Wirtschaft

So schlecht gehts Praktikanten in Österreich

Heute Redaktion
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Praktikanten gehören in Österreich zu den am meisten ausgebeuteten Arbeitskräften in der Berufswelt. Zudem zeichnet sich in Zeiten schlechter Wirtschaftslage und hoher Arbeitslosigkeit ein weiterer Trend ab: Praktikanten sind nicht mehr nur 18-jährige Schulabgänger. Selbst Uni-Absolventen um die 30 nehmen schlecht bezahlte Praktika in Kauf, um in ihrer Wunsch-Branche einen Fuß in die Türe zu bekommen.

Praktikanten in Österreich werden oft wie reguläre Arbeitskräfte eingesetzt, allerdings deutlich schlechter oder gar nicht bezahlt. Diesen seit Jahren gehegten Verdacht bestätigt jetzt erstmals eine brandaktuelle Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA).

Die vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Untersuchung kommt zu dem Schluss: "Das Hauptproblem ist, dass es im österreichischen Arbeitsrecht keine Legaldefiniton des Begriffs Praktikum gibt."

Praktikum wie Arbeitsverhältnis geregelt, nur nicht bezahlt

Für Studienautor Hubert Eichmann lässt das zwei mögliche Gestaltungsmöglichkeiten zu: Entweder man stelle die Arbeitsverpflichtung und die Einbindung des Praktikanten in den Betrieb in den Vordergrund, dann müsse man auch entsprechend entlohnen.

Oder man betrachte das Praktikum tatsächlich als Ausbildungszeit, in der der Praktikant kurzfristig Berufserfahrung schnuppern kann und keine direkte Arbeitsverpflichtung hat. "Derzeit verschwimmen diese beiden Formen: Das Praktikum wird als Ausbildungsverhältnis oder gar nicht deklariert und bezahlt, aber wie ein Arbeitsverhältnis organisiert", sagt Eichmann.

"Generation Praktikum"

Zu regulärer oft Vollzeitarbeit kommt der schlechte oder nicht existente Verdienst – jenes Phänomen, das derzeit gerne mit dem Begriff "Generation Praktikum" beschrieben wird. "In den letzten Jahren hat sich gezeigt: Das Problem wird sich nicht von selbst lösen, die Situation verschlimmert sich eher noch."

Würden diese Praktikanten im Nachhinein klagen, bekämen sie mit großer Wahrscheinlichkeit recht, schildert Eichmann. Das Problem: Kaum jemand macht den Schritt zu Arbeitnehmervertretern oder gar vor Gericht. "Viele wissen auch gar nicht, welche Rechte sie haben." Der Experte empfiehlt daher auch verstärkte Aufklärung und Information.

Studenten schlechter bezahlt als Schüler

Kurios: Sind Praktika bei Schülern noch meist bezahlt (86 Prozent), ändert sich das an der Universität schlagartig. Bei Pflichtpraktika von Studenten ist nur noch knapp ein Drittel bezahlt, bei freiwilligen Praktika sind es zwei Drittel.

Besonders drastisch wird die Situation nach Studienabschluss. 13 Prozent eines Jahrgangs absolvieren auch nach Studienabschluss noch mindestens ein Praktikum. Ein Viertel davon ist unbezahlt, ein weiteres Drittel arbeitet für einen Lohn unter der Geringfügigkeitsgrenze von 386,80 Euro. Hier sind das Problem und der Missbrauch am größten. In absoluten Zahlen sind Akademiker aber immer noch am besten abgesichert, allerdings sei die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe verhältnismäßig am stärksten gestiegen.

Erfahrung sammeln im Vordergrund

Viele nehmen Arbeit ohne jede Bedingung an, um keine Lücke in ihrem Lebenslauf zu haben und Erfahrung sammeln zu können. Betroffen sind hier vor allem Studenten und Absolventen von geistes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Studien. "Viele Kleinunternehmen in diesem Bereich kalkulieren sogar mit schlecht verdienenden Praktikanten. Ohne sie wäre der Betrieb nicht aufrechtzuerhalten", meint Eichmann.

Um der zunehmenden "Generation Praktikum" entgegenzuwirken, werden Optionen für eine Neuordnung der rechtlichen Situation diskutiert. Bis dahin sollen Maßnahmen wie Praktikums-Gütesiegel für Arbeitgeber, bessere Aufklärung und die stärkere Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber als Vorbilder für eine bessere Situation am Praktikumsmarkt sorgen.