa wird bereits seit 1958 die Kohlendioxid-Konzentration gemessen und der Trend ist eindeutig. Waren es im April 1958 noch 317,45 ppm, waren es am 30. April 2023 bereits 424,49 ppm.

    Die sogenannte Keeling-Kurve mit den Messwerten des atmosphärischen CO2-Gehalts am Mauna Loa seit 1958.
    Die sogenannte Keeling-Kurve mit den Messwerten des atmosphärischen CO2-Gehalts am Mauna Loa seit 1958.
    Wikimedia / Delorme, CC BY-SA 4.0

    Und: Treibhausgase verteilen sich schnell in der Atmosphäre. Deswegen gibt es rund um den Globus – auch auf dem Sonnblick (425,3 ppm) – ähnliche Messwerte und auch den gleichen Trend. Ebenso rasant aufwärts...

    CO2-Messkurve des Sonnblick-Observatoriums. Obwohl erst seit 2001 aufgezeichnet wird, ist der weltweite Trend auch hier klar ersichtlich.
    CO2-Messkurve des Sonnblick-Observatoriums. Obwohl erst seit 2001 aufgezeichnet wird, ist der weltweite Trend auch hier klar ersichtlich.
    GSA / Sonnblick.net

    Kleines Detail am Rande: Gerade wegen des Ausbruchs des Mauna Loa Ende November 2022 wurde die Messstation hastig auf den rund 30 Kilometer nördlich gelegenen Maunakea verlegt und zeichnet seither von dort auf.

    Und die Vergangenheit?

    Wadsaks Grafik zeigt auch die Schwankungen der CO2-Konzentration in einem langen Zeitraum – bis 800.000 Jahre zurück in die Vergangenheit. Grob gesprochen pendelte die Werte bis kurz vor der industriellen Revolution in mehr oder minder regelmäßigen Zyklen zwischen 200 und 300 ppm. Letzteres wurde etwa auch im Jahr 1900 gemessen. Einen solch extremen Ausreißer wie in den letzten Jahrzehnten hatte es aber seit der Entstehung des Menschen nie gegeben.

    Doch wie weiß man überhaupt, wieviel atmosphärisches CO2 es vor allen Messstationen gegeben hat? Ganz einfach: von Ablagerungen im ewigen Eis, das uns in den nächsten Jahrzehnten wegzuschmelzen droht.

    Eine Forscherin vor einem Eisbohrkern. Mit solchen Proben lassen sich Umweltdaten zu längst vergangenen Zeiten sammeln.
    Eine Forscherin vor einem Eisbohrkern. Mit solchen Proben lassen sich Umweltdaten zu längst vergangenen Zeiten sammeln.
    imago/ZUMA Press (Symbolbild)

    Bei der Analyse von Eisbohrkernen konnte man feststellen, dass es in den letzten Jahrtausenden einen stetigen Abwärtstrend gegeben hatte, der sich etwa 1850 umzukehren begann und seit dem Industriezeitalter wieder explodiert ist.

    Erwiesener Zusammenhang

    "Durch das Verbrennen fossiler Energieträger (wie zum Beispiel Kohle und Erdöl) und durch großflächige Entwaldung wird Kohlendioxid (CO2) in der ⁠Atmosphäre⁠ angereichert. Diese Anreicherung wurde durch die Wissenschaft unzweifelhaft nachgewiesen", heißt es in diesem Kontext etwa vom deutschen Umweltbundesamt.

    Gefährliches Treibhausgas: Mit dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre (ppm, blaue Linie) steigt auch die Durchschnittstemperatur des Planeten Erde (Grad Celsius, rot).
    Gefährliches Treibhausgas: Mit dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre (ppm, blaue Linie) steigt auch die Durchschnittstemperatur des Planeten Erde (Grad Celsius, rot).
    Science Photo Library / picturedesk.com

    In der Summe bilden CO2, Methan, Lachgas und die halogenierten Treibhausgase den sogenannten ⁠Treibhauseffekt⁠: Der Beitrag zur globalen Erwärmung durch langlebige Treibhausgase war laut NOAA 2021 insgesamt 3,222 (Watt pro Quadratmeter). Verglichen mit dem Stand von 1990 ist das eine Zunahme von fast 49 Prozent.

    Beitrag zum Treibhausgaseffekt durch Kohlendioxid und langlebige Treibhausgase 2021.
    Beitrag zum Treibhausgaseffekt durch Kohlendioxid und langlebige Treibhausgase 2021.
    Deutsches Umweltbundesamt auf Basis NOAA-Daten

    Das Umweltbundesamt der deutschen Nachbarn stellt klar: "Dabei leistet atmosphärisches CO2 den vom Menschen in erheblichem Umfang mit verursachten Hauptbeitrag zur Erwärmung des Erdklimas."

    Kleiner Anteil, verheerende Wirkung

    Die Krux, die oft übersehen wird: Der Mensch ist zwar nur für etwa 3 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, doch ist dieser Beitrag verheerend. Während sich die übrigen 97 Prozent in einem geschlossenen Kreislauf der Natur befinden und auch wieder gebunden werden, bringen wir zusätzliches CO2 in dieses System ein.

    Sämtliche Pflanzen, Böden und Meere dieser Welt schaffen es nicht, diesen künstlichen Überschuss vollständig abzubauen. Die Folge: rund die Hälfte unseres ausgestoßenen Kohlendioxids bleibt als Treibhausgas in der Luft.

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      JESSICA GOW / AFP / picturedesk.com