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So geht es nach dem "Nein" mit Griechenland weiter

Heute Redaktion
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Es wurde ein knappes Ergebnis erwartet, geworden ist es dann doch ein eher deutliches Signal aus Athen: Die Griechen sagten am Sonntag mit 61,31 Prozent mehrheitlich "Nein" zu einem weiteren Sparkurs des Landes, der Grundlage für eine weitere Finanzhilfe gewesen wäre. Das Ergebnis wurde auf den Straßen ausgelassen gefeiert - doch der Fahrplan der nächsten Tage könnte ein böses Erwachen für die Griechen bedeuten.

Es wurde ein knappes Ergebnis erwartet, geworden ist es dann doch ein eher deutliches Signal aus Athen: Die Griechen sagten am Sonntag mit 61,31 Prozent mehrheitlich , der Grundlage für eine weitere Finanzhilfe gewesen wäre. Das Ergebnis wurde auf den Straßen ausgelassen gefeiert - doch der Fahrplan der nächsten Tage könnte ein böses Erwachen für die Griechen bedeuten.

Der Geschäftsführer der deutsch-griechischen Handelskammer in Athen, Athanassios Kelemis, sagte im Interview mit dem „Handelsblatt“, dass die großen Hotelketten vielleicht noch Lebensmittelvorräte für zehn Tage hätten, dann kämen sie in Schwierigkeiten. "Europa und Griechenland müssen jetzt an einem Strang ziehen.“ Dienstag

Krisensitzungen! Zu Mittag trafen sich die Euro-Finanzminister zu Beratungen, ob mit der griechischen Regierung über ein neues Hilfsprogramm verhandelt werden kann, dann gibt es einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder um 18 Uhr in Brüssel. Griechen-Premier Tsipras hat am Montag mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vereinbart, dass Griechenland beim Gipfel neue Vorschläge zur Überwindung der Krise vorlegt.

Doch die Vertreter Griechenlands - darunter der neue griechische Finanzminister Tsakalotos - reisten ohne konkrete Vorschläge zum Spitzentreffen in Brüssel an. Stattdessen wollen die Griechen neues Geld aus dem Rettungsschirm. Die "Financial Times" berichtet, Griechenland wolle erst am Mittwoch neue Vorschläge vorlegen.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker glaubt nicht, dass es am Dienstag zu einer Lösung kommt. Frankreichs Premierminister Manuel Valls sprach sich für einen Schuldenerlass der Griechen aus. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hingegen ist skeptisch: "Wer die europäischen Verträge kennt, der weiß, dass ein Schuldenschnitt unter das Bail-Out-Verbot fällt. Im EU-Vertrag besagt dieses Verbot, dass Staaten nicht füreinander haften dürfen." Und der für den Euro zuständige EU-Kommissionsvize Valdis Dombrosvkis kann einen Euro-Austritt nicht mehr ausschließen.

Mittwoch

Das Geld der Banken wird knapp. Die vergangenen Tage waren die Geldinstitiute mehr geschlossen als offen. Mussten sich die Kunden bereits bisher mit Limits bei den Abhebungen begnügen und Pensionisten Nummern ziehen, um an ihr Erspartes zu kommen, droht den Banken nun vollends das Geld auszugehen. Griechenland wäre damit komplett bankrott, ein angedachter Zugriff der Regierung auf 30 Prozent der Guthaben über 8.000 Euro würde wahrscheinlicher. Beobachter gehen gar von einer humanitären Katastrophe aus.

Donnerstag

Das Stichwort "Grexit" wird wieder aktueller. Zwar beteuert die griechische Regierung, dass eine EU-Austritt nicht in Frage komme, doch mit den verhärteten Positionen innerhalb der Euro-Gruppe müsste Griechenland sich eine "Inlandswährung" überlegen, um Löhne und Gehälter überhaupt ohne die Euro-Kredite auszahlen zu können. Mit dem Wegfall des Euro würde auch die EU-Mitgliedschaft wackeln. Bisher wird dies von allen Seiten als schlechteste Lösuntg gesehen, Beratungend dazu dürften aber im Hintergrund laufen.

Freitag

Zahlungen werden fällig. Nachdem Athen bereits Ende Juni einen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht zurückgezahlt hatte, wird sich die Situation spätestens am Freitag drastisch verschärfen. Griechische Staatspapiere müssten am Freitag durch neue abgelöst werden, es geht um zwei Milliarden Euro. Wie dies geschehen soll, ist unklar. Eine Folge wäre, dass die Ratingagenturen das Land auf Ramsch-Status herabstufen und Kredite Athen noch teurer zu stehen kommen.

Darüber hinaus

Weitere Zahlungen wären am 13. Juli (IWF-Rate über 500 Millionen Euro) und am 17. Juli (weitere Staatspapiere im Wert von einer Milliarde Euro) fällig. Die bisher größte Rückzahlung, nämlich über 3,5 Milliarden Euro, wäre am 20. Juli an die Europäische Zentralbank fällig. Aufschub kann keiner mehr gewährt werden und viele sehen diese Zahlung als allerletztes Argument, um Griechenland überhaupt noch Hilfen zukommen lassen zu können.

Mit dem überraschenden (sein Nachfolger heißt Euklidis Tsakalotos) nach dem Erfolg beim Referendum (Nein zu den Spar- und Reformauflagen der interationalen Geldgeber) will Regierungschef Alexis Tsipras offensichtlich die EU-Partner besänftigen und eine Gesprächsgrundlage für die von ihm geforderten raschen Neuverhandlungen über ein Hilfspaket erreichen.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) trat am Montag in Frankfurt zusammen und beschloss, weitere Notkredite aufrecht zu erhalten, um einen Zusammenbruch des Finanzsystems zu vermeiden. Die griechischen Banken bleiben weiter geschlossen. Tsipras hat mit den anderen Parteien im griechischen Parlament beraten - und offenbar viel Unterstützung erfahren, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. Während der Beratung telefonierte Alexis Tsipras mit Russlands Präsident Wladimit Putin. Worüber die beiden sprachen, wurde nicht bekannt. Skurrilität am Rande: In Griechenland könnte Papier knapp werden. Laut Zeitungsverlegern reichten die Vorräte nur noch bis Sonntag, um drucken zu können. Ein Verlagsmanager überlegt offenbar sogar, den Druck von Büchern einzustellen.