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So darf Sie Ihr Chef überwachen

Heute Redaktion
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Darf der Chef meine Mails lesen oder mein Telefon anzapfen? Und von wem muss er sich diese Maßnahmen absegnen lassen? Heute.at gibt Antwort auf die wichtigsten Fragen.

Darf der Chef meine Mails lesen oder mein Telefon anzapfen? Und von wem muss er sich diese Maßnahmen absegnen lassen? Heute.at gibt Antwort auf die wichtigsten Fragen.



Grundsätzlich gilt: Die Arbeitnehmer oder der Betriebsrat müssen darüber informiert werden, dass eine Überwachung seitens der Firma existiert oder in Aufbau ist. Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren (Videokameras), dürfen nur eingesetzt werden, wenn darüber eine Betriebsvereinbarung getroffen wurde.



Betriebsrat oder Arbeitnehmer müssen zustimmen

In Unternehmen ohne einen Betriebsrat dürfen solche Kontrollmaßnahmen nur mit Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer durchgeführt werden. Der Arbeitgeber darf allerdings auf die Daten zugreifen, wenn der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht. Es soll zum Beispiel gar nicht so selten vorkommen, dass Mitarbeiter beim Download von Porno-Material während der Arbeitszeit erwischt werden.
Private E-Mails tabu

Nach dem Datenschutzgesetz dürfen zumindest private E-Mails weder von Mitarbeitern der EDV-Abteilung gelesen, noch an den Arbeitgeber weitergegeben werden. Der Arbeitgeber darf die privaten E-Mails der Mitarbeiter auch nicht lesen, selbst wenn die Mails in der Arbeitszeit geschrieben wurden. Nach dem Telekommunikationsgesetz darf ein Provider einem Arbeitgeber weiters weder den Inhalt der privaten E-Mails noch Einzelheiten über die Beteiligten weitergeben.
Is Big Brother watching us?

Seien Sie also nicht verunsichert - betriebliche Überwachung hat Grenzen. Entscheidend ist, wie intensiv die Kontrolle ausfällt. Oftmals bleibt es bei Beobachtungen der Schreibtische, der Überwachung des Internet-Seitenverlaufs oder der Sperre diverser Seiten wie Facebook. Zutrittskontrollen und Zeiterfassung mittels "Stechuhr"sind ohnehin in vielen Betrieben längst Gang und Gebe.



Auf Seite 2 gibt's die Meinung der AK-Arbeitsrechtsabteilung!
Darf der Chef meine E-Mails lesen?

 

Gerade in Hinblick auf die moderne Computertechnik gilt der Grundsatz, dass der Arbeitgeber nicht alles darf, was er könnte. So ist es unzulässig, in E-Mails der Arbeitnehmer Einsicht zu nehmen – das betrifft nicht nur private Mails, in die der Arbeitgeber selbstverständlich keine Einsicht nehmen darf, auch ein Zugriff auf dienstliche Mails ist im Allgemeinen ohne vorherige Ankündigung unzulässig.



Dürfen Internet-Zugriffe überwacht werden?

 

Bei der Überwachung von Internetzugriffen der Arbeitnehmer liegt ebenfalls eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechtes vor. Zu empfehlen ist hier eine Betriebsvereinbarung, die regelt, wer in diese Daten Einsicht nehmen darf (also etwa die Mitarbeiter der EDV-Abteilung, die für das reibungslose Funktionieren der Internetverbindung sorgen sollen, nicht aber Vorgesetzte), ob und gegebenenfalls an wen die Daten weitergegeben werden dürfen, wie lange sie gespeichert werden dürfen usw. Auch die Einführung und der Betrieb von EDV-Systemen, mit denen Arbeitnehmerdaten verarbeitet werden, die über die Ermittlung von allgemeinen Angaben wie etwa Name, Adresse, Schulbildung, Arbeitszeugnisse, etc bedürfen der Regelung durch Betriebsvereinbarung.

 

Dürfen Telefongespräche abhört werden?

 

Das heimliche Abhören bzw Aufzeichnen von Telefongesprächen der Arbeitnehmer – nicht nur von Privatgesprächen, sondern auch von dienstlichen Gesprächen - ist jedenfalls unzulässig. Denn auch beim dienstlichen Telefonat werden nicht nur sachliche Informationen ausgetauscht, sondern es schwingt immer auch eine persönliche Ebene mit. Unzulässig wäre ein Mithören selbst bei Zustimmung des Arbeitnehmers nicht zuletzt in Hinblick auf den Gesprächspartner, der natürlich davon ausgehen darf, dass das Gespräch zwischen den Teilnehmern bleibt.

