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So läuft Erdogans Wien-Show mit Kebab-Catering

Heute Redaktion
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Bild: Reuters

Popstar, gefährlicher Nationalist oder beides? Wenn Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag in der Wiener Albert-Schultz-Halle eine Wahlrede hält, gibt es auch eine Gegendemo und diplomatische Turbulenzen. Ein Treffen mit Außenminister Kurz ist möglich. Der Zeitplan:

und diplomatische Turbulenzen. Ein Treffen mit Außenminister Kurz ist möglich. Der Zeitplan:

Vorweg: Wegen der Irak-Krise könnte Erdogan seinen Besuch noch kurzfristig absagen. Doch nach Plan landet der Premier Donnerstagfrüh in Wien, ohne offiziellen Empfang. Vertreter der UETD (europäischer Arm seiner Partei AKP) begrüßen ihn.

Um 13 Uhr soll Erdogan in der Albert-Schultz-Halle eintreffen. Ein Catering des bekannten türkischen Restaurants "Kent" (drei Filialen in Wien) steht bereit. 10.000 Besucher warten auf seine Rede. Aber nur 7.000 haben Platz. Vor dem Gebäude wird eine Leinwand aufgebaut. Zeitgleich auf dem Heldenplatz: Auf einer Gegendemo protestieren liberale Austrotürken und Menschenrechtler.

14.30 Uhr: Erdogan hält seine 1,5 Stunden lange Rede. Am Abend ist ein Essen mit UETD-Vertretern in "einem großen türkischen Restaurant" geplant. Freitag: Ein Treffen mit Außenminister Kurz ist geplant, aber nicht fixiert. Kurz hatte Erdogan zu vorsichtiger Wortwahl gemahnt, die AKP reagierte erbost. Am Samstag wird der Premier in Lyon erwartet.

Innenpolitisches Nachspiel: Der Grüne Peter Pilz verlangt in einer parlamentarischen Anfrage Auskunft zum "Besuch, der geeignet ist, die Ordnung und Sicherheit der Republik zu beeinträchtigen". Kurz ist verpflichtet, die aus 14 Fragen bestehende Anfrage bis August zu beantworten.

Lesen Sie weiter: die Anfrage im Wortlaut
Die Anfrage des Grünen Abgeordneten Peter Pilz im Wortlaut

Erdogan ist dafür bekannt, in seinen Reden gegen demokratische Oppositionelle, unabhängige Medien und andere Kritiker seiner Politik zu hetzen. Während er für sich Rede- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nimmt, sorgt er dafür, dass in der Türkei eben diese Rede- und Versammlungsfreiheit immer weiter beschnitten wird. So hat er die Demonstrationen und Versammlungen der Demokratiebewegung im Gezi Park blutig niederschlagen lassen, Sperren von Twitter und Youtube veranlasst und zahlreiche regierungskritische JournalistInnen und JuristInnen verhaften lassen. Erst jüngst wiederfuhr das einem CNN-Reporter, der anlässlich des Jahrestags der Gezi Proteste berichten wollte. Erdogan bezeichnete ihn als „Agenten“ und „Kriecher“ und ließ ihn verhaften. Erdogan prangert Rassismus in Europa an, macht jedoch gleichzeitig gezielt Stimmung gegen Andersdenkende, Oppositionelle und auch Andersgläubige. Sein Stellvertreter behauptete z.B. „die Juden“ seien Schuld an den Protesten. In einer Rede vor der Parlamentsfraktion bezeichnete Erdogan den deutschen Politiker Cem Özdemir aufgrund seiner Kritik an ihm als „sogenannten Türken“.

 

Jetzt versucht Erdogan die türkischen StaatsbürgerInnen, die im europäischen Ausland leben, für die nächsten Parlamentswahlen für sich zu gewinnen. Dazu führt er Großveranstaltungen in Städten der EU durch. Eines seiner nächsten Ziele ist Wien.

 

Die Stadt Wien soll nicht als eine Plattform für Erdogans nationalistische Wahlkampfrede missbraucht werden. Nationalistische Parolen wie man sie in Köln gehört hat und welche die hier lebende Bevölkerung absichtlich „wir“ und „ihr“ spalten, gefährden das friedliche Zusammenleben der Bevölkerung. Sie tragen zudem Konflikte der Türkei gezielt in andere Staaten, um bei der türkischen Wahl zusätzliche Stimme zu gewinnen.

 

Der Ministerpräsident eines fremden Staates hat damit vor, seinen geplanten privaten Aufenthalt in Österreich gezielt zu politischen Verhetzung von hier lebenden türkischen StaatsbürgerInnen zu nützen. Dieses Vorhaben ist nicht nur geeignet, die Ordnung und Sicherheit der Republik zu beeinträchtigen, sondern wirft auch heikle völkerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit diplomatischem Verkehr und der österreichischen Souveränität auf.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
 

ANFRAGE:

 

Von wem, in welcher Form und wann wurden Sie über den bevorstehenden Besuch von Recep Tayyip Erdogan in Wien informiert?
Handelt es sich bei dem geplanten Besuch um eine Reise in offizieller Funktion als Amtsträger der Türkei oder liegt ausschließlich eine Privatreise vor?
Kommt es im Zuge des Besuchs zu Kontakten mit Funktionsträgern der Republik Österreich, und falls mit wem und wann?
Was haben Sie bisher in dieser Sache unternommen?
Ist es für den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan zulässig in Österreich politische Wahlkampfreden abzuhalten?
Falls ja, wie weit geht dieses Recht – ist z.B. auch das Plakatieren von türkischen Wahlplakaten in Österreich zulässig?
Entspricht ein Wahlkampfauftritt des Regierungschefs eines fremden Staates den diplomatischen Gepflogenheiten zwischen den Staaten?
Inwiefern ist es für die Beurteilung der Situation von Bedeutung, dass seitens Recep Tayyipp Erdogans bei früheren Auftritten Aussagen getätigt wurden, die als Beschimpfung des Auftrittsstaates und als Aufruf gegen Integration verstanden werden können?
Welche völkerrechtlichen und diplomatischen Möglichkeiten stehen Ihnen als Außenminister zur Verfügung, um das Missfallen über eine derartige Vorgehensweise auszudrücken bzw. einen derartigen Auftritt in Österreich zu verhindern?
Haben Sie von diesen Maßnahmen bereits Gebraucht gemacht? Wenn ja in welcher Art und Weise und wenn nein, warum nicht?
Wie beurteilen Sie die konkrete Gefahrenlage hinsichtlich der Gefährdung des öffentlichen Wohls bzw. der öffentlichen Sicherheit bei einer solchen Veranstaltung, insbesondere auch im Hinblick auf mögliche Gegendemonstrationen?
Werden seitens der Türkei auch Sicherheitskräfte zur Begleitung von Recep Erdogan entsandt, werden diese bewaffnet sein und auf welcher Rechtgrundlage erfolgt deren Tätigkeit in Österreich, insbesondere wenn es sich um einen Privatbesuch handeln sollte?
Werden Sie mit dem türkischen Botschafter, dem türkischen Außenminister und dem türkischen Ministerpräsidenten in Kontakt treten, um ihnen mitzuteilen, dass Auftritte dieser Art in Österreich unerwünscht sind?
Falls nein, weshalb nicht?