Polaschek im Interview

Security in Problem-Schulen – Minister spricht Klartext 

Mit "Heute" spricht Bildungsminister Martin Polaschek über Schul-Security, Extremismus-Bekämpfung und den Schulverweis auf Zeit.

David Winter
Security in Problem-Schulen – Minister spricht Klartext
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP)
Helmut Graf

Die Radikalisierung von Jugendlichen passiert heute häufig über soziale Medien. Können wir den Kontakt mit extremistische Inhalten dort überhaupt verhindern?

Martin Polaschek: Die Gefahr, die von sozialen Medien ausgeht, wird ja weltweit diskutiert, gerade auch hinsichtlich der Radikalisierungsfrage. Wir können sie nur eindämmen, indem wir hier Aufklärungsarbeit leisten. Wir haben nicht zuletzt deshalb ein eigenes Unterrichtsfach, die digitale Grundbildung, eingeführt, um den jungen Menschen vor allem die Gefahren der sozialen Medien aufzuzeigen. Wir können soziale Medien und die Inhalte dort nicht verbieten. Also müssen wir informieren und bilden.

Das heißt, Sie meinen, es braucht keine weiteren Maßnahmen zum Schutz von Jugendlichen und Kindern auf Social Media?

Martin Polaschek: Wir müssen Kinder und Jugendliche auch dort schützen. Aber wir sind hier als Bildungssystem natürlich nicht in der Lage zu verbieten, welche Inhalte in sozialen Medien verbreitet werden. Wir haben keine Möglichkeiten, in soziale Medien einzugreifen. Das ist ein intensiv diskutiertes Thema. Deshalb müssen wir junge Menschen auf jeden Fall aufklären, was die Gefahren der sozialen Medien angeht. Ich halte das, was in den sozialen Medien passiert, zum Teil für höchst gefährlich. Es sind zum Teil sehr, sehr schlimme Entwicklungen, die hier passieren.

Als zusätzlicher Schutz für Bildungseinrichtungen wurde zuletzt der Ruf nach Schul-Security laut. Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag?

Martin Polaschek: Die Notwendigkeit von Security-Personal an Schulen war bisher glücklicherweise kein Thema in Österreich. Sollte sich am Schulstandort die Notwendigkeit für Schul-Security ergeben, sollte die Schulleitung mit dem Schulerhalter in Verbindung treten. Wir wollen aber hier vor allem mehr Wert auf Prävention legen. Wir müssen mehr darauf achten, dass wir aufklärerisch arbeiten und die Jugendlichen entsprechend auf dem Kommunikationsweg überzeugen.

"Extremismus und Antisemitismus haben in unserem Land keinen Platz", sagten Sie kürzlich. Muss man angesichts der Hakenkreuz-Schmierereien am Zentralfriedhof und der Attacke auf den Wiener Stadttempel, wo eine Israel-Flagge heruntergerissen wurde, nicht zugeben: Antisemitismus hat in Österreich derzeit leider zu viel Platz?

Martin Polaschek: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir Antisemitismus und Extremismus in Österreich nicht dulden. Sie haben keinen Platz. Wenn antisemitische Vorfälle in Österreich passieren, dann sind sie aufs Schärfste zu verurteilen. Und dann sind wir alle gefordert, dagegen vorzugehen und Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

Wenn bestimmte Grenzen überschritten werden, gibt es strafrechtliche Konsequenzen.
Martin Polaschek
Bildungsminister (ÖVP)

Jetzt schicken Sie sogenannte "Präventionsbeamte" der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst an die Schulen. Glauben Sie, dass die Beamten am besten auf die Kinder und Jugendlichen einwirken können?

Martin Polaschek: Es ist kein Wettbewerb. Wir setzen verschiedene Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche zu informieren und um Präventionsarbeit zu leisten. Wir machen Extremismus-Workshops durch Expertinnen und Experten aus NGOs. Aber wir bieten auch Workshops an, wo Personen aus dem Polizeibereich kommen. Und ich halte das für ein wichtiges, ergänzendes Angebot, weil je nach der spezifischen Situation in einer Schule beziehungsweise in einer Klasse die Lehrerinnen und Lehrer am besten entscheiden können, was sie für die Kinder brauchen. Und das können zum Teil Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeiter sein. Es kann aber auch sein, dass es hilfreich ist, wenn Polizeibeamte kommen und aus ihrer Erfahrung berichten und auch den Schülerinnen und Schülern mitteilen, was in unserem Land wirklich verboten ist. Ich glaube, man muss auch den jungen Leuten klarmachen, dass es zum Teil strafrechtliche Grenzen gibt, die sie, wenn sie überschreiten, sogar ins Gefängnis bringen können.

Was ist mit Schülerinnen und Schülern, denen Toleranz, Respekt, und Gewaltfreiheit nicht vermittelbar sind?

Martin Polaschek: Für alle Menschen in unserem Land gilt: Wenn bestimmte Grenzen überschritten werden, gibt es strafrechtliche Konsequenzen. Das ist bei Jugendlichen anders als bei Erwachsenen. Aber wir werden uns natürlich entsprechend in diesen Fällen überlegen müssen, wie wir mit solchen Schülerinnen und Schülern umgehen. Das ist auch für das Bildungssystem eine große Herausforderung. Und da werden wir uns bestimmt auch noch Maßnahmen überlegen müssen, damit wir auch die anderen Kinder und Jugendlichen schützen können. Aber man muss hier natürlich auch mit Augenmaß vorgehen. Man muss sich die Frage stellen, warum manche junge Menschen so geworden sind, wie sie sind. Wir werden uns schlussendlich auch Maßnahmen überlegen müssen, um diese Menschen trotzdem zu erreichen, um sie davon zu überzeugen, dass sie auf einem falschen Weg sind.

Schulverweise sind ein schwieriges Thema.
Martin Polaschek
Bildungsminister (ÖVP)

Welche Maßnahmen sollten folgen, wenn Jugendlichen nicht mehr durch Sensibilisierung oder Workshops erreicht werden? Sollte man schneller den Schulverweis auf Zeit erteilen?

Martin Polaschek: Gerade Schulverweise sind ein schwieriges Thema. Auf der einen Seite ist es ratsam, den Schülerinnen und Schülern klarzumachen, dass ihre Handlungen in der Schule nicht geduldet werden. Auf der anderen Seite kommen aber gerade solche Jugendliche oft aus einem entsprechend antisemitischen Umfeld. Wenn sie noch mehr Zeit in diesem Umfeld verbringen, werden sie in ihrem antisemitischen Gedankengut vielleicht noch bestärkt und in eine Opferrolle gedrängt. Wir werden uns überlegen müssen, welche Maßnahmen hier sinnvoll sind. Da sind Expertinnen und Experten gefordert, auch Vorschläge zu machen. Wir sind intensiv am Arbeiten und tauschen uns mit Extremismus-Experten aus, um entsprechend Maßnahmen zu entwerfen. Welche genau, kann ich noch nicht sagen.

Herr Polaschek, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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