 

Darf der Aufenthalt bei Dienstfahrten überwacht werden?

 

Die ständige Lokalisierung des Aufenthaltsortes eines Dienstwagens und die damit erfolgende Überwachung des Aufenthaltsortes des Arbeitnehmers stellt eine sehr hohe Kontrolldichte und Eingriffsintensität in die Persönlichkeitssphäre des Arbeitnehmers dar, die durch ein entsprechend gewichtiges Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigt sein müsste – was hier kaum vorstellbar ist, da im Allgemeinen das Führen eines Fahrtenbuches genügt.

 

Ist eine Überwachung durch Videokameras zulässig?

 

Das Interesse des Arbeitgebers an der Kontrolle ist gegen das Interesse des Arbeitnehmers abzuwägen. So wird etwa ein berücksichtigungswürdiges Interesse des Arbeitgebers daran bestehen, den Schalterraum einer Bank durch Videokameras zu überwachen. Anders sieht es hingegen aus, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung von im internen Bereich tätigen Arbeitnehmern durch Kameras beobachten will. Seit dem 1.1.2010 sagt das Datenschutzgesetz klar, dass Videoüberwachung zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle verboten ist.

 

Mit wem muss die Überwachung abgesprochen werden?

 

Kontrollmaßnahmen und technische Systeme zur Kontrolle der Arbeitnehmer bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Es handelt sich um einen Fall der notwendigen Mitbestimmung, d.h. diese Zustimmung kann nur in Form einer Betriebsvereinbarung erfolgen und ist nicht durch die Schlichtungsstelle ersetzbar. In Betrieben, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, kann eine entsprechende Kontrollmaßnahme nur mit Zustimmung der davon betroffenen Arbeitnehmer eingeführt werden. Parallel zu den Ansprüchen aus der Arbeitsverfassung hat jeder einzelne Arbeitnehmer das persönliche Recht (ist im Verfassungsrang gewährleistet) auf Geheimhaltung der ihn betreffenden persönlichen Daten.



Habe ich ein Recht zu erfahren, was kontrolliert wird?

 

Das Datenschutzgesetz normiert ausdrücklich, dass Personen, deren persönliche Daten verarbeitet werden, darüber informiert werden müssen. Es ist sogar verfassungsrechtlich abgesichert, dass jedermann - nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen - das Recht auf Auskunft über die über ihn verarbeiteten Daten und ggf das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten hat. Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf Auskunft über die von ihm vorhandenen konkreten Daten, über deren Herkunft, deren Verknüpfungen mit anderen Daten und über allfällige Übermittlungen. Unrichtige oder rechtswidrig verarbeitete Arbeitnehmerdaten hat der Arbeitgeber richtig zu stellen bzw. zu löschen.
Auch der Betriebsrat ist auf Grund des Arbeitsverfassungs-gesetzes vom Betriebsinhaber darüber zu informieren, welche Arten von personenbezogenen Arbeitnehmerdaten dieser automationsunterstützt aufzeichnet und welche Verarbeitungen und Übermittlungen er vorsieht.

 

Wie kann man sich gegen rechtswidrige Überwachung wehren?

 

Primärer Ansprechpartner im Betrieb ist der Betriebsrat, der durch sein Einsichts- und Kontrollrecht gegenüber dem Betriebsinhaber und durch die Möglichkeit zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen (ohne die die Menschenwürde berührende Kontrollmaßnahmen ja unzulässig sind) eine in der Praxis wichtige regulierende und kontrollierende Funktion ausübt. Als Ansprechpartner für Beratung und Hilfe zur Rechtsdurchsetzung stehen natürlich Arbeiterkammern und Gewerkschaften zur Verfügung.

 

Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde berühren und nicht etwa durch Betriebsvereinbarung geregelt sind, sind unzulässig und daher umgehend einzustellen. Der Arbeitnehmer muss sich solchen Kontrollmaßnahmen nicht unterwerfen und kann beim Arbeits- und Sozialgericht auf Unterlassung der rechtswidrigen Überwachung und gegebenenfalls auch auf Beseitigung beispielsweise der rechtswidrig angebrachten Überwachungskameras klagen. Da einzelne Arbeitnehmer allerdings im aufrechten Arbeitsverhältnis aus Angst vor Kündigung oftmals vor einem solchen Schritt zurückschrecken, wird hier die Wichtigkeit eines Betriebsrats deutlich. Ansprüche wegen Verletzung des Datenschutzgesetzes muss der einzelne Arbeitnehmer selbst vor dem Zivilgericht geltend machen, hier hat der Betriebsrat keine Klagsbefugnis